Kunst und Gesellschaft im 19. und frühen 20. Jahrhundert

Neoklassizismus: Merkmale und Beispiele

Die Erweiterung der dargestellten Reisen, die revolutionären Ereignisse in Frankreich und die Entdeckung bedeutender archäologischer Stätten der Antike prägten einen neuen Stil, den Neoklassizismus, der den Klassizismus wiederbelebte. Die Künstler suchten die Schönheit und Reinheit der Linien und nicht die Ornamentik oder luxuriöse Architektur. Die Architektur war speziell von griechischen Modellen inspiriert: dorische Säulen und Giebel mit skulpturaler Dekoration.

Hervorzuhebende Gebäude in Spanien sind zum Beispiel das Prado-Museum in Madrid, die Llotja de Mar in Barcelona und die Königliche Tabakfabrik in Sevilla.

Romantik: Freiheit, Nationalismus und Künstler

Romantische Künstler forderten völlige künstlerische Freiheit und lehnten alle gültigen Normen der klassischen Kunst des 18. Jahrhunderts ab. Statt der Modelle der griechischen und römischen Antike wurde das Mittelalter als Vorbild genommen, und vor dem klassischen Universalismus wurde der Nationalismus proklamiert.

Viele romantische Künstler, Schriftsteller, Maler und Musiker engagierten sich in liberalen und nationalen Kreisen und halfen mit ihren Werken, diese Ideen zu verteteidigen und zu verbreiten. Dies ist der Fall von Schriftstellern wie Byron und Espronceda, von Musikern wie Verdi und Wagner oder Malern wie Delacroix und Géricault.

Realismus: Kunst als Spiegel der Gesellschaft

Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Romantik kulturell durch eine neue Bewegung verdrängt: den Realismus. Der Wandel des künstlerischen Stils hatte verschiedene Ursachen:

• Die voranschreitende Industrialisierung deckte eklatante Widersprüche auf.
• Sie zeigte, dass das neue System auch Elend, Kinderarbeit, Ausbeutung usw. mit sich brachte.

Der Realismus in Spanien beeinflusste Maler wie Joaquín Sorolla und Eduardo Rosales.

Architektur des Industriezeitalters: Eisen & Zement

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts führten zwei miteinander verbundene Faktoren der Industriellen Revolution zu einer Erneuerung in der Architektur:

1. Die neuen Materialien und das Aufkommen ihrer Produktion: die Nutzung von Eisen und Stahl.
2. Die Erfindung des Stahlbetons als Baumaterial und die Popularisierung von Glasfassaden ermöglichten den Bau sehr unterschiedlicher Gebäude.

Eisen im Bauwesen: Innovation und neue Strukturen

Die Anwendung von Eisen im Bauwesen verstärkte sich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts, als es möglich wurde, Stahl in großen Mengen zu produzieren. Eisen ermöglichte es, weite Räume mit wenigen Stützen zu überdachen, was für die neuen Betriebe der Industriegesellschaft von größter Bedeutung war. Damit wurden auch Brände verhindert, die bei Holzkonstruktionen sehr häufig waren.

Märkte, große Hallen, Werkstätten und Bahnhöfe waren neue Strukturen, die entstanden. Beim Bau dieser Gebäude waren Ingenieure und Architekten gleichermaßen beteiligt. So eröffnete die Eisenarchitektur eine neue Ära, in der Technologie und Kunst Hand in Hand gingen.

Impressionismus: Licht, Farbe und Momentaufnahme

Merkmale des Impressionismus

Ende des 19. Jahrhunderts revolutionierte eine künstlerische Bewegung, besonders in der Malerei, die Kunstwelt und leitete die Avantgarde des 20. Jahrhunderts ein: der Impressionismus. Sein Grundprinzip war, dass der Künstler nicht malen sollte, was die Farbe ist, sondern wie er sie sieht. Dieses Prinzip bedeutete, dass die Malerei die Bedingungen des Lichts einfing, hauptsächlich in Landschaften und Freiluftszenen.

Andererseits versuchten die Maler, das Gefühl, den Eindruck des Beobachteten, je nach Lichtverhältnissen, Farbe oder Atmosphäre des Moments einzufangen. Jedes Bild wurde mit einem lockeren und schnellen Pinselstrich gemalt, was die Farbvision des Malers von der Szene zeigte.

Künstler des Impressionismus und Postimpressionismus

Hervorzuheben sind: Édouard Manet, Claude Monet, Auguste Renoir, Edgar Degas.

Zu den Postimpressionisten gehören: Henri de Toulouse-Lautrec, Vincent van Gogh und Paul Cézanne. In Spanien: Joaquín Sorolla.

Jugendstil: Naturformen und Gesamtkunstwerk

Ende des 19. Jahrhunderts entstand in Europa der Jugendstil oder Art Nouveau. Seine Ästhetik war im Wesentlichen von der Natur inspiriert, die Formen kopierte. So dominieren in den Gebäuden geschwungene Formen und üppige Dekoration.

Die modernen Künstler strebten danach, alle Künste und Handwerke zu verschmelzen. Die Entwicklung des Modernismus konzentrierte sich hauptsächlich auf drei Städte: Brüssel, Wien und Barcelona.

Bekannte Künstler sind: Antoni Gaudí und Lluís Domènech i Montaner.

Die Russische Revolution: Von Februar bis Oktober

Während des Ersten Weltkriegs, im Jahr 1917, explodierte die Bolschewistische Revolution in Russland, die Zar Nikolaus II. entthronte und den ersten kommunistischen Staat der Welt etablierte.

Die Februarrevolution 1917

Im Februar 1917 führte eine Revolution zum Sturz des Zarismus. Die Macht ging an Übergangsregierungen unter der Führung von Kerenski, und Russland wurde eine demokratische Republik. Doch später war die Revolution nicht mehr liberal-demokratisch, sondern kommunistisch, angeführt von Lenin.

Die Oktoberrevolution 1917

Die Bolschewiki strebten an, eine Regierung der Arbeiter- und Bauernräte (Sowjets) zu bilden. Ihr Programm versprach Frieden, die Landverteilung an die Bauern, die Arbeiterkontrolle über die Fabriken und eine Verstaatlichung der Banken und des Verkehrs.

Die Sowjets, von den Bolschewiki angetrieben, übernahmen die Macht, und die Provisorische Regierung Kerenskis wurde gestürzt. Lenin bildete eine Arbeiterregierung.

Stalins Diktatur: Personenkult und Unterdrückung

Stalin errichtete eine wahre Diktatur, in der die Kommunistische Partei alle Staatsorgane kontrollierte. Sein Personenkult verdächtigte jede Person. Jeder, der sich Stalin widersetzte, wurde des Sozialismusfeindes und der Unterdrückung bezichtigt, um die gesamte Gesellschaft, einschließlich der Kommunistischen Partei, zu kontrollieren.