Der Kaufvertrag: Definition, Systeme und Sonderklauseln
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Definition des Kaufvertrags
Der Kaufvertrag ist ein bilateraler Vertrag, durch den sich eine Partei (der Verkäufer) verpflichtet, das Eigentum an einer Sache auf eine andere Partei (den Käufer) zu übertragen, gegen die Zahlung eines in Geld bestimmten Preises.
Art. 481: Der Kaufvertrag verpflichtet den Verkäufer, das Eigentum an einer bestimmten Sache zu übertragen, und den Käufer, den dafür vereinbarten Preis in Geld zu zahlen.
Bindung und Eigentumsübertragung
Obwohl die Vertragspartner gemäß Art. 481 aneinander gebunden sind, hängt die tatsächliche Übertragung des Eigentums von weiteren Handlungen ab:
- Der Tradition (Übergabe) im Falle von beweglichen Sachen;
- Der Eintragung im Grundbuchamt im Falle von Immobilien.
Art. 482: Der reine Kaufvertrag gilt als bindend und perfekt, sobald sich die Parteien über den Gegenstand und den Preis geeinigt haben.
Wesentliche Elemente des Vertrags
- Konsens (Einigung der Parteien);
- Objekt (Gegenstand);
- Preis.
Rechtssysteme im Vergleich
Das Französische System
Im französischen System überträgt der Kaufvertrag das Eigentum unmittelbar. Die Eigentumsübertragung tritt bereits am Tag der vertraglichen Verpflichtung ein.
Beispiel: Hat eine Person den Kaufvertrag für ein Auto unterzeichnet, ist sie Eigentümerin, selbst wenn das Auto noch nicht bezahlt oder geliefert wurde. Fällt ein Baum auf das Auto, trägt der neue Käufer den Schaden, auch wenn er die Sache noch nicht erhalten oder bezahlt hat.
Das Deutsche System
Im deutschen System verpflichtet der Kaufvertrag lediglich zur Übergabe (Lieferung) der Sache, nicht aber zur sofortigen Eigentumsübertragung. Der Käufer wird erst durch die Tradition (Übergabe) der Ware durch den Verkäufer Eigentümer. Der bloße Kaufvertrag reicht hierfür nicht aus.
Die Übertragung des Eigentums erfolgt durch die Übergabe bei beweglichen Sachen und durch die Eintragung im Grundbuch bei Grundstücken. Brasilien verwendet dieses deutsche System (Art. 481).
Merkmale des Kaufvertrags
- Bilateral: Es entstehen gegenseitige Verpflichtungen.
- Konsensual (Einvernehmlich): Der Vertrag kommt durch die bloße Willensäußerung der Parteien zustande. Im Gegensatz zu Realverträgen ist keine Übergabe der Sache erforderlich.
- Entgeltlich: Beide Parteien erbringen eine Leistung (Zahlung gegen Lieferung).
- Gegenstand (Art. 483): Der Kaufvertrag kann gegenwärtige oder zukünftige Sachen zum Gegenstand haben. Kommt die zukünftige Sache nicht zustande, wird der Vertrag hinfällig, es sei denn, die Parteien beabsichtigten, den Vertrag als reinen Zufallsvertrag abzuschließen.
- Kommutativ (Austauschvertrag): Im Allgemeinen sind Inhalt und Umfang der Leistungen sofort bekannt. Eine Ausnahme bilden Aleatorische Verträge (Zufallsverträge), bei denen die Leistung von einem ungewissen Ereignis abhängt.
- Beispiel Zufallsvertrag: Die Parteien vereinbaren, dass der Käufer die Ernte bezahlt, unabhängig davon, ob sie zustande kommt oder nicht. Der Käufer trägt das Risiko und zahlt in der Regel einen niedrigeren Preis.
- Einzelausführung: Die Vereinbarung kann eine sofortige oder spätere Ausführung vorsehen (Zahlung bei Abschluss oder Ratenzahlung).
Gefahrtragung und Risiko (Art. 492)
Bis zum Zeitpunkt der Übergabe (*Tradition*) trägt der Verkäufer die Risiken der Sache, während der Käufer das Risiko des Preises trägt.
Ausnahmen von der Gefahrtragung des Verkäufers
§ 1: Zufällige Ereignisse, die während des Zählens, Wiegens, Messens oder Kennzeichnens von Sachen auftreten, die üblicherweise nach diesen Kriterien bestimmt werden, werden bereits vom Käufer getragen, sobald die Sache zur Verfügung gestellt wurde.
- Beispiel: Ein Unternehmen kauft Gläser. Wenn beim Zählen der Kisten eine Kiste zerbricht, trägt der Käufer den Schaden.
§ 2: Die Risiken gehen auch auf den Käufer über, wenn dieser sich im Annahmeverzug befindet, nachdem ihm die Sache rechtzeitig, am richtigen Ort und in ordnungsgemäßem Zustand zur Verfügung gestellt wurde.
- Beispiel: Der Verkäufer bietet dem Käufer die Ware zur Abholung an, aber dieser nimmt sie nicht an. Verkauft der Verkäufer eine Herde und teilt dem Käufer Tag und Uhrzeit der Abholung mit, erscheint dieser aber nicht, und zwei Tiere sterben in der Zwischenzeit, trägt der Käufer den Verlust.
Sonderklauseln im Kaufvertrag
Retrovenda (Wiederkaufsvorbehalt) – Art. 505
Konzept: Die Retrovenda ist eine Nebenabrede, bei der sich der Verkäufer das Recht vorbehält, die verkaufte Immobilie innerhalb einer Frist von maximal drei Jahren zurückzukaufen. Er muss dazu den erhaltenen Kaufpreis sowie die dem Käufer entstandenen Kosten erstatten, einschließlich der Kosten für notwendige Verbesserungen oder solcher, die mit schriftlicher Genehmigung des Verkäufers durchgeführt wurden.
Rechtliche Natur der Retrovenda
Die Retrovenda ist ein akzessorisches Geschäft (Zusatzgeschäft). Die Unwirksamkeit dieser Klausel macht die Hauptverpflichtung nicht ungültig. Sie wird als auflösende Bedingung betrachtet, die zur Auflösung des ursprünglichen Verkaufs und zur Wiederherstellung des vorherigen Zustands führt. Sie betrifft nur Immobilien.
Historisches Beispiel: Die Terracap nutzte diese Klausel beim Verkauf von Grundstücken zu niedrigen Preisen, um die Käufer zum Bau zu verpflichten. Wurde nicht gebaut, konnte die Terracap das Grundstück zurückfordern.
Vorkaufsrecht (Preemption) – Art. 513
Konzept: Das Vorkaufsrecht ist eine Nebenabrede, bei der sich der Käufer einer beweglichen oder unbeweglichen Sache verpflichtet, diese zuerst dem ursprünglichen Verkäufer anzubieten, falls er sie in Zukunft weiterverkaufen möchte.
Das Vorkaufsrecht kann nur ausgeübt werden, wenn der Käufer die gekaufte Sache tatsächlich verkaufen will; er kann nicht dazu gezwungen werden.
Abgrenzung zur Retrovenda
Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass das Recht auf Rückkauf beim Vorkaufsrecht nur dann entsteht, wenn der Käufer die Absicht hat, die Sache zu verkaufen. Bei der Retrovenda hingegen hat der ursprüngliche Verkäufer das Recht, die Sache zurückzufordern, auch wenn der Käufer sie nicht verkaufen möchte, solange die Frist nicht abgelaufen ist.