Kognitive und Moralische Entwicklung in der Adoleszenz

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Merkmale des Formal-Operationalen Denkens (Piaget)

1. Realität als Teilmenge des Möglichen

Das formale Denken unterscheidet sich vom konkreten Denken durch folgende Aspekte:

  • Logisches Denken: Die Fähigkeit des Denkens kreist nicht nur um reale Daten, sondern markiert einen logischen Unterschied zu den vorangegangenen konkreten Operationen.
  • Vorausschau und Transzendenz: Jugendliche können Situationen voraussehen und über die aktuellen Daten hinausgehen (Transzendenz). Sie sind in der Lage, Szenarien vorzustellen und festzustellen, dass ein bestimmter Aspekt der Wirklichkeit von einer Reihe von Faktoren abhängt.
  • Kombinatorische Fähigkeit: Dank dieser Fähigkeit und der Beherrschung der Kombinatorik kann jede Ursache mit einer Wirkung in Verbindung gebracht werden, wobei alle möglichen Ursachen für den Effekt berücksichtigt werden.
  • Flexibilität: Die Logik ist flexibler; das konkrete Denken war viel linearer und besaß nicht die Flexibilität, Daten zu verknüpfen.

2. Hypothetisch-Deduktives Denken

In der Pubertät nehmen Abstraktionen die Form von Hypothesen an. Das Individuum entwickelt eine Strategie, bei der eine ganze Reihe möglicher Erklärungen formuliert und durch empirische Bestätigung getestet werden. Um diese Hypothesenbildung erfolgreich durchzuführen, muss das Denken auch deduktiv sein, um die Konsequenzen von Handlungen in der Realität ableiten zu können.

Die Nutzung des hypothetisch-deduktiven Denkens ist der Kern des wissenschaftlichen Denkens, da es nicht nur Hypothesen zur Erklärung von Tatsachen formuliert, sondern auch in der Lage ist, den Wert dieser Hypothesen zu überprüfen.

3. Status der Aussagenlogik

Um über mögliche Tatsachen nachzudenken und zu argumentieren, arbeitet die geistige Tätigkeit nicht nur mit realen Objekten, sondern auch mit deren Repräsentationen:

  • Sprache als Vehikel: Das Vehikel für diese Darstellungen ist die Sprache, die eine fundamentale Rolle im formalen Denken spielt.
  • Abstraktion: Die Abstraktion der Realität ist nur durch die Sprache möglich.

Zur Lösung von Problemen, bei denen das Subjekt keinen experimentellen Weg hat, zieht es Schlussfolgerungen durch verbal ausgedrückte Argumentation:

  • Verwendung verbaler Präpositionen.
  • Die Sprache ist das Mittel, das diese Vorstellungen entwickelt und eine enorme Bedeutung im formalen Denken hat.

Moralische Entwicklung nach Kohlberg

Menschen durchlaufen eine Reihe von Schritten, um höhere Ebenen der moralischen Argumentation zu erreichen.

1. Präkonventionelle Ebene

In der Kindheit ist das Gute unabhängig von der Absicht des Subjekts. Einige Jugendliche verbleiben auf diesem Niveau, aber die meisten entwickeln eine fortgeschrittenere moralische Argumentation.

2. Konventionelle Ebene

Jugendliche entwickeln ihre moralischen Urteile basierend auf den Erwartungen der sozialen Gruppe. Die Gründe, den Regeln der Gesellschaft zu folgen, sind die Zustimmung anderer und eine positive Meinung über das eigene Verhalten:

  1. In der ersten Phase geht es darum, sich vor anderen als „guter Mensch“ zu zeigen.
  2. In einem fortgeschritteneren Stadium gibt es eine stärkere Orientierung an Recht und Ordnung zum Wohle der Gemeinschaft.

3. Postkonventionelle Ebene

Das Verhalten wird hier auf der Grundlage universeller Menschenrechtsprinzipien beurteilt, die über gesellschaftliche Normen hinausgehen. Das Individuum konstruiert Prinzipien, die über die sozial etablierten Regeln überwiegen. Nur einige moralische Subjekte entwickeln sich während der späten Adoleszenz in diese Endphase der moralischen Argumentation.

Kognitive Faktoren und Moral

Kognitive Faktoren sind eine notwendige Voraussetzung, um Fortschritte in der moralischen Argumentation zu machen. Die Fähigkeit zum abstrakten Denken lässt die Sorge um den Begriff der Gerechtigkeit entstehen. Die Entwicklung der Perspektivübernahme ermöglicht es, verschiedene Standpunkte einzunehmen, die eigenen zu erweitern und die Sorge um die Meinungen anderer sowie die Konsequenzen der eigenen Handlungen für andere Personen zu erhöhen.

Kritik an Kohlbergs Theorie

Kohlbergs Theorie liegt eine wichtige empirische Unterstützung zugrunde, wurde aber in einigen Aspekten kritisiert:

  1. Eine kleine Anzahl von Probanden erreicht die postkonventionelle Ebene, insbesondere in weniger entwickelten Gesellschaften.
  2. Die Tatsache, dass Kohlberg das Modell auf Interviews mit Männern aufbaute, macht die Extrapolation auf Frauen fragwürdig.

Vergleich der Moralentwicklung (Piaget und Kohlberg)

Piaget: Übergang der Moral

Übergang von der heteronomen zur autonomen Moral:

  • Heteronome Moral: Gehorsam und Respekt vor den Regeln des Erwachsenen.
  • Autonome Moral: Regeln entstehen durch Kooperation, gegenseitige Rücksichtnahme und Konsens.

Kohlberg: Übergang der Moral

Übergang von der präkonventionellen zur konventionellen Moral:

  • Präkonventionelle Moral: Regeln müssen befolgt werden, da sie von der Autorität erlassen wurden, um Strafen zu entgehen.
  • Konventionelle Moral: Regeln müssen befolgt werden, um harmonische menschliche Beziehungen aufrechtzuerhalten und die soziale Funktion zu gewährleisten.

Auswirkungen des Pubertäts-Timings

Frühe Pubertät

Die vorzeitige Pubertät ist in der Regel häufiger bei Mädchen als bei Jungen.

  1. Mädchen: Mädchen, die früh reifen, sind oft weniger zufrieden mit ihrem Körper als Jungen. Sie zeigen ein schlechteres Selbstbild, negativere emotionale Zustände, Verhaltensstörungen und Angst, Aufmerksamkeit zu erregen.
  2. Jungen: Bei Jungen ist die Situation anders: Frühreife Jungen werden von anderen positiv wahrgenommen und unterschieden (Kraft, körperliche und athletische Fähigkeit), was von Jungen stark geschätzt wird.

Wichtig: Nicht das Alter ist entscheidend, sondern eine Reihe von Variablen, die die evolutionäre Bewegung beeinflussen.

Verzögerte Pubertät

Die verzögerte Pubertät ist bei Jungen ein größeres Problem als bei Mädchen.

  1. Mädchen: Die Tatsache, dass Mädchen früher reifen als Jungen, bedeutet, dass Mädchen, die etwas später in die Pubertät kommen, mehr Zeit haben, sich auf die Veränderungen vorzubereiten, ohne dass es zu spät ist.
  2. Jungen: Spätreife Jungen finden sich in einer benachteiligten Situation wieder; sie sind kleiner und schwächer, werden selten Gruppenführer und sind unbeliebt.

Langfristige Auswirkungen

All diese Schwierigkeiten (sowohl bei frühreifen Mädchen als auch bei spätreifen Jungen) führen in der Regel nicht zu dauerhaften Auswirkungen auf die Entwicklung. Die Folgen verschwinden meist im Laufe der Adoleszenz.

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