Die Julikrise und der Beginn des Ersten Weltkriegs

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Julikrise

28. Juni 1914: Der österreichische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gemahlin wurden in Sarajewo erschossen. Der Attentäter war Mitglied einer nationalistischen Studentenvereinigung, die offen den Anschluss der Provinz an Serbien propagierte. Das Attentat löste die Julikrise aus, die durch folgende ungelöste Probleme des Vielvölkerstaates Österreich-Ungarn, den slawischen Nationalismus und die widerstreitenden Interessen der europäischen Großmächte verschärft wurde.

Hintergründe in Serbien und Österreich-Ungarn

Es gab weitere potenzielle Attentäter außer Gavrilo Princip. Diese hatten Verbindungen zur serbischen Terrororganisation („Schwarze Hand“), die die Vereinigung aller Südslawen in einem „Großserbien“ zum Ziel hatte und sich der Unterstützung durch höchste Militär- und Geheimdienstkreise in Belgrad erfreute. Die Waffen wurden über die serbisch-bosnische Grenze geschleust. Die österreichischen Behörden hatten Hinweise auf das Attentat, ignorierten diese jedoch. Die Reise Franz Ferdinands nach Sarajewo war eine politische Demonstration ersten Ranges. Sie unterstrich den Anspruch des Habsburgerreiches auf die annektierten Provinzen Bosnien-Herzegowina. Die slawischen Nationalisten sahen es als eine Provokation, da es am 525. Jahrestag der berühmten Schlacht auf dem Amselfeld stattfand. Der Gewinn des Kosovo galt als erster Schritt zur angestrebten „Wiedergeburt“ Serbiens.

Reaktionen auf das Attentat

  • Man wollte Vergeltung für den Mord an dem Thronfolgerpaar.
  • Berlin und Wien behaupteten, die Hintermänner des Attentats seien in Belgrad zu finden und es gäbe eine Beteiligung Serbiens (die Mitwisserschaft der Regierung in Belgrad war jedoch nicht schlüssig nachgewiesen).

Stationen der Julikrise:

5. Juli: Der sogenannte Deutsche Blankoscheck.

Österreich beabsichtigte, das Attentat für ein Vorgehen gegen Serbien zu nutzen und Serbien als Machtfaktor und Sammelpunkt der panslawistischen Bestrebungen auf dem Balkan zu schwächen. Deutschland entschied, den österreichischen Bündnispartner zu unterstützen.

20.-23. Juli: Französischer Staatsbesuch in St. Petersburg

Der französische Staatspräsident Poincaré und der Ministerpräsident machten einen Staatsbesuch in St. Petersburg, der durch die Ereignisse in Bosnien eine große Brisanz bekam. Der französische Präsident warnte während des Besuchs Österreich-Ungarn vor Aktionen, da die Ehre und Unabhängigkeit Serbiens verletzt werden könnten. Frankreich versicherte dem russischen Partner, dass sie fest zum beiderseitigen Bündnis standen.

23. Juli: Österreichs Ultimatum an Serbien

Am 23. Juli richtete sich Österreich-Ungarn mit einer Note (Ultimatum) an die serbische Regierung. Die Forderungen umfassten: 1. Bestrafung der Hintermänner des Anschlags, 2. Verbot nationalistischer Organisationen, 3. Wirksame Maßnahmen gegen antiösterreichische Propaganda auf serbischem Boden, 4. Garantien der serbischen Regierung und 5. Österreichische Beamte auf serbischem Boden, was einen Eingriff in die staatliche Souveränität Serbiens darstellte (eine Provokation/Kontrollmaßnahme). Großbritannien hatte den Vorschlag gemacht, dass GB, F, I und D eine Schlichtung versuchen sollten.

25. Juli: Serbische Antwortnote.

Fast alle Forderungen wurden von Serbien akzeptiert, außer dem Einsatz von österreichischen Beamten auf serbischem Boden. Wegen der positiven Antwort gab es keinen Kriegsgrund. Der britische Außenminister Grey dachte jedoch, dass Österreich militärisch gegen Serbien vorgehen sollte (Österreich suchte einen Vorwand zum Krieg). Deutschland wollte seinen Bündnispartner davon abhalten, deshalb schlug der Kaiser vor, dass Österreich nur ein Faustpfand in Belgrad besetzen solle, um die serbischen Zusagen sicherzustellen.

28. Juli: Österreichische Kriegserklärung an Serbien:

Am Vormittag des 28. Juli erklärte Österreich-Ungarn Serbien den Krieg mit der Begründung, es seien nicht alle Bedingungen erfüllt. Einen Tag später begannen die österreichischen Truppen mit der Beschießung Belgrads. Russland reagierte zunächst mit der Teilmobilmachung, am 30. Juli mit der Generalmobilmachung seiner Truppen.

31. Juli: Die Lage spitzt sich weiter zu:

Deutschland verlangte von Russland, alle Kriegsvorbereitungen gegen Deutschland und Österreich einzustellen, und forderte eine Erklärung Frankreichs, ob es im Fall eines russisch-deutschen Krieges neutral bleiben würde.

Der Schlieffen-Plan

1905 wurde festgelegt, im Falle eines Zweifrontenkriegs zuerst gegen Frankreich, dann gegen Russland zu marschieren, von dem man eine längere Mobilisierungsdauer erwartete. Nach dem erhofften Sieg über Frankreich hätte man sich nach Osten verlegt. Die Besetzung des neutralen Luxemburgs diente der Nutzung von Eisenbahnen für deutsche Truppen. Die Verletzung der belgischen Neutralität, um Frankreich vom Nordosten angreifen zu können, führte zum Kriegseintritt Großbritanniens. Am Anfang schien der Plan zu funktionieren, dann starteten die französische und britische Armee eine Gegenoffensive und konnten die deutsche Frontlinie durchbrechen. Der Vormarsch kam zum Stillstand und die Kriegsgegner entwickelten neue Waffen, die auf den Schlachtfeldern ein Massensterben in zuvor nicht gekanntem Ausmaß verursachten.

Unterschiedliche Interpretationen der Funktion des Blankoschecks

Fritz Fischer: Deutschland trug die Hauptverantwortung für den Krieg. Mit dem Blankoscheck wollte Deutschland Russland provozieren, um einen regionalen Konflikt zu einem allgemeinen Krieg eskalieren zu lassen, in dem Deutschland seine Hegemonialansprüche durchsetzen konnte (Durchsetzung des Ziels, Europa zu beherrschen und zu kontrollieren).

Egmont Zechlin: Mit dem Blankoscheck wollte Deutschland einen allgemeinen Krieg vermeiden, indem Russland von einer Intervention abgeschreckt werden sollte. So sollte der Konflikt auf den Krieg Österreich-Ungarns gegen Serbien lokalisiert werden.

Andreas Hillgruber: Mit dem Blankoscheck wollte Deutschland einen regionalen Krieg zwischen Österreich-Ungarn und Serbien provozieren, um seinen einzigen Bündnispartner zu stärken. Man kalkulierte, dass Russland nicht eingreifen würde, weil seine vitalen Interessen nicht berührt wären.

Burgfrieden

Die deutsche Kriegskasse war nach wenigen Tagen aufgebraucht, aber man brauchte mehr Waffen. Deshalb wandte man sich an die deutsche Rüstungsindustrie, damit das eigene Land davon profitieren konnte. Eine der wenigen Funktionen des Reichstages war das Recht zur Bewilligung des Finanzhaushaltes. Der Reichstag gab die Zustimmung zu den für die Führung des Krieges notwendigen Bedingungen. Sogar die Sozialdemokraten stimmten für die Kriegskredite, wobei die Gewerkschaften die Lohnkämpfe abbrachen und die Streikunterstützung einstellten.

In allen kriegführenden Staaten kam es zur Bildung von nationalen Einheitsfronten, in denen die sozialistischen Parteien als gleichberechtigte politische Partner anerkannt wurden, die bisher als „vaterlandslose Gesellen“ galten und bis 1890 unter der Repression des Sozialistengesetzes standen. Dabei wurde der Patriotismus in den Vordergrund gestellt, wie Wilhelm II. in seiner Rede im Reichstag sagte: „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche.“

Doch der Krieg dauerte länger als gedacht, sodass Karl Liebknecht (SPD) 1914 gegen eine neue Kreditvorlage stimmte. Um etwas gegen den fortdauernden Krieg zu unternehmen, gründeten Angehörige sozialistischer Oppositionsgruppen aus verschiedenen Ländern die „Zimmerwalder Bewegung“. Sie verurteilten den Krieg als einen imperialistischen Krieg (Ziel ist die Beherrschung des Weltmarktes), der den Interessen der Arbeiter und Arbeiterinnen nicht diente, genauso wie die Burgfriedenpolitik der meisten sozialistischen Parteien. Die Zimmerwalder Bewegung forderte die Beendigung des Krieges durch einen Frieden ohne Annexionen und auf der Basis des Selbstbestimmungsrechtes der Völker (Recht auf Staatsgründung für einzelne Völker).

Innerhalb der „Zimmerwalder Bewegung“ konstituierte sich die „Zimmerwalder Linke“. Mit dieser Gruppe sympathisierte Karl Liebknecht. Ihr Ziel war es, den „Burgfrieden“ in den kriegführenden Ländern durch Massenstreiks in einen revolutionären Bürgerkrieg zu wandeln. Da es keinen demokratischen Frieden mit dem Kapitalismus gibt, würde der Krieg nur mit einem imperialistischen Frieden enden können (nur mit Revolution). Lenin sagte, man sollte die staatliche Unabhängigkeit der Kolonien schaffen, da sie vom Vaterland unterdrückt werden. „Der Hauptfeind steht im eigenen Land.“

Begründung Karl Liebknechts zur Ablehnung der Kriegskredite

Karl Liebknecht war der Meinung, dieser Krieg sei nicht für das Wohl Deutschlands erwünscht, sondern ein imperialistischer Krieg, dessen Ziel die Beherrschung des Weltmarktes sei. Aus Deutschlands Sicht war es ein Präventivkrieg, den alle Imperialisten wollten und planten. Doch mit den Parolen der imperialistischen Staaten, die die eigene Kriegführung rechtfertigen, sollte das Volk betrogen und zum Kampf motiviert werden. Es ist auch kein Verteidigungskrieg, da die Regierung halbabsolutistisch-kapitalistisch ist, sodass man nicht vertrauen kann, dass der Zweck der Kredite für die Verteidigung des Vaterlandes ist. Er fordert Frieden ohne Eroberungen und Solidarität mit der Arbeiterklasse.

Kriegsziele Deutschlands

Hauptziel: Sicherung der Grenzen Deutschlands durch Schwächung Frankreichs und Abdrängung Russlands. Frankreich: Gebietsabtretungen an den Grenzen zu D und an der Küste zu E. Hohe Kriegsentschädigung. Wirtschaftliche Öffnung für das deutsche Handelskapital durch Verdrängung GB aus F -> wirtschaftlich abhängig von D. Angliederung von Teilen F an Belgien -> MILITÄRISCHE UND WIRTSCHAFTLICHE ZERSCHLAGUNG F. (SIEGFRIEDEN). Belgien: Gebietsabtretungen an D. Öffnung für deutsches Kapital (wirtschaftliche Provinz). Angliederung flämischer Teile F an Belgien. Annexion Luxemburgs. Mitteleuropäischer Wirtschaftsverband unter deutscher Führung -> Ziel: wirtschaftliche Vorherrschaft über Mitteleuropa. Kolonialreich in Afrika. Der Frieden von Brest-Litowsk: Polen, Litauen, Estland, Finnland, die Ukraine werden zu Protektoraten Deutschlands (Ziel: Sicherstellung von Rohstoffen und Getreidelieferungen). 3/4 der russischen Kohlegruben geraten unter deutsche Kontrolle (Siegfrieden).

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