Karl Marx: Quellen, Methodik und Struktur des Kapitals

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Marxismus: Philosophische, Ökonomische und Soziale Weltanschauung

Drei Quellen des Marxismus

  • Ökonomie: Klassische englische politische Ökonomie (Smith und Ricardo). Arbeitswerttheorie, produktive und unproduktive Arbeit, Kapital etc. Funktionale Formen.
  • Philosophie: Klassische deutsche Philosophie, insbesondere Hegels Dialektik.
  • Sozialismus: Französischer utopischer Sozialismus.

Wichtige Vertreter des utopischen Sozialismus: Juan Reynaud, Louis Toureil, Auguste Blanqui, Étienne Cabet, Louis Blanc, Proudhon, Fourier, Owen.

Karl Marx

Inhaltsübersicht

  1. Die Zeit und die Persönlichkeit von Karl Marx (Biografie)
  2. Die Werke von Marx
  3. Methodik
  4. Das Kapital:
    • Charakterisierung der vier Bände des „Kapital“
    • Thematische Struktur von Band I des „Kapital“
    • Thematische Struktur und Inhalt von Teil I des „Kapital“
    • Der ursprüngliche Plan der Forschung und/oder des Working Capital
    • Das marxistische System der sozialen Reproduktion

1. Karl Marx: Biografie

Karl Marx wurde 1818 in Trier geboren. Er stammte aus einer jüdischen Familie der oberen Mittelschicht; sein Vater, ein Rechtsanwalt, konvertierte vom Judentum. 1835 begann Marx sein Studium an der Universität Bonn und später an der Universität Berlin im Fachbereich Philosophie. 1841 verteidigte er an der Universität Jena seine Doktorarbeit mit dem Titel: „Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie“.

1842 diente er zunächst als Mitarbeiter und dann als Direktor der „Rheinischen Zeitung“, wo er neben philosophischen Themen auch über Wirtschaft und Politik schrieb.

1843, nach dem Verbot dieser Veröffentlichung, emigrierte er nach Paris, wo er bis 1845 blieb. Dieser Aufenthalt in Paris war von größter Bedeutung, da er dort mit den Ideen des französischen utopischen Sozialismus (Blanc, Cabet, Proudhon) in Kontakt kam. Vor allem aber begann hier seine enge Freundschaft und Zusammenarbeit mit Friedrich Engels.

1845 wurde Marx auf Antrag des preußischen Staates von der französischen Regierung ausgewiesen und beschloss, sich in Brüssel niederzulassen.

Als 1848 die Revolution in Paris begann und sich auf Belgien ausweitete, beschloss die Brüsseler Regierung, Marx auszuweisen. Er floh erneut nach Paris und kehrte später nach Deutschland zurück, um die „Neue Rheinische Zeitung“ zu leiten.

1849 wurde er aus Deutschland ausgewiesen, ging erneut nach Frankreich und später nach London, wo er bis zu seinem Tod 1883 lebte.

Wichtige Werke von Karl Marx

  • 1841: Dissertation „Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie“
  • 1844: Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie
  • 1844: Zur Judenfrage
  • 1844: Ökonomisch-philosophische Manuskripte
  • 1845: Die Lage der arbeitenden Klasse in England (von F. Engels)
  • 1845: Die heilige Familie
  • 1845: Die deutsche Ideologie
  • 1845: Thesen über Feuerbach
  • 1847: Das Elend der Philosophie
  • 1847: Lohnarbeit und Kapital
  • 1847: Manifest der Kommunistischen Partei
  • 1850: Die Klassenkämpfe in Frankreich
  • 1850: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte
  • 1859: Zur Kritik der Politischen Ökonomie
  • 1867: Das Kapital, Band I
  • 1885: Das Kapital, Band II (herausgegeben von F. Engels)
  • 1894: Das Kapital, Band III (herausgegeben von F. Engels)
  • 1905–1910: Das Kapital, Band IV (herausgegeben von Kautsky, bekannt als „Theorien über den Mehrwert“)

3. Methodik

Gegenstand der Studie:

Die kapitalistische Produktionsweise.

Methodik:

Die philosophische Konzeption von Marx, verstanden als die Synthese der Methode des dialektischen und historischen Materialismus.

Grundthesen:

  1. Die Natur, das Universum, existiert als objektive Realität, unabhängig von unserem Wissen.
  2. Das Wissen kann die objektive Realität erkennen.
  3. Das Wissen stammt aus der Beziehung zur objektiven Wirklichkeit; nur das Wissen, das aus der Erfahrung gewonnen wird.
  4. Die Wahrheit ist objektiv und konkret.
  5. Die Geschichte kann nicht vollständig aus sich selbst erklärt werden, sondern ihre Anatomie muss in der politischen Ökonomie gesucht werden.
  6. Die Produktion definiert die Merkmale der Individuen und die Beziehungen zwischen den Menschen.
  7. Die sozioökonomischen Formationen werden durch den Grad der Entwicklung der folgenden Attribute definiert:
    • Die Eigentumsverhältnisse
    • Die soziale Arbeitsteilung, welche den Grad der Entwicklung der Produktivkräfte der Gesellschaft zum Ausdruck bringt.
    • Die Produktionsweise.
  8. Der Ursprung der Klassen liegt im Prozess der Arbeitsteilung.
  9. Der Überbau der Gesellschaft erhebt sich auf der produktiven ökonomischen Basis der Gesellschaft.

Auf die Gesellschaft wirken die Gesetze der Dialektik.

Dialektische Gesetze:

  1. Gesetz der gegenseitigen Wechselwirkungen (KEIN METAPHYSISCHES DENKEN)
  2. Gesetz der universellen Veränderung und Bewegung
  3. Gesetz des Widerspruchs, der Einheit und des Kampfes der Gegensätze
  4. Gesetz der Negation der Negation

Inhalt und Thematische Struktur des Kapitals

Umfang der Studie

Band I: „Der Produktionsprozess des Kapitals“

Die Produktion wird untersucht, abgesehen vom Zirkulationsprozess. Ziel ist es, die Natur und die Gesetze der kapitalistischen Produktion zu entdecken. Analyse der Erzeugungsart in reiner Form, frei von phänomenalen und unwesentlichen Aspekten.

Band II: „Der Zirkulationsprozess des Kapitals“

Die Analyse in diesem Band konzentriert sich auf die Sphäre der Zirkulation: die große kapitalistische Bewegung, die sich von der einfachen Bewegung unterscheidet, welche bereits in Band I, Teil I, Kapitel III („Geld und Warenverkehr“) analysiert wurde.

In diesem Band wird die Bewegung einer bestimmten Ware und des spezifisch kapitalistischen Kapitalverkehrs beschrieben, der sich aus der Transformation der kapitalistischen Produktionsweise ergibt, im Gegensatz zur einfachen Warenproduktion, die als einfache Bewegung von Waren in ihren Ursprüngen aus vorkapitalistischen Gesellschaften und Epochen auftritt.

D – W (Wa + Mp) – D'

Band III: „Der Gesamtprozess der kapitalistischen Produktion“

Das Ziel der Studie ist die Produktion und Zirkulation als Ganzes. Die Kategorien, die in den beiden vorangegangenen Bänden durch Abstraktion getrennt wurden, werden in der Art und Weise analysiert, wie sie an der Oberfläche erscheinen. Es wird demonstriert, warum sie so erscheinen.

Band IV: „Theorien über den Mehrwert“

(Geschichte der ökonomischen Lehren.)

Der ursprüngliche Plan der Forschung und/oder des Working Capital

Überblick über die thematische Struktur des Kapitals (nach der Vorrede zur „Kritik der politischen Ökonomie“):

  1. Kapital
  2. Grundeigentum (Land)
  3. Lohnarbeit
  4. Staat
  5. Internationaler Handel
  6. Weltmarkt

Thematische Struktur von Band I des Kapitals

Titel: „Der Produktionsprozess des Kapitals“
  1. Ware und Geld
  2. Die Verwandlung von Geld in Kapital
  3. Die Produktion des absoluten Mehrwerts
  4. Die Produktion des relativen Mehrwerts
  5. Die Produktion des absoluten und relativen Mehrwerts
  6. Der Lohn
  7. Der Prozess der Akkumulation des Kapitals

Thematische Struktur Teil I: Die Ware

Besteht aus drei Kapiteln:

  • Kapitel 1: Die Ware
  • Kapitel 2: Der Austauschprozess
  • Kapitel 3: Geld oder der Warenverkehr
Kapitel 1: Die Ware

Dieses Kapitel legt die Grundlage der Arbeitswerttheorie, auf der Marx seine Theorie des Mehrwerts aufbaut – ein Eckpfeiler seiner gesamten ökonomischen Theorie.

  1. Die zwei Faktoren der Ware (Gebrauchswert und Tauschwert)
  2. Der Doppelcharakter der in der Ware enthaltenen Arbeit
  3. Die Wertform und der Tauschwert
  4. Das Geheimnis des Warenfetischismus
Kapitel 3: Geld oder der Warenverkehr

Funktionen des Geldes:

  1. Geld als Maß der Werte
  2. Geld als Zirkulationsmittel
  3. Geld als Schatzbildungsmittel
  4. Geld als Zahlungsmittel
  5. Weltgeld

Die Werttheorie

„Der Reichtum der Gesellschaften, in denen die kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine ‚ungeheure Warensammlung‘, und die einzelne Ware als seine elementare Form. Unsere Untersuchung beginnt daher mit der Analyse der Ware.“

Marx beginnt sein grundlegendes Werk, indem er zwei Dinge von großer Bedeutung hervorhebt:

  1. Der Gegenstand der Betrachtung des Kapitals ist nicht die Gesellschaft im Allgemeinen, sondern die kapitalistische Gesellschaft, die als eine Ansammlung von Individuen operiert, die durch soziale und produktive Beziehungen charakterisiert wird, welche diese Produktionsweise definieren.
  2. Die grundlegende und elementare Kategorie dieser Produktionsweise ist die Ware. Damit konnte er die Ebene der Abstraktion erreichen, die ihm den Kontakt zum Forschungsobjekt ermöglichte. Obwohl die Ware auch in vorkapitalistischen Epochen und Gesellschaften existiert, wird sie in dieser Produktionsweise zur beherrschenden Form. Diese Qualität erwerben auch produktive Vermögenswerte wie die Arbeitskraft.

Der Doppelcharakter der Ware

Der Doppelcharakter der Ware (Gebrauchswert und Tauschwert) wurde bereits von klassischen Autoren vor Marx hervorgehoben und analysiert. Dennoch gibt es Besonderheiten in Marx’ Ansatz.

Für Marx wird die Kategorie des Gebrauchswerts als eine Qualität der Ware verstanden, die für jede Gesellschaftsformation gilt, auch für prähistorische und primitive Gesellschaften, da auch dort Güter konsumiert wurden, weil sie einen Nutzen erfüllten, der ein menschliches Bedürfnis befriedigte. Daher ist diese Kategorie historisch universell.

Der Gebrauchswert drückt eine Beziehung zwischen Mensch und Natur oder zwischen Mensch und einem Gegenstand aus und keineswegs eine soziale Beziehung. Da das Verständnis des Gegenstands der politischen Ökonomie bei Marx die Lehre von den Beziehungen ist, die sich zwischen den Menschen im Zusammenhang mit der Produktion, dem Austausch, der Zirkulation und dem Konsum materieller Güter entwickeln, fällt diese Kategorie nicht unter das Studium der politischen Ökonomie. Ihre Untersuchung ist nur über ihre Beziehung zum Tauschwert der Ware möglich und notwendig.

Der Tauschwert

Für Marx ist der Tauschwert der Ware eine historische Kategorie (ein deutlicher Unterschied zum Gebrauchswert), die besondere Bedingungen für ihre vollständige Entwicklung und Demonstration erfordert:

  • Erstens, wenn das Produkt der Arbeit die Form des Werts annimmt.
  • Zweitens, wenn das Privateigentum an den Produktionsmitteln und insbesondere an der Arbeit existiert, die ihre soziale Natur nicht anders als durch den Austausch ausdrücken kann.

Gebrauchswerte treten immer auf, aber nur unter bestimmten Bedingungen nimmt die Arbeit die Form des Werts an. Dies erfordert eine hoch entwickelte soziale Arbeitsteilung und Privateigentum an den Produktionsmitteln. Unter all diesen Bedingungen können Objekte und Arbeitsprodukte in Waren verwandelt werden.

Definition des Werts:

Das quantitative Verhältnis, in dem verschiedene Gebrauchswerte miteinander ausgetauscht werden.

Beispiel: 1 Tonne Holz = X Kilo Weizen

Da hier zwei Werte gegenüberstehen, die sich in Form, geometrischen Eigenschaften, physikalischen, chemischen usw. völlig unterscheiden können, ist es notwendig, einen wesentlichen Bestandteil der Ware festzulegen, der die Messbarkeit ermöglicht.

„Werte wie Nutzung von Gütern repräsentieren in erster Linie unterschiedliche Qualitäten. [Der Wert] enthält weder ein Atom Gebrauchswert... aber wenn wir diese Waren nur auf eine Qualität reduzieren, ignorieren wir das Produkt der Arbeit.“

Daher ist der gemeinsame Nenner, der diese messbaren Waren vergleichbar macht und ihren Austausch ermöglicht, nur die menschliche Arbeitskraft.

Reproduktionstheorie

In jeder Gesellschaft muss die Produktion ein kontinuierlicher Prozess sein, der ständig wiederholt wird, wenn die Gesellschaft weiter existieren soll. Sie muss sich einem Reproduktionsprozess unterziehen.

Einfache Reproduktion:

Einfache Reproduktion liegt vor, wenn der Mehrwert mit der gleichen Häufigkeit ausgegeben wird, mit der er gewonnen wird, d. h., er wird nicht in Kapital umgewandelt (keine Akkumulation).

Erweiterte Reproduktion:

Merkmal des Kapitalismus ist die Umwandlung des gesamten oder eines Teils des Mehrwerts in Kapital (Akkumulation).

Sektoren der gesellschaftlichen Gesamtproduktion

Marx betrachtet die Ware nicht nur als Einheit von Gebrauchswert und Tauschwert. Aus der Sicht des Gebrauchswerts, ihrer materiellen Form, teilt er das gesamte Produkt oder die Gesamtleistung der Gesellschaft in zwei Hauptbereiche:

  • Sektor I: Produktionsmittel
  • Sektor II: Konsumgüter (Massenkonsum)

In jedem der Sektoren besteht der Wert des Produkts aus konstantem Kapital (c), variablem Kapital (v) und Mehrwert (m).

Kapitalklassifikation (Marxistischer Ansatz)

Konstantes Kapital (c)Variables Kapital (v)
Installationen, Ausrüstung, Rohstoffe, HilfsstoffeArbeitskraft
Klassischer Ansatz:

Grundkapital (Anlagen) und Umlaufkapital (Rohstoffe, Lohn). Diese Klassifizierung wird verwendet, wenn die unterschiedlichen Formen und Merkmale der Rotation des produktiven Kapitals untersucht werden.

Bedeutung der marxistischen Klassifikation:

Die Klassifizierung in konstantes und variables Kapital ermöglicht es, die Geheimnisse der kapitalistischen Akkumulation und die Rolle der verschiedenen Formen des produktiven Kapitals bei der Wertschöpfung oder der Mehrwertproduktion zu entschlüsseln.

Reproduktionsschemata (Beispiel)

Sektor I (Produktionsmittel): 4000c + 1000v + 1000m

Sektor II (Konsumgüter): 2000c + 500v + 500m

Bedingungen der einfachen Reproduktion:
  1. I (v + m) = IIc
  2. I (c + v + m) = Ic + IIc
  3. II (c + v + m) = I (v + m) + II (v + m)
Bedingungen der erweiterten Reproduktion:
  1. I (v + m) > IIc
  2. I (c + v + m) > Ic + IIc
  3. II (c + v + m) > I (v + m) + II (v + m)

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