Internationale Streitbeilegung: Zuständigkeit nach Brüssel I
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Verfahren zur Streitbeilegung
Dieser Text behandelt Mechanismen zur Streitbeilegung im internationalen Kontext, insbesondere im Hinblick auf die Zuständigkeit von Gerichten, relevant für Unternehmen wie IN Recruitment International.
Gerichte und alternative Streitbeilegungsmechanismen
Internationale Abkommen
Internationale Abkommen bestimmen die rechtlichen Rahmenbedingungen. Diese sind in jedem Rechtssystem unterschiedlich geregelt.
Was passiert bei Vertragsverletzung? Es besteht das Risiko Gericht (im Inland, da internationale Aufträge nicht zwingend vor nationalen Gerichten verhandelt werden).
Es gibt verschiedene Mechanismen für die Beilegung von Streitigkeiten:
- Staatliche Justiz
- ADR (Alternative Dispute Resolution)
- Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit (zwischen 2 privaten Parteien)
Die Mechanismen 1 (Staatliche Justiz) und 3 (Schiedsgerichtsbarkeit) sind exklusiv, d.h., wenn eine Methode vereinbart ist, kann die andere nicht gewählt werden. Die Entscheidungen sind bindend für die Parteien.
Mechanismus 2 (ADR) ist nicht exklusiv. Er wird in der Regel vor einer verbindlichen Methode angewendet. Man nennt ihn "freundlich", da die Parteien Zusammenarbeit und Versöhnung zur Lösungsfindung suchen.
Die Alternative zur staatlichen Justiz
Nationale Gerichte haben eine doppelte Bedeutung:
- Wissen, wo Klage erhoben werden kann.
- Kenntnis des anwendbaren Rechts.
Zur Bestimmung des zuständigen Gerichts bei internationalen vertraglichen Situationen gibt es Vorschriften zur internationalen Zuständigkeit.
Anwendbare Regeln
a) Europäische Staaten: Gemeinschaftsregeln (Verordnung (EG) Nr. 44/2001 - Brüssel I, ersetzt durch Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 - Brüssel Ia)
b) Wenn Gemeinschaftsrecht nicht anwendbar ist: Nationales Recht (z.B. Art. 22 LOPJ in Spanien)
Die Brüssel I-Verordnung gilt in der gesamten EU. Sie ist anwendbar, wenn der Beklagte Wohnsitz in einem EU-Mitgliedstaat hat. Andernfalls findet nationales Recht Anwendung.
Das Pyramidensystem der Brüssel I-Verordnung
Die Brüssel I-Verordnung folgt einem Pyramidensystem, das aus verschiedenen Gerichtsständen mit unterschiedlicher Priorität besteht. Von oben nach unten betrachtet gibt es 3 Ebenen:
Exklusive Gerichtsstände (Artikel 24)
Bestimmte Angelegenheiten (z.B. dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen) fallen unter die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte eines bestimmten Mitgliedstaats, unabhängig vom Wohnsitz der Parteien.
Gerichtsstandsvereinbarung (Autonomie des Willens)
Die Parteien können die Zuständigkeit der Gerichte vereinbaren (Prinzip der Autonomie des Willens). Dies hat Vorrang vor den allgemeinen und besonderen Gerichtsständen.
- Ausdrückliche Vereinbarung (Artikel 25): Vereinbart zwischen den Parteien, welche Gerichte zuständig sind (a priori oder a posteriori).
- Stillschweigende Unterwerfung (Artikel 26): Die Gerichte werden vom Kläger gewählt, und der Beklagte bestreitet die Zuständigkeit nicht, sondern lässt sich auf das Verfahren ein.
Hinweis: Eine wirksame stillschweigende Unterwerfung kann die Zuständigkeit begründen, auch wenn keine oder eine andere ausdrückliche Vereinbarung vorliegt, sofern keine exklusiven Gerichtsstände betroffen sind.
Allgemeiner und Besondere Gerichtsstände
Im unteren Teil der Pyramide finden wir zwei weitere Möglichkeiten:
- Allgemeiner Gerichtsstand (Artikel 4): Klage kann vor dem Gericht des Wohnsitzes des Beklagten erhoben werden.
- Besondere Gerichtsstände (Artikel 7): Ermöglichen es, den Beklagten an einem anderen Ort als seinem Wohnsitz zu verklagen (sogenannte "Angriffsgerichtsstände").
Sitz juristischer Personen (Artikel 63)
Zur Bestimmung des Sitzes juristischer Personen (Artikel 63) wird ein eigenständiger Begriff des "Wohnsitzes" verwendet. Dieser umfasst:
- Gesetzlicher Sitz
- Zentralverwaltung
- Hauptniederlassung des Unternehmens
Besonderer Gerichtsstand für Zweigniederlassungen (Artikel 7(5))
Bietet einen besonderen Gerichtsstand für Zweigniederlassungen, Agenturen oder sonstige Niederlassungen (Artikel 7(5)). Dieser gilt, wenn die Klage aus dem Betrieb der Zweigniederlassung resultiert. Die Gerichte am Ort der Zweigniederlassung sind dann zuständig.
Hinweis: Gilt nicht, wenn die Tochtergesellschaft rechtlich getrennt und unabhängig von der Muttergesellschaft ist.
Besondere Gerichtsstände für Verträge (Artikel 7(1))
Regelt besondere Gerichtsstände für vertragliche Ansprüche (Artikel 7(1)). Dies betrifft insbesondere 2 Vertragsarten:
- Internationaler Warenkauf: Gerichtsstand ist der Ort der Lieferung der Ware.
- Dienstleistungen: Gerichtsstand ist der Ort der Erbringung der Dienstleistung.
Wirkung der Gerichtsstandsvereinbarung (Artikel 25)
Eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung (Artikel 25) hat Vorrang vor den allgemeinen und besonderen Gerichtsständen.
Gerichtsstandsvereinbarungen werden nicht automatisch berücksichtigt. Wenn eine solche Vereinbarung existiert (z.B. für spanische Gerichte), aber eine Partei Klage bei einem anderen Gericht (z.B. portugiesisches Gericht) einreicht, muss die beklagte Partei die Gerichtsstandsvereinbarung rügen (einwenden). Tut sie dies, verliert das portugiesische Gericht seine Zuständigkeit zugunsten des vereinbarten spanischen Gerichts. Rügt die beklagte Partei die fehlende Zuständigkeit nicht, kann das portugiesische Gericht zuständig werden (stillschweigende Unterwerfung, Artikel 26).
Wirkungen einer Gerichtsstandsvereinbarung
- Prozessuale Wirkung (prorogatorio): Begründet die Zuständigkeit des vereinbarten Gerichts.
- Negative Wirkung (derogatorio): Schließt die Zuständigkeit anderer Gerichte aus.
Voraussetzungen für eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung (Artikel 25)
a) Materielle Voraussetzung: Mindestens eine Partei muss ihren Wohnsitz in einem EU-Mitgliedstaat haben (gilt für Vereinbarungen nach Art. 25 Abs. 1).
b) Formelle Voraussetzungen: Die Vereinbarung muss eine der folgenden Formen erfüllen:
- Schriftlich (oder in einer Form, die der Schriftform gleichkommt).
- In einer Form, die den Gepflogenheiten entspricht, die die Parteien untereinander entwickelt haben.
- In einer Form, die den Gebräuchen des betreffenden Handels oder Geschäftsverkehrs entspricht, die den Parteien bekannt sind oder bekannt sein müssten.