Kindeswohlgefährdung: Verfahren, Diagnose und Schutzmaßnahmen

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Rechtliche und polizeiliche Verfahren

Liegt kein offensichtlicher Schaden durch Missbrauch vor, aber die Begleitumstände des Kindes lassen auf eine Gefährdung schließen (auch wenn im Notfall keine offensichtlichen Schäden vorliegen, aber der Schweregrad hoch ist), besteht die Pflicht, dies dem Gericht (Juzgado) mitzuteilen.

Im Polizeibereich gibt es zwei Verfahrensweisen:

  1. Reguläres Vorgehen: Kommunikation mit den Sozialdiensten (ESS), um die zuständige Stelle zu informieren oder ein Verfahren zur Risikobewertung einzuleiten.
  2. Dringendes Vorgehen: Wenn die Intensität der Verletzung, Vernachlässigung oder des Missbrauchs das Leben des Kindes gefährdet. Dies initiiert die Kommunikation mit der Staatsanwaltschaft zur Einleitung weiterer Ermittlungen.

Phasen der Intervention durch Jugendämter/Sozialdienste

Die Sozialdienste führen folgende Schritte durch:

  1. 1. Meldung und Datenerfassung

    Erfassung der Meldedaten des Kindes, der Eltern und Geschwister. Die Meldung erfasst Informationen über die betroffene Person, die in Anspruch genommenen Dienste, den niedrigsten Kontakt auf der Akte und den Standort des Informanten.

  2. 2. Fallstudie und Interventionsphase

    In dieser Phase wird festgestellt, ob Missbrauch vorliegt, wie schwerwiegend die Situation ist und welche angemessenen Maßnahmen zu ergreifen sind. Es können verschiedene Methoden der Datenerhebung genutzt werden (z. B. Interviews, Berichte).

  3. 3. Bewertung und Diagnose

    Dies ist die grundlegende Aufgabe der spezialisierten Teams, die Gründlichkeit und Objektivität erfordert. Das vorgeschlagene Vorgehen muss der Bedeutung der Entscheidungen und Maßnahmen entsprechen, wie z. B. die Trennung des Kindes von der Familie und die Unterbringung in einem Heim.

    Die Ziele dieser Phase sind:

    • Missbrauch zu ermitteln.
    • Die Ursachen der Situation aufzuzeigen.
    • Den Eltern die festgestellten Aufgaben sowie die Stärken der Familie darzulegen.
    • Defizite und notwendige familiäre Veränderungen zu identifizieren, die möglicherweise die Behandlung stören könnten.

    Diese Informationen können durch standardisierte Fragebögen oder durch Beobachtungstechniken und Interviews gewonnen werden.

  4. 4. Formulierung der Prognose

    Unter Berücksichtigung aller vorhergehenden Stufen wird die Prognose gestellt. Die Prognose kann sein:

    • Positiv oder zweifelhaft: Es bestehen Chancen für eine erfolgreiche Intervention und familiäre Veränderung.
    • Negativ: Es besteht keine Möglichkeit einer familiären Intervention. Als negativ gelten Situationen wie sexueller Missbrauch, chronische Anfälligkeit, unkontrollierte Gewalt, Eltern mit geistiger Behinderung, Drogen- oder Alkoholmissbrauch, oder wenn keine Motivation zur Veränderung vorhanden ist.
  5. 5. Erlass von Schutzmaßnahmen

    Schließlich werden Schutzmaßnahmen erlassen, die durch das Gesetz 12/08 über den Schutz des Kindes in der Gemeinde festgelegt sind. Diese Maßnahmen fließen in die Gestaltung des Interventionsplans ein.

Präventionsstrategien

Primäre Prävention (Familie und Gesellschaft)

Die primäre präventive Intervention in der Familie zielt darauf ab, gefährliche familiäre Situationen zu verringern oder zu beseitigen. Ziele sind:

  • Beseitigung oder Verringerung von Situationen, die zu Beziehungsinstabilität führen können.
  • Verbesserung der Abwehrmechanismen des Einzelnen durch Schulung.
  • Schaffung von öffentlichem Bewusstsein darüber, was Kindesmissbrauch ist.
  • Sicherstellung, dass Fachkräfte die Fähigkeit besitzen, dieses Problem zu lösen.

Maßnahmen auf gesellschaftlicher Ebene umfassen:

  • Begrenzung von Gewalt auf allen Ebenen.
  • Anerkennung der Rechte des Kindes.
  • Änderung der Akzeptanz von „erzieherischen Ohrfeigen“.

Sekundäre Prävention (Früherkennung)

Die sekundäre Prävention beinhaltet die Früherkennung von gefährdeten Familien und Kindern. Dies muss durch jeden Dienst erfolgen, der Fachkräfte beschäftigt, die Kinder betreuen (Schulen, Gesundheitszentren usw.).

Prävention, Schutz und Förderung sind die Aufgabe aller. Deshalb ist es wichtig, nicht stehen zu bleiben, sondern zu handeln.

„Das Mindeste, was wir im Dienst tun können, ist, ihn zu verstehen.“ – José Ortega y Gasset

„Ein Haus ist stark und unverwüstlich, wenn es von diesen vier Säulen gehalten wird: tapferer Vater, weise Mutter, gehorsamer Sohn, selbstgefälliger Bruder.“ – Konfuzius

„Ein Zuhause ist, wo man erwartet wird.“ – Antonio Gala

Erkennung und Bewertung Sozialer Gefährdung

Definition und Indikatoren Sozialer Gefährdung

Soziale Gefährdung liegt vor, wenn das Kind verletzt wird oder direkte/indirekte Folgen des Mangels an Aufmerksamkeit für seine Grundbedürfnisse erleidet, was als Misshandlung gilt. Misshandlung ist nicht zufällig, sondern beabsichtigt und hat körperliche oder emotionale Auswirkungen.

Formen des Missbrauchs

Missbrauch kann unterteilt werden in:

  • Aktiver Missbrauch: Körperliche Misshandlung, sexueller Missbrauch, emotionaler Missbrauch.
  • Passiver Missbrauch (Verwahrlosung): Körperliche Verwahrlosung, emotionale Vernachlässigung.
  • Weitere Formen: Ausbeutung, pränataler Missbrauch, institutioneller Missbrauch, Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom.

Obwohl die Familie das ideale Umfeld für die umfassende Bildung und Entwicklung von Kindern ist, können Faktoren dazu führen, dass dieses schützende Umfeld zu einer feindlichen Umgebung wird, in der Schutz fehlt.

Damit ein Kind in dieser Situation geschützt werden kann und seine Familie die notwendige Hilfe erhält, ist die erste Voraussetzung, dass jemand von der Situation weiß. Die Meldung kann durch die breite Öffentlichkeit oder durch Fachkräfte mit Kontakt zum Kind oder zur Familie erfolgen.

Indikatoren zur Erkennung

Zur Erkennung möglicher Missbrauchsfälle müssen bestimmte Indikatoren bekannt sein:

  • Materielle Indikatoren: Anzeichen, Verletzungen.
  • Bizarres Verhalten des Kindes: Angst, geringes Selbstwertgefühl.
  • Elterliches Verhalten: Treibende Einstellung, repressive Haltung.

Verfahren zur Informationssammlung nach Sektor

Die Berufsgruppen, die am ehesten solche Situationen erkennen, sind die Bildungs-, Gesundheits- und Polizeidienste sowie die Sozialdienste. Die Informationssammlung unterscheidet sich je nach Berufszweig.

Bildungswesen (Schule)

Im Bildungsbereich gibt es ein sogenanntes Entdeckungsprotokoll, das vier Gruppen von Indikatoren umfasst (Aussehen, soziale Aspekte des Verhaltens, akademische Leistungen, Familienfragen), mit drei Häufigkeitsgraden (nie, manchmal oder immer) und insgesamt 68 Artikeln.

Vorgehen in nicht dringenden Fällen:

Jeder Lehrer informiert die Erziehungsberechtigten, wenn er einen Gefährdungsindikator erkannt hat. Der Vormund informiert die Schulberatungsdienste und die zuständige Abteilung, die die Situation bewertet und entscheidet, ob die Teams der Sozialdienste informiert werden sollen.

Vorgehen in Notfällen:

Jede Lehrkraft kann den Fall dem Direktor melden. Das Team kann die Sozialdienste oder die Polizeiwache informieren und sich mit ihnen koordinieren.

Gesundheitswesen

Im Gesundheitswesen sind obligatorische ärztliche Berichte erforderlich. Zusammen mit der Sozialarbeiterin wird die Staatsanwaltschaft und die Sozialdienste (SSE) informiert.

Das Ziel der ersten Einschätzung bei mutmaßlichem Missbrauch ist es, die Situation angemessen zu klassifizieren, um entsprechend handeln zu können.

Polizeibereich

Bei der Polizei gibt es zwei Arten von Berichten:

  • Berichte, die der Abteilung für soziale Wohlfahrt vorgelegt werden.
  • Umfassendere Berichte, die an Richter, Staatsanwälte und untergeordnete territoriale Stellen gerichtet sind.

Ersteinschätzung durch Sozialdienste

Die Sozialdienste erhalten Informationen über das Kind, den mutmaßlichen Täter, die Situation oder das Erkennungsereignis sowie Informationen über die meldende Person. Anhand dieser Informationen müssen die Kinderschutzdienste eine erste Einschätzung der Schwere der gemeldeten Situation vornehmen. Dabei werden die Verfahren und die entsprechende Berichterstattung festgelegt.

Es wird festgestellt, ob das Kind in Gefahr ist, basierend auf:

  • Art und Lage der Verletzungen.
  • Grad der Verletzlichkeit des Kindes.
  • Häufigkeit des Missbrauchs.
  • Verhalten der Eltern und des Kindes.
  • Zusammenleben des Angreifers mit dem Kind.
  • Einstellung der Familie.

Die Bewertung der Informationen erfolgt in Abstimmung mit dem Fachbereich, in dem die Gefährdung entdeckt wurde.

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