Kunstanalysen: Velázquez' Venus & Romanik in Taüll
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Analyse ausgewählter Kunstwerke
Die Toilette der Venus von Velázquez
Die Toilette der Venus (auch bekannt als Rokeby Venus) von Diego Velázquez, entstanden um 1647–1651, ist ein Meisterwerk der spanischen Barockmalerei. Das Ölgemälde auf Leinwand misst 122,5 x 177 cm und befindet sich in der National Gallery in London.
Allgemeine Informationen
Genre: Es handelt sich um ein mythologisches Gemälde, das Venus liegend darstellt. Das Thema wurzelt in der venezianischen Malerei des 16. Jahrhunderts (Giorgione, Schlafende Venus; Tizian, Venus von Urbino oder Venus und die Musik), wird von Velázquez jedoch mit außerordentlicher Natürlichkeit und Originalität behandelt.
Thema: Eine von hinten gezeigte nackte Frau liegt auf einem Bett mit üppigen grauen Laken, geschützt von einem roten Vorhang. Sie betrachtet ihr Gesicht in einem Spiegel, den ihr Sohn Amor, der Gott der Liebe, hält. Der Spiegel ermöglicht es dem Betrachter, das Antlitz der Göttin zu erahnen, das sonst verborgen bliebe. Die dargestellten Figuren sind Venus, die Göttin der Schönheit, und ihr Sohn Amor.
Komposition des Werkes
Der weibliche Körper im Vordergrund durchzieht das Bild diagonal. Vom linken Fuß der Venus ausgehend, verfolgen Linien die Konturen des weiblichen Körpers. Diese unterstreichen die Sinnlichkeit und wiederholen ihre Kurven in den Stoffen, die sie rechts umgeben, gleiten durch die Falten der Decke, lehnen sich an die Körperkonturen an und führen nach oben zu den Rändern des roten Vorhangs. Die Figur des Amor schließt die Komposition vertikal ab und sorgt für Ausgewogenheit. Der im Bild dargestellte Raum ist klein und wirkt durch den abschließenden Vorhang im Hintergrund noch geschlossener – es gibt kein Entrinnen. Mit dieser Kompositionsweise erzeugt Velázquez ein gesteigertes Gefühl von Intimität und Nähe.
Licht und Farbe
Licht: Warmes, helles Licht umhüllt den elfenbeinfarbenen Körper der Venus, dargestellt in perfekter Beherrschung der Perspektive.
Farbe: Vorherrschend sind Weiß, Schwarz und Rot, jedoch in einer außergewöhnlichen Farbvielfalt. Wir erkennen auch einen Hauch von Ocker und eine rosa Schleife. Der große rote Fleck des Vorhangs kontrastiert mit dem Raum, in dem sich die Handlung entfaltet, und das graue Laken unterstreicht den perlmuttartigen Körper der Göttin.
Maltechnik und Stil
Maltechnik: Die Konturen sind klar. Die Pinselführung ist präzise, jedoch mit einem lockeren Pinselstrich (spanisch: mancha suelta), der die Textur andeutet.
Stil: Das Gemälde weist typische Barockmerkmale auf: eine Komposition mit vorherrschenden diagonalen Linien und Kurven, die Verwendung einer dominierenden Farbe (Rot), die dem Bild Einheit verleiht, sowie eine gewisse Vieldeutigkeit in der Bedeutung. Gleichzeitig zeigt sich Velázquez’ Klassizismus in der Ausgewogenheit der Linien, der meisterhaften Farbverwendung, dem subtilen Licht und der zarten Pinselführung sowie der originellen Herangehensweise an das mythologische Thema.
Bedeutung und Interpretation
Die Deutung des Bildes ist komplex, typisch für den Barockstil und die Art, wie Velázquez mythologische Themen behandelt: durch Humanisierung des Mythos. Zunächst scheint es eine Szene der Toilette der Venus zu sein, was selten ist, da die Göttin üblicherweise nicht in privaten Momenten dargestellt wird. Doch es fehlen bestimmte Elemente. Vor allem wirkt sie so natürlich, dass man eher eine Frau als eine Göttin sieht, die von der Einmischung des Malers/Betrachters unberührt scheint. Ist das mythologische Thema ein Vorwand, um der strengen Zensur weiblicher Akte zu entgehen? Das ist eine plausible Erklärung, bis man erkennt, dass der sinnlichen Schönheit des Körpers die eher gewöhnliche Schönheit des Gesichts gegenübersteht, schonungslos enthüllt durch den Spiegel, dessen symbolische Bedeutung doppelt ist: Er enthüllt Wahrheit und Eitelkeit. So führt uns Velázquez meisterhaft zurück auf die symbolische Ebene. In diesem Sinne deutet die Art, wie Amor den Spiegel hält – mit gefalteten Händen und einer rosa Schleife daran – darauf hin, dass sie eine „freiwillige Gefangene“ ist und symbolisiert, wie die Liebe an die Schönheit gebunden ist. Liebe, Schönheit, Wahrheit, Eitelkeit... Dies sind die Überlegungen, mit denen wir konfrontiert werden.
Einfluss des Gemäldes
Velázquez' Umgang mit dem Aktmotiv ebnete späteren Malern den Weg, den klassischen Akt freier und ohne die thematischen Einschränkungen darzustellen, die Künstler im Barock oft umgehen mussten. So malte Goya im 18. Jahrhundert Die nackte Maja, und Manet zeigte im 19. Jahrhundert in seiner Olympia den Akt einer Prostituierten, was ohne Vorbilder wie Velázquez' Venus kaum denkbar gewesen wäre.
Velázquez und seine Zeit
Trotz der wirtschaftlichen und politischen Krise erlebte Spanien im 17. Jahrhundert eine Zeit kulturellen und künstlerischen Glanzes (das „Goldene Zeitalter“). Die Auftraggeber der Künstler waren Kirchen und Klöster sowie der Adel und der Hof, der auch ausländische Künstler bevorzugte. Daher bestand der Großteil der künstlerischen Produktion aus gegenreformatorischer religiöser Malerei, Porträts und Stillleben. Landschafts-, mythologische und historische Malerei waren seltener. Akte wurden von wohlhabenden Sammlern (Aristokraten und Königen) in Auftrag gegeben und benötigten oft einen mythologischen oder allegorischen Vorwand, um nicht als sündhaft angesehen zu werden.
Diego Velázquez (1599–1660) gilt als der bedeutendste Maler des spanischen Barock und einer der Höhepunkte der Weltkunst. In seiner frühen Periode in Sevilla malte er im „tenebristischen“ Stil sehr realistische Stillleben (z.B. Alte Frau beim Eierkochen und Der Wasserverkäufer von Sevilla). Er zog 1623 nach Madrid und wurde Hofmaler Philipps IV. Er unternahm zwei Reisen nach Italien (1629 und 1648), die seine Ausbildung prägten. Er malte Porträts des Königs und seiner Familie (Philipp IV., Graf-Herzog von Olivares, Prinz Balthasar Carlos zu Pferd) sowie Porträts von Hofnarren (z.B. Das Kind von Vallecas oder Francisco Lezcano). Sein Meisterwerk ist Las Meninas, ein Gruppenporträt der Familie Philipps IV. Er malte auch mythologische Gemälde (Die Trunkenbolde (Der Triumph des Bacchus), Die Schmiede des Vulkan, Die Toilette der Venus (Rokeby Venus), Die Spinnerinnen (Die Sage der Arachne)), historische Gemälde (Die Übergabe von Breda (Las Lanzas)) und Landschaften (Ansichten der Villa Medici), was ein Novum im spanischen Kunstpanorama darstellte.
Christus Pantokrator von Sant Climent de Taüll (Romanik)
Material und Technik
Dieses Apsisfresko wurde mit der „Al-fresco“-Technik direkt auf die Wand der Kirche aufgetragen. Dabei wird auf frisch aufgebrachten, noch feuchten Putz gemalt. Ursprünglich wurde dieses Werk um 1123 für die Apsis der Kirche Sant Climent de Taüll in der katalanischen Provinz Lleida (Spanien) geschaffen. Später wurde es zum Schutz vor Verfall abgenommen und in das Museu Nacional d'Art de Catalunya in Barcelona überführt, wo es sich heute befindet.
Formale Analyse
Die Malerei zeichnet sich durch ein System von „Farbflecken“ aus, bei dem die Umrisse der Silhouetten kräftig schwarz markiert und die Innenflächen mit leuchtenden, flächigen Farben gefüllt werden. Das Ergebnis ist ein stark stilisiertes, technisch einfaches Bild, das jedoch eine enorme visuelle Wirkung und Ausdruckskraft erzielt. Charakteristisch sind die starre Linienführung, die geometrische Abstraktion und die Parallelität der Formen, was einen starken Einfluss byzantinischer Kunst und der Buchmalerei (Miniaturen) erkennen lässt.
Ikonografische Analyse
Dargestellt ist Christus als Pantokrator (Weltenherrscher), sitzend auf einem Himmelsbogen und eingeschrieben in eine Mandorla (ein mandelförmiger Heiligenschein). Dies symbolisiert seine Herrschaft über den Kosmos und seine Verbindung zur geistigen Welt. Christus erscheint als Majestas Domini, segnend mit der rechten Hand und in der linken ein offenes Buch haltend mit der lateinischen Inschrift: „EGO SUM LUX MUNDI“ („Ich bin das Licht der Welt“). Auf Schulterhöhe Christi, innerhalb der Mandorla, befinden sich die griechischen Buchstaben Alpha (Α) und Omega (Ω), eine Anspielung auf das Christuswort aus der Offenbarung: „Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende“.
Um die zentrale Christusfigur sind die Symbole der vier Evangelisten (der Tetramorph) angeordnet, meist in Kreisen oder Medaillons, entsprechend der Vision des Johannes in der Offenbarung: der Mensch/Engel für Matthäus, der Löwe für Markus, der Stier für Lukas und der Adler für Johannes. Sie bezeugen mit ihren Schriften das Leben und die Göttlichkeit Jesu.
Kommentar und kunsthistorischer Kontext
Die romanische Malerei hatte vornehmlich einen didaktischen und katechetischen Zweck: die grundlegenden Glaubenswahrheiten des Christentums zu lehren und das Wesen des allmächtigen Gottes zu vermitteln. In einer Zeit, in der Naturgewalten sowie Leben und Schicksal des Menschen als direkt von Gott abhängig angesehen wurden, spiegelt sich die Ehrfurcht (und Furcht) vor dieser höchsten Gottheit deutlich in diesem Gemälde von Sant Climent de Taüll wider. Um die göttliche Allmacht zu unterstreichen, werden künstlerische Mittel wie Geometrisierung, Frontalität, Starrheit, Bewegungslosigkeit und eine akzentuierte Feierlichkeit und Erhabenheit Gottes eingesetzt.
Weitere romanische Malerei
Andere häufige Themen in romanischen Wandmalereien sind die Epiphanie (Anbetung der Heiligen Drei Könige), wie sie beispielsweise für die Kirche Santa Maria de Taüll gemalt wurde (ebenfalls im MNAC, Barcelona). Dieses Thema stellt oft Christus thronend über den Königen dar und symbolisiert die Unterordnung der weltlichen Macht unter die göttliche. Die Figur der Jungfrau Maria erscheint häufig als Sedes Sapientiae (Sitz der Weisheit), thronend mit dem Christuskind auf dem Schoß, wobei Maria selbst als Thron für Christus dient.
Bedeutende romanische Wandmalereien schmücken auch das Königliche Pantheon der Könige von León in der Stiftskirche San Isidoro in León. Die dort dargestellten Themen sind sowohl religiöser Natur (z.B. die Verkündigung an die Hirten) als auch profaner (z.B. Monatsdarstellungen als Allegorien der Jahreszeiten).
Die romanische Malerei umfasst auch Tafelmalerei, insbesondere Altarfrontale (Antependien). In diesem Fall wird auf Holztafeln gemalt, und die zentralen Themen sind oft Szenen aus dem Leben der Heiligen, denen die jeweilige Kirche geweiht ist. Ein bekanntes Beispiel ist das Altarfrontal von Sant Quirze und Santa Julita (um 1100), das ebenfalls im Museu Nacional d'Art de Catalunya aufbewahrt wird.