Kieferorthopädische Geräte: Typen, Funktion & Anwendung

Eingeordnet in Elektronik

Geschrieben am in Deutsch mit einer Größe von 7,11 KB

Hawley-Platte

Die Hawley-Platte ist ein herausnehmbares kieferorthopädisches Gerät, das primär eine passive Funktion erfüllt, beispielsweise zur Retention nach einer aktiven Behandlungsphase.

Bestandteile:

  • Drahtelemente: Diese dienen dazu, die Platte sicher im Mund zu halten. Ein typisches Element ist der vestibuläre Drahtbogen (oft 0,9 mm stark), der an den Außenflächen der Frontzähne anliegt. Die Enden dieses Bogens sind häufig omegaförmig mesial der Eckzähne gebogen.
  • Kunststoffbasis: Die Basis aus Acrylharz liegt dem Gaumengewölbe (bei Oberkieferplatten) oder dem Alveolarfortsatz lingual (bei Unterkieferplatten) an und stabilisiert das Gerät.

Dehnplatte

Die Dehnplatte ist ein aktives, herausnehmbares kieferorthopädisches Gerät. Sie ähnelt der Hawley-Platte, enthält aber zusätzlich eine oder mehrere Dehnschrauben. Durch das Aktivieren der Schraube werden Kräfte erzeugt, die auf die Kunststoffsegmente und somit auf die Zähne und den Kiefer übertragen werden. Dies dient beispielsweise der transversalen Erweiterung des Oberkiefers.

Aufbissplatte:

Manchmal sind bei Kieferkompressionen, insbesondere bei asymmetrischen Situationen (z.B. einseitiger Kreuzbiss), Modifikationen der Dehnplatte notwendig. Eine Aufbissplatte kann integriert werden, um den Biss auf der Gegenseite des Kreuzbisses zu erhöhen. Dies erleichtert die transversale Bewegung und kann die Okklusion entkoppeln.

Federn

Federn sind elastische Drahtelemente, die in kieferorthopädische Platten integriert werden. Ihre Hauptfunktion ist die Expansion oder die gezielte Bewegung (Versionierung, Kippung) von Zähnen. Sie üben kontinuierliche, leichte Kräfte auf die Zähne aus, entweder von bukkal (außen), palatinal (gaumenseitig) oder lingual (zungenseitig).

Gesichtstypen (Wachstumsmuster)

Die individuellen Wachstumsmuster des Gesichts spielen eine wichtige Rolle in der Kieferorthopädie.

Dolichofazial:

Dieser Gesichtstyp ist durch ein überwiegend vertikales Wachstumsmuster gekennzeichnet. Dies führt oft zu einem optisch länglichen, schmalen Gesicht. Häufig ist bei diesem Typ eine seitliche Kompression des Oberkiefers (schmaler Oberkiefer) zu beobachten.

Brachyfazial:

Hier dominieren horizontale Wachstumsparameter, was zu einem eher quadratischen, breiten und oft kürzeren Gesicht führt. Die Kaumuskulatur (z.B. M. buccinator, M. masseter) ist oft kräftig entwickelt. Dieser Typ ist häufig bei Malokklusionen wie der Klasse II/2 (Angle-Klasse II, Abteilung 2) mit tiefem Biss anzutreffen.

Mesofazial:

Beim mesofazialen Typ besteht ein ausgewogenes Verhältnis zwischen vertikalen und horizontalen Wachstumsparametern. Grundsätzlich kann jede Art von Malokklusion bei diesem Gesichtstyp vorkommen.

Platzhalter

Platzhalter sind festsitzende oder herausnehmbare kieferorthopädische Geräte. Sie werden eingesetzt, um nach vorzeitigem Milchzahnverlust den Platz für die nachfolgenden bleibenden Zähne zu sichern und haben somit eine wichtige Funktion im wachsenden Gebiss, um spätere Fehlstellungen zu vermeiden.

Herausnehmbare Platzhalter (Kinderprothese):

Eine partielle Kunststoffprothese (ähnlich einer kleinen Teilprothese) wird verwendet, wenn mehrere Zähne vorzeitig verloren gegangen sind. Sie stellt die Kaufunktion und Ästhetik wieder her und hält den Platz für die bleibenden Zähne offen.

Band-Loop-Platzhalter:

Dieser festsitzende Platzhalter besteht aus einem Stahlband, das auf einem Ankerzahn (meist ein Milchmolar) zementiert wird. An diesem Band ist ein Drahtbügel (Loop) angeschweißt, der sich bis zum Nachbarzahn erstreckt und so die Lücke mesial des Ankerzahns offen hält.

Kronen-Loop-Platzhalter:

Ähnlich dem Band-Loop-Platzhalter, jedoch wird hier eine konfektionierte Stahlkrone auf einem Milchmolaren zementiert. An dieser Krone ist ebenfalls ein Drahtbügel angeschweißt, der den Platz für den Durchbruch des ersten bleibenden Molaren und/oder des Eckzahns sichert.

Funktionskieferorthopädische Geräte

Diese Geräte nutzen körpereigene Muskelkräfte zur Beeinflussung des Kieferwachstums und der Zahnstellung.

Funktionsregler nach Fränkel:

Der Funktionsregler (FKO) nach Fränkel basiert auf der Theorie des orofazialen Gleichgewichts. Er geht davon aus, dass äußere Kräfte (von Lippen und Wangen, z.B. M. buccinator) und innere Kräfte (von der Zunge) die Zahnbogenform beeinflussen. Ein Ungleichgewicht dieser Kräfte kann zu Fehlentwicklungen führen. Das Gerät besteht aus Kunststoffschilden, die im Mundvorhof (Vestibulum) platziert werden:

  • Seitliche Schilde: Im Bereich der Wangen, um den Druck des M. buccinator von den Zahnbögen fernzuhalten und so eine transversale Nachentwicklung zu ermöglichen.
  • Frontale Lippenschilde (Pelotten): Beidseits des Lippenbändchens (Frenulum), um den Lippendruck zu reduzieren und die Entwicklung des vorderen Zahnbogens zu fördern.

Ziel ist es, den Zahnbogen von ungünstigen äußeren Kräften zu befreien und eine harmonische Entwicklung zu unterstützen.

Bimler-Gerät:

Das Bimler-Gerät ist ein weiteres funktionskieferorthopädisches Gerät. Charakteristisch sind oft filigrane Drahtelemente und ein skelettierter Aufbau. Es kann einen dickeren Drahtbogen (Labialbogen) enthalten, der oft mit Omega-Schlaufen versehen ist und mesial der ersten Molaren beginnt und bis in den Frontzahnbereich reicht. Es können auch einfache Federn zur Bewegung einzelner Zähne integriert sein.

Nance-Haltebogen (Nance Button):

Der Nance-Haltebogen ist ein festsitzendes Gerät, das typischerweise an Bändern auf den ersten oberen bleibenden Molaren befestigt wird. Er dient primär der Verankerung, d.h. der Stabilisierung der Molarenposition, z.B. um ein Nach-vorne-Wandern (Mesialdrift) zu verhindern. Er kann auch zur Derotation der Molaren eingesetzt werden. Der Nance-Haltebogen besteht aus Drähten, die von den Molarenbändern zu einer Kunststoffpelotte (Button) im vorderen Gaumenbereich führen. Diese Pelotte stützt sich am Gaumen ab. Die Drähte können Schlaufen aufweisen, bevor sie an den Bändern angelötet werden. Er wird oft in Kombination mit anderen Apparaturen oder nach Extraktionen verwendet.

Transpalatinalbogen (TPA):

Der Transpalatinalbogen ist ein festsitzendes Gerät, das aus einem dicken Draht besteht, der die ersten oberen Molaren auf beiden Seiten des Zahnbogens über den Gaumen hinweg verbindet. Der Draht verläuft mit einem Abstand von ca. 1-3 mm zur Gaumenschleimhaut. In der Mitte weist er häufig eine Omega-Schlaufe auf, die meist nach dorsal (hinten) zeigt. Der TPA dient der Verankerung, Stabilisierung, Derotation oder auch leichten Expansion oder Kompression der Molarenbreite.

Verwandte Einträge: