Kolonialismus: Ursachen, Formen, Phasen und Folgen der Globalen Expansion

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Ursachen des Kolonialismus

Der Kolonialismus, insbesondere im 19. und frühen 20. Jahrhundert, war ein komplexes Phänomen, das von einer Vielzahl von Motiven angetrieben wurde.

Wirtschaftliche Motive

  • Überproduktion und neue Märkte: Europa befand sich in einer Krise der Überproduktion. Die expandierende Industrie benötigte dringend neue Absatzmärkte für ihre Produkte und Rohstoffe.
  • Ressourcen: Der Bedarf an Rohstoffen wie Edelmetallen, Baumwolle, Öl und anderen Gütern war enorm.

Politische und Ideologische Motive

  • Strategische Bedeutung: Staaten zeigten Interesse an der Sicherung strategisch wichtiger Enklaven und Gebiete. Für Großbritannien hatten beispielsweise Gibraltar, Singapur und Hongkong eine immense strategische Bedeutung.
  • Anerkennung und Prestige: Für Länder wie Frankreich bedeutete die Ausdehnung des Kolonialreiches internationale Anerkennung und Prestige.
  • Nationalismus: Die nationalistischen Gefühle in Europa zu dieser Zeit förderten den Wunsch nach imperialer Größe.
  • Zivilisierungsmission: Der Wunsch, die westliche Kultur und Zivilisation den kolonisierten Völkern aufzuzwingen, wurde oft als Rechtfertigung herangezogen.

Demografische und Soziale Motive

  • Bevölkerungswachstum: Das rasante Bevölkerungswachstum in Europa führte zu sozialen Problemen und Arbeitslosigkeit.
  • Auswanderung: Die Auswanderung in die Kolonien war eine Reaktion auf den Bevölkerungsdruck und bot neue Lebensperspektiven.

Formen des Kolonialismus

Die Kolonialmächte entwickelten verschiedene Systeme zur Kontrolle und Ausbeutung der eroberten Gebiete.

  • Siedlerkolonien

    Dies waren Gebiete, in denen sich eine große Zahl europäischer Einwanderer niederließ. Ziel war es, das Land zu nutzen und die indigene Bevölkerung oft zu verdrängen oder zu unterwerfen. Beispiele hierfür sind Kanada, Australien oder Südafrika.

  • Ausbeutungskolonien

    In diesen Kolonien wurden große Unternehmen und militärische sowie administrative Beamte eingesetzt, um die natürlichen Ressourcen und die Arbeitskraft der einheimischen Bevölkerung auszubeuten. Der Fokus lag auf der Gewinnung von Rohstoffen und der Schaffung von Absatzmärkten für die Metropole.

  • Konzessionssysteme

    Hierbei wurden große Flächen an private europäische Unternehmen verpachtet, die von der indigenen Regierung oder den europäischen Mächten die Erlaubnis erhielten, die wirtschaftlichen Interessen der Kolonialmacht zu vertreten und auszubeuten.

Phasen der Kolonialen Expansion

Die Bildung und Ausdehnung der Kolonialreiche durchlief typischerweise mehrere Phasen.

  1. Entdeckung und Innovation

    Die Steigerung des Interesses an neuen Gebieten wurde durch geografische Entdeckungen und technologische Innovationen (z.B. in der Schifffahrt und Waffentechnik) vorangetrieben. Dies ermöglichte die Erkundung und den Zugang zu bisher unerforschten Regionen in Afrika, Asien und Ozeanien.

  2. Militärische Eroberung und Besetzung

    Die Entdeckung und Erkundung wurde oft von militärischen Eroberungen gefolgt. Europäische Mächte kämpften um die Vorherrschaft über diese Gebiete, was zur Besetzung und Unterwerfung der lokalen Bevölkerung führte.

  3. Verwaltung und Wirtschaftliche Nutzung

    Nach der Eroberung folgte die administrative Organisation der Kolonien. Dies stellte oft Managementprobleme dar, weshalb die Kolonialmächte häufig mit Stammesführern zusammenarbeiteten, um die Kontrolle zu sichern und die Territorien zu erkunden. Die wirtschaftliche Nutzung der neuen Gebiete brachte beträchtliche Mittel für die europäischen Staaten, beispielsweise durch die Gewinnung von Edelmetallen aus Minen, die Vergabe von Großgrundbesitz an private Unternehmen und die Einrichtung von Plantagen.

Folgen des Kolonialismus

Der Kolonialismus hatte tiefgreifende und oft verheerende Auswirkungen auf die kolonisierten Gebiete und ihre Bevölkerung.

  • Wirtschaftliche Abhängigkeit

    Die Kolonien gerieten in ein Verhältnis der wirtschaftlichen Abhängigkeit von der Metropole. Ihre Wirtschaft wurde auf die Bedürfnisse der Kolonialmacht ausgerichtet, was die Entwicklung eigener Industrien behinderte.

  • Sozio-demografische und Politische Veränderungen

    Die Kolonisation führte zum Verschwinden indigener sozialer Organisationen und zur Einführung neuer sozialer Klassen. Eine neue Elite, bestehend aus Diplomaten, Geschäftsleuten, europäischen Beamten und Militärs, dominierte die politische und administrative Landschaft.

  • Kulturelle Dominanz und Identitätsverlust

    Die militärische, wirtschaftliche und kulturelle Dominanz der Kolonialmächte führte zum Verlust der Identität der kolonisierten Völker. Die westliche Kultur wurde auf Gewohnheiten, Überzeugungen, kulturelle Werte und Sprache übertragen, oft unterdrückte sie lokale Traditionen.

Die Europäischen Kolonialreiche und weitere Mächte

Im Zeitalter des Imperialismus bildeten sich weltweit große Kolonialreiche heraus.

  • Das Britische Empire

    Das Britische Empire war das größte Reich der Neuzeit. Seine kolonialen Besitzungen erstreckten sich über alle Kontinente. Die Briten kontrollierten Teile Kanadas und Amerikas, Gebiete in Ozeanien und der Karibik sowie strategisch wichtige Enklaven wie Gibraltar, Singapur und Hongkong. In Afrika gelang es ihnen, eine durchgehende Verbindung von Kairo im Norden bis Kapstadt im Süden zu schaffen, was durch den Suezkanal für den Handel von entscheidender Bedeutung war. In Asien eroberten sie Indien, das nicht nur Öllieferungen, sondern auch Produkte wie Baumwolle, Weizen und Tee lieferte.

  • Das Französische Kolonialreich

    Das Zweite Französische Kolonialreich erweiterte seine Dominanz über große Teile Nordostafrikas, reiche Gebiete Asiens und des pazifischen Raums.

  • Das Deutsche Kolonialreich

    Deutschland stieg erst spät in die Kolonisierung ein, ab etwa 1880. Dies führte zu einer aggressiven Expansionspolitik, da die meisten Gebiete bereits von anderen Mächten besetzt waren. Auf der Berliner Konferenz wurden Deutschland Gebiete wie Deutsch-Südwestafrika und der Golf von Guinea in Afrika zugesprochen. Zudem eroberten sie einige Inseln im Pazifik.

  • Belgien und Italien

    Belgien und Italien konzentrierten ihre kolonialen Bestrebungen hauptsächlich auf den afrikanischen Kontinent.

  • Das Russische Reich

    Russland eroberte viele Gebiete und organisierte sich ebenfalls als Kolonialreich, das sich über weite Teile Eurasiens erstreckte.

  • Die Vereinigten Staaten

    Die nicht-europäischen Staaten des amerikanischen Kontinents gerieten unter den politischen und wirtschaftlichen Einfluss der Vereinigten Staaten. Obwohl die USA die Inseln Kuba und Puerto Rico kontrollierten, basierte ihr Imperialismus nicht primär auf der Annexion von Territorien, sondern auf wirtschaftlicher und politischer Hegemonie.

  • Japan

    Nach dem Krieg gegen China eroberte Japan die chinesische Insel Formosa (Taiwan), eine wichtige Enklave, und etablierte sich als aufstrebende Kolonialmacht in Asien.

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