Jesus, Evangelien und die Entwicklung der Kirche

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Das Land Jesu zur Zeit des Römischen Reiches

Geografische und politische Einordnung

Das Land Jesu, Palästina, war ein kleines Gebiet im Mittelmeerraum, das zur Zeit Jesu politisch und kulturell vielfältig war:

  • Galiläa im Norden: Seine Bewohner wurden von anderen jüdischen Gruppen oft geringgeschätzt.
  • Samaria in der Mitte: Dessen Bewohner praktizierten eine Form des Judentums, die von den Judäern nicht anerkannt wurde.
  • Judäa im Süden: Hier lagen die wichtigsten religiösen Zentren wie Jerusalem, Bethlehem und Betanien.

Eine Provinz des Römischen Reiches

Palästina stand unter römischer Herrschaft:

  • Der Judäer Herodes der Große wurde vom römischen Senat als Vasallenkönig über ganz Palästina eingesetzt (Regierungszeit 37 bis 4 v. Chr.).
  • Sein Sohn Archelaus erbte Judäa und Samaria, wurde aber 6 n. Chr. abgesetzt. Rom ernannte stattdessen einen römischen Prokurator (Statthalter).
  • Der fünfte Prokurator war Pontius Pilatus (Statthalter von 26 bis 37 n. Chr.).
  • Herodes Antipas, ein anderer Sohn Herodes des Großen, regierte Galiläa und Peräa bis 39 n. Chr. Er war zur Zeit der Passion Jesu in Jerusalem.

Das Neue Testament: Evangelien und andere Schriften

Die Evangelien: Gute Nachricht, keine Biografien

Die Evangelien sind keine modernen Biografien Jesu. Das Wort „Evangelium“ ist griechischen Ursprungs und bedeutet „Gute Nachricht“. Für die frühen Christen ist die Gute Nachricht Jesus Christus selbst: sein Leben, seine Botschaft und seine Erlösung.

Obwohl sie Fakten und Ereignisse aus Jesu Leben beinhalten, wurden die Evangelien nicht von Biografen verfasst, die primär an einer historisch exakten Wiedergabe aller Worte und Taten Jesu interessiert waren. Sie sind vielmehr Zeugnisse des Glaubens von Menschen, die an den auferstandenen Jesus glaubten und ihn sowie sein Heil verkünden wollten.

Die Absicht der Evangelisten war:

  • Die bedeutendsten Aspekte des Lebens und der Botschaft Jesu darzustellen.
  • Ihren Glauben an Jesus als Heiland und Sohn Gottes zu bezeugen.
  • Andere zum Glauben an Jesus einzuladen.

Entstehung der Evangelien

Die Evangelien entstanden in mehreren Phasen: Das Leben Jesu, die mündliche Überlieferung und schließlich die schriftliche Abfassung und Redaktion der Texte.

Die vier kanonischen Evangelien

Die synoptischen Evangelien

Drei der vier Evangelien (Matthäus, Markus und Lukas) sind sich in Aufbau und Inhalt sehr ähnlich und werden daher synoptische Evangelien genannt (von griech. „zusammenschauen“).

Aufbau der Synoptiker

Sie beginnen oft mit Johannes dem Täufer. Jesus beginnt sein öffentliches Wirken in Galiläa. Sie berichten meist von einer einzigen Reise Jesu nach Jerusalem.

Quellen

Markus basiert vermutlich auf Überlieferungen der Taten Jesu. Matthäus und Lukas nutzten das Markusevangelium, die sogenannte Quelle Q (eine Sammlung von Jesusworten) und eigene Traditionen (Sondergut).

Apokryphe Evangelien

Neben den vier kanonischen Evangelien gab es weitere Schriften über Jesus. Diese sogenannten apokryphen Evangelien wurden von der Kirche jedoch nicht als inspiriertes Wort Gottes anerkannt und nicht in den Kanon des Neuen Testaments aufgenommen.

Andere Bücher des Neuen Testaments

Apostelgeschichte

Sie wird oft als zweiter Teil des Lukasevangeliums betrachtet und demselben Autor zugeschrieben. Sie erzählt vom Wachstum der frühen Kirche nach Pfingsten und zeigt, wie die christliche Gemeinde den von Christus begonnenen Auftrag fortsetzt.

Briefe

Die Briefe sind die ältesten Dokumente des Neuen Testaments. Man unterscheidet zwei Hauptgruppen:

  • Paulusbriefe: Von den 14 traditionell Paulus zugeschriebenen Briefen gilt der Hebräerbrief heute mehrheitlich als nicht von Paulus verfasst. Paulus, ursprünglich ein strenggläubiger Pharisäer und Verfolger der Christen aus Tarsus, wurde durch seine Begegnung mit dem auferstandenen Christus auf dem Weg nach Damaskus (um 35 n. Chr.) zu einem der bedeutendsten Apostel und Missionare. Er schrieb zahlreiche Briefe an die von ihm gegründeten oder besuchten christlichen Gemeinden, um sie im Glauben zu ermutigen und zur Treue gegenüber dem Evangelium aufzufordern.
  • Katholische Briefe: Diese sieben Briefe (Jakobus, 1./2. Petrus, 1./2./3. Johannes, Judas) sind nicht an einzelne Gemeinden, sondern an die Kirche im Allgemeinen gerichtet (daher „katholisch“ = allgemein). Sie sind nach ihren mutmaßlichen Verfassern benannt und inhaltlich sowie stilistisch sehr unterschiedlich.

Offenbarung des Johannes

Dieses Buch schließt das Neue Testament ab. Es enthält Visionen und Prophezeiungen, die in einer bilderreichen, symbolischen Sprache verfasst sind (apokalyptische Literatur). Ein Teil beschreibt die Situation der sieben Gemeinden in Kleinasien, ein anderer Teil spricht von zukünftigen Ereignissen, dem Kampf zwischen Gut und Böse und dem endgültigen Sieg Christi. Es wurde an Christen geschrieben, die unter Verfolgung litten, um sie zu trösten und im Glauben zu stärken.

Anhänger und Jünger Jesu

Jesus als Lehrer (Rabbi)

Im damaligen Palästina gab es die Figur des Rabbi (Lehrer oder Gesetzeslehrer). Um solche Lehrer bildeten sich oft Gruppen von Schülern, wie zum Beispiel die Jünger Johannes des Täufers. Auch Jesus sammelte in diesem Kontext Anhänger um sich und wurde ebenfalls oft als Rabbi oder Lehrer angesprochen.

Eine Gruppe aus Galiläa

Ein Großteil des öffentlichen Wirkens Jesu fand in Galiläa statt, und dort entstand auch seine engste Jüngergruppe. Das Zentrum seiner Tätigkeit war die Stadt Kapernaum am See Gennesaret. Viele Menschen dort lebten vom Fischfang, was sich auch in der Berufung einiger Jünger widerspiegelt: Simon Petrus und Andreas, Jakobus und Johannes. Auch der Zöllner Matthäus (Levi) stammte aus dieser Gegend.

Ein anderer Lehrer, andere Schüler

Die Lehre anderer Rabbis basierte oft auf der Auslegung der Tora und der Nachahmung des Lehrers. Jesus vermittelte jedoch nicht nur eine Lehre, sondern einen Lebensstil und eine persönliche Beziehung zu Gott. Er suchte keine bloßen Mitläufer, sondern Nachfolger. Wenn Jesus jemanden berief, bedeutete dies, alles zu verlassen, ihm nachzufolgen, mit ihm zu leben und so zu leben, wie er lebte. Er beabsichtigte, eine neue Gemeinschaft, eine neue „Familie“ Gottes, zu gründen.

Die von Jesus gewollte Gemeinschaft

Jesus versammelte seine Jünger aus Liebe zu jedem Einzelnen. Er liebte alle Menschen um sich herum zutiefst, besonders aber diejenigen, die ihm nachfolgten und ihr Leben mit ihm teilten. Die Jünger kamen nicht primär zusammen, weil sie die gleichen Interessen hatten oder bereits Freunde waren, sondern weil sie die Liebe und Berufung Jesu erfahren hatten.

Brüder und Schwestern in einer neuen Gemeinschaft

Jesus verwendete das Wort „Bruder“ (und implizit „Schwester“), um die neue, familiäre Beziehung zu benennen, die unter seinen Jüngern durch ihn entstand. Die Liebe Jesu machte sie zu Brüdern und Schwestern in einer neuen Familie, der Gemeinschaft der Glaubenden.

Erneuerung der Kirche: Das Zweite Vatikanische Konzil

Ein Ökumenisches Konzil

Ein Ökumenisches Konzil ist eine Versammlung aller Bischöfe der Weltkirche, die vom Papst einberufen wird, um wichtige Fragen des Glaubens und des kirchlichen Lebens zu beraten. Es stellt die höchste lehramtliche Autorität der katholischen Kirche dar. Das bislang letzte Konzil war das Zweite Vatikanische Konzil (Vaticanum II).

Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965)

Es wurde 1959 von Papst Johannes XXIII. angekündigt und fand von 1962 bis 1965 statt. Sein Ziel war das „Aggiornamento“: eine zeitgemäße Erneuerung, die die Kirche an die Herausforderungen der modernen Welt anpassen und „Staub der Vergangenheit“ entfernen sollte.

Das Zweite Vatikanische Konzil ist zweifellos das wichtigste kirchliche Ereignis des 20. Jahrhunderts. Über drei Jahre hinweg rangen bis zu 2500 Konzilsväter (hauptsächlich Bischöfe aus aller Welt) darum, der Kirche ein erneuertes Selbstverständnis und eine neue Ausrichtung zu geben. Auch Beobachter anderer christlicher Konfessionen (evangelische und orthodoxe) waren eingeladen. Die Ergebnisse des Konzils wurden in 16 offiziellen Dokumenten festgehalten: vier Konstitutionen, neun Dekrete und drei Erklärungen.

Das Kirchenbild des Konzils

Selbstverständnis der Kirche

Die Kirche versteht sich neu als „Volk Gottes“, das gemeinsam auf dem Weg durch die Zeit ist. Das Konzil betont ein Kirchenmodell, das die Gemeinschaft (communio) mit Gott und untereinander in den Mittelpunkt stellt und die gemeinsame Verantwortung aller Getauften hervorhebt.

Verhältnis zur Welt

Die Kirche sieht sich nicht als eine von der Welt getrennte Größe, sondern als Teil der Menschheitsfamilie. Sie beschränkt sich nicht darauf, das Evangelium zu predigen, sondern nimmt auch die „Freuden und Hoffnungen, Sorgen und Nöte“ der Menschen, besonders der Armen und Bedrängten, ernst (Pastoralkonstitution Gaudium et Spes). Die Kirche erkennt das Gute und Wahre in der modernen Gesellschaft und Kultur an, übt aber auch Prophetie und Kritik an Ungerechtigkeit und Fehlentwicklungen.

Organisation der Kirche (Beispiel Spanien)

(Hinweis: Die folgenden Angaben beziehen sich auf den Stand der ursprünglichen Quelle und können veraltet sein.)

Die katholische Kirche ist hierarchisch und territorial gegliedert. In Spanien gab es zum Zeitpunkt der Quellenerstellung 67 Diözesen (Bistümer), geleitet von Bischöfen. Diese Diözesen sind in Kirchenprovinzen zusammengefasst, deren Grenzen nicht immer mit denen der staatlichen Autonomen Gemeinschaften übereinstimmen.

Bischofskonferenz

Die Versammlung aller Bischöfe eines Landes wird Bischofskonferenz genannt. Die Spanische Bischofskonferenz wählt alle drei Jahre einen Präsidenten (Wiederwahl möglich). Zum Zeitpunkt der Quellenerstellung war dies Kardinal Rouco Varela. Die Bischofskonferenz hat die Aufgabe, die pastorale Arbeit der Bischöfe in ihren Diözesen zu koordinieren und zu unterstützen sowie die Einheit der Kirche im Land zu fördern.

Pfarrei

Die Pfarrei (Gemeinde) ist die grundlegende territoriale und pastorale Einheit der kirchlichen Struktur. Um sie herum organisiert sich das alltägliche Leben der christlichen Gemeinde vor Ort, geleitet von einem Pfarrer in Zusammenarbeit mit pastoralen Mitarbeitern und Laien.

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