Legitimation: Definition, Formen und Kritik
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Legitimation: Definition und Konzepte
Legitimation oder Legitimierung (lat. *lex* ‚Gesetz‘, ‚Rechtfertigung‘) steht für:
- Rechtfertigung faktisch bestehender Regeln; siehe *Legitimität*
- Rechtfertigung eines Staates für sein Handeln; siehe *Legitimation (Politikwissenschaft)*
- Erlangen der Rechtsstellung der Ehelichkeit eines Kindes; siehe *Unehelichkeit*
Siehe auch

Legitimation in der Politikwissenschaft
Legitimation bezeichnet in der Politikwissenschaft die Rechtfertigung eines Staates für sein hoheitliches oder nichthoheitliches Handeln bzw. dessen Ergebnis.
Formen der Legitimation
Es wird zwischen verschiedenen Formen der Legitimation unterschieden:

Schaubild: Input-Legitimation
- Die Input-Legitimation beruht auf dem normativen Prinzip der Zustimmung der Beherrschten (*government by the people*). Sie ist die in der Rechtswissenschaft vorherrschende Kategorie von Legitimation. Zur Kritik bezüglich der Input-Legitimation siehe *Legitimationskettentheorie*.
- Beispiel: Die Entscheidung eines demokratisch gewählten Parlaments, Fahrzeugführern in Zukunft die Pflicht aufzuerlegen, alle zwei Jahre einen Erste-Hilfe-Kurs zu absolvieren, ist vom Volk dadurch legitimiert, dass es die Parlamentarier, die diese Entscheidung getroffen haben, zuvor gewählt hat.

Schaubild: Throughput-Legitimation
- Die Throughput-Legitimation beruht auf der Partizipation der Beherrschten am Rechtssetzungsprozess. Ansätze in diese Richtung sind die Formen direkter Demokratie wie Volksinitiativen oder Volksabstimmungen. Eine solche Beteiligung setzt immer auch die Möglichkeit des Zugangs der Partizipierenden zu Informationen, mithin Verwaltungstransparenz bzw. Informationsfreiheit, voraus.
- Beispiel: Nach der Reformierung der Rechtschreibung spricht sich das Volk durch Volksentscheid für die Revidierung der Rechtschreibreform aus. Die daraufhin durchgeführte Revidierung der Rechtschreibreform ist vom Volk (mit-)legitimiert. Ein solches System gibt es derzeit nur in der Schweiz.

Schaubild: Output-Legitimation
- Die Output-Legitimation beruht auf dem funktionalen Prinzip der Nützlichkeit (*government for the people*). Die Akteure, die die nützlichen Leistungen erzeugen, müssen nicht unbedingt demokratisch gewählt sein oder einer anerkannten Regierung angehören.
- Beispiel: Eine von den Vereinten Nationen als Rebellengruppe bezeichnete Organisation baut Straßen, Krankenhäuser und Schulen in einer Region, in der die offizielle Regierung diese Leistungen nicht erbringt.
- Das Gottesgnadentum wird in der Regel von den Herrschern in Monarchien angewandt, wonach sie ihre Macht allein durch die Auserwählung durch Gott legitimieren. In den meisten Teilen der Welt gilt diese Art von Legitimation als veraltet, auch in Monarchien wie beispielsweise den Niederlanden. Andere Monarchien wie das Vereinigte Königreich oder Monaco halten hingegen am Gottesgnadentum fest.
Siehe auch: *Politischer Input* und *politischer Output*
Kritik an der Legitimationstheorie
Der *Kritische Rationalismus* lehnt die politische Legitimationstheorie mit ähnlichen Argumenten ab, wie er es bei der erkenntnistheoretischen Verallgemeinerung tut. Die Legitimationstheorie behauptet, eine Regierung habe das Recht, zu herrschen, wenn sie „legitim“ sei, d. h. gemäß den Regeln gewählt sei. Jedoch seien auch Hitler und das *Ermächtigungsgesetz* in diesem Sinne legitim zustande gekommen. Daher reiche das Legitimitätsprinzip nicht aus. Es sei eine Antwort auf die Frage: „Wer soll herrschen?“ Diese Frage sei jedoch falsch gestellt. Sie müsse ersetzt werden durch die Frage, wie die Verfassung so gestaltet werden könne, dass man die Regierung ohne Blutvergießen absetzen könne. Nicht auf die Art der Einsetzung der Regierung komme es an, sondern auf die Möglichkeit ihrer Absetzung.[1]
Weitere relevante Themen
- *Demokratische Legitimation*
- *Legitimität*
- *Rechtsgeltung*
- *Legitimationsdefizit*
Literaturhinweise
- Max Weber: *Wirtschaft und Gesellschaft*, 5. Auflage (hrsg. von Johannes Winckelmann), Tübingen 1980, Teil 1, Kapitel 1, § 7, ISBN 3-16-147749-9.
- Reinhold Zippelius: *Allgemeine Staatslehre*, § 16, 16. Aufl. 2010, ISBN 978-3-406-60342-6.
- Fritz W. Scharpf: *Regieren in Europa*, Campus, Frankfurt a.M./New York 1999, ISBN 3-593-36111-6.
- Ralf Dahrendorf: *Anfechtungen liberaler Demokratien. Festvortrag zum zehnjährigen Bestehen der Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus* (= Stiftung-Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus, Kleine Reihe 19), Stuttgart 2007.
- Quirin Weber: *Parlament – Ort der politischen Entscheidung? Legitimationsprobleme des modernen Parlamentarismus – dargestellt am Beispiel der Bundesrepublik Deutschland.* Basel 2011, ISBN 978-3-7190-3123-7.
Externe Weblinks
- BVerfGE 89, 155 – Maastricht, Urteil des Zweiten Senats vom 12. Oktober 1993, Az.: 2 BvR 2134, 2159/92
Anmerkungen und Referenzen
[1] Karl Popper: *Freiheit und intellektuelle Verantwortung* (1989), in: ders.: *Alles Leben ist Problemlösen. Über Erkenntnis, Geschichte und Politik*, 14. Aufl., München 2010, S. 239–254.