Joaquín Costa und die Regeneration: Analyse der Sozialen Frage
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Die Regeneration: Joaquín Costa und die Soziale Frage
Autor und Kontext
- Autor: Joaquín Costa (1846–1911), Notar aus Aragón, Förderer sozialer Reformen und der Regeneration.
Textklassifikation
Quelle und Sachgebiet
- Quelle: Primäre oder historische Quelle zum Verständnis der Ideen Costas. Die Geschichtsschreibung ist eine sekundäre Quelle zum Verständnis der sozioökonomischen Realität.
- Sachgebiet: Sozialpolitik (Sozialvorschriften).
Art des Textes
- Ideologisch, essayistisch, reformistisch.
Historischer Kontext und Hintergrund
Kritik am Liberalismus
- Der Liberalismus wurde angeblich im Namen der Freiheit und des „Volkes“ durch Kriege, Militärputsche und Korruption eingeführt und durch manipulierte Wahlen aufrechterhalten.
- Durch Enteignungen (Beschlagnahmungen) stürzte der Liberalismus die Arbeiter in *massives materielles Elend*.
- Der Liberalismus frustrierte die wirtschaftliche Entwicklung und verhinderte den sozialen Aufstieg der Massen, da der wichtigste Faktor der wirtschaftlichen Entwicklung – die Bevölkerung – kein kulturelles und materielles Existenzminimum besaß.
- Der Liberalismus führte zu einer Analphabetenrate von 63,79 % der Bevölkerung im Jahr 1900 (siehe Statistik unten).
- Der Liberalismus führte zur Entchristlichung und damit zum moralischen Verfall, verstärkt durch die Entwurzelung der Landbevölkerung durch Migration in die Städte.
- Der Prozess der Entchristlichung schritt besonders in der Führungsschicht voran, die ihre Reformen auf eigene Ideen und ihren Willen stützte. Sie glaubten nicht, dass Moral, Ethik, Wirtschaft, Politik und das gesamte gesellschaftliche Leben nur durch die Mittel der katholischen Kirche (Lehren und Gnade) regierbar seien, wie es die Bevölkerung noch glaubte.
- Der Liberalismus wunderte sich, wie sich die Menschen beschweren konnten, wenn alles, was getan wurde, angeblich im Namen des Volkes geschah, das zur souveränen Macht erklärt worden war.
- Die *Soziale Frage* bezeichnet die Not und Ausbeutung, in der die Menschen durch den Liberalismus zurückgelassen wurden.
- Die sozialistische und anarchistische Revolution entstand aus dem verzweifelten Unbehagen der großen Bevölkerungsschichten, die der Liberalismus im Elend zurückgelassen hatte.
- Der massive Analphabetismus nach Jahrzehnten der liberalen Revolution im Namen des souveränen Volkes und nach einem Jahrhundert der Aufklärung ist paradox. *Interessanterweise* wurde die Analphabetenrate in der Diktatur Primo de Riveras (1923–1930) auf unter 50 % gesenkt und in der Franco-Diktatur (1936–1975) nahezu ausgerottet.
Jahre | Bevölkerung (Mio.) | Analphabeten (Mio.) | % |
1860 | 15,6 | 11,8 | 75,5 |
1877 | 16,6 | 11,97 | 72 |
1887 | 17,5 | 11,94 | 71,5 |
1897 | 18 | 11,8 | 63,8 |
1900 | 18,59 | 11,87 | 63,79 |
1910 | 19,99 | 11,86 | 59,39 |
1920 | 21,3 | 11,16 | 52,23 |
1930 | 23,67 | 10,5 | 44,47 |
1960 | 30,58 | 3,4 | 11,2 |
1970 | 33,95 | 1,9 | 5,7 |
Weiterführender Historischer Kontext
Die Krise von 1898 und das Restaurationssystem
- Die Krise von 98 erzwang eine Gewissensprüfung bei den Verantwortlichen: Politikern und Intellektuellen.
- Das System der Restauration (Verfassung von 1876) schien die liberale Revolution zu stabilisieren.
- Seit 1890 gab es allgemeines Wahlrecht.
- Das *Turnismo* (Wechsel der Parteien) und die Wahlfarce (*Caciquismo*) prägten die Politik.
- Das Regeneracionismo dominierte die Programme im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts.
- Joaquín Costa, der Initiator, fasste seine Forderungen im Slogan „Schule und Speisekammer“ zusammen: Antworten auf das *physische Elend* (Hunger) und die *Vernachlässigung der Massen* (Analphabetismus).
Forderungen Costas (ab 1898)
- Staatliche Intervention in die Wirtschaft.
- Wasserpolitik: Bau von Bewässerungskanälen, um „zweimal zu produzieren ... und die Lebenshaltungskosten zu senken.“
- „Verteilung des Landbesitzes und Anhebung des Status der Arbeiter auf den der Grundbesitzer.“ (Im Gegensatz zum Sozialismus, der die Beseitigung des Eigentums befürwortet.)
- Volksgüter (Gemeindeland). Straßenbau.
- Soziale Sicherheit für Landarbeiter, Arbeiter und Händler.
- Ausländische Märkte für landwirtschaftliche Erzeugnisse.
- Autonomie der Gemeinden zur Bekämpfung der Despotie (die durch zentrale Steuerung gefördert wurde).
- Reduzierung des Analphabetismus, Förderung der Grundschulbildung und Verbesserung des Status der Lehrer.
- Verbindungen zu lateinamerikanischen Staaten, um den Vormarsch der USA zu stoppen.
- Er forderte einen „eisernen Chirurgen“ (eine starke Hand zur Durchführung der Reformen).
- Sein berühmtestes Werk fasst die gesellschaftspolitischen Aspekte zusammen: Oligarchie und Despotismus als die jetzige Form der Regierung in Spanien. Dringlichkeit und Änderungsmodus. (Bericht vorgelegt an der Ateneo de Madrid im Jahre 1901).
- Forderung nach Europäisierung (Nachahmung Europas), obwohl Spanien seit seiner Entstehung ein grundlegender Bestandteil der europäischen Christenheit war. (Hier schwingt der alte Minderwertigkeitskomplex des typisch Spanischen mit.)
Bedeutung des Textes
Der Text legt den Finger in die Wunden des Liberalismus, verharrt jedoch in einem materialistischen Ansatz.