Leitfaden Internationales Marketing: Strategien & Analyse

Eingeordnet in Wirtschaft

Geschrieben am in Deutsch mit einer Größe von 13,71 KB

Internationales Marketing

Die Bedeutung des internationalen Marketings

Internationales Marketing ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige der Welt. Seit der Antike ist der Handel zwischen Nationen eine Quelle des Reichtums für Wirtschaftsmächte. Der Zugang zu ausländischen Märkten ermöglicht es, dass Produkte, die auf dem lokalen Markt alltäglich sind und wenig Wert haben, in einem anderen Land zu Produkten mit hoher Wertschöpfung werden. Beispiel: In Bolivien wird der Alpaka-Pullover möglicherweise als alltäglich betrachtet, während Baby-Alpaka-Produkte auf den Märkten Europas und der USA als hochwertige Modeartikel zu Premiumpreisen gelten.

Definitionen im internationalen Kontext

  • Internationales Marketing: Umfasst alle Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Handel zwischen verschiedenen Ländern.
  • Internationale Marketingaktivitäten (MKT): Beziehen sich auf rein marktbezogene Tätigkeiten wie Marktforschung, Entwicklung eines Marketingplans, Verwaltung der 4 Ps (Produkt, Preis, Platzierung, Promotion) und internationale Logistik, die zwischen zwei oder mehreren Ländern angewendet werden.
  • Zahlungsbilanz: Ein Wirtschaftsindikator, der Auskunft über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes im Verhältnis zum Ausland gibt.
  • Handelsbilanz: Zeigt das Verhältnis zwischen Importen und Exporten eines Landes. Es gibt drei mögliche Situationen:
  1. Überschuss: Die Exporte sind größer als die Importe. Beispiele: China, Brasilien.
  2. Ausgleich: Exporte und Importe sind gleich groß.
  3. Defizit: Die Exporte sind geringer als die Importe.

Exporteure sollten bestrebt sein, einen Handelsbilanzüberschuss zu erzielen oder beizubehalten.

Außenhandel: Die Summe aller kommerziellen Aktivitäten oder Versuche, in einem anderen Land präsent zu sein. Ein erhöhter Außenhandel führt zu einer besseren Position des Landes, wie z.B. bei Chile.

Akteure im internationalen Marketing

Verschiedene Akteure beeinflussen das internationale Marketing:

  • Regierung: Kann durch politische Maßnahmen internationale Marketingaktivitäten beschleunigen oder behindern. Beispiel: Politische Konflikte können Handelsabkommen wie ATPDEA beeinflussen.
  • Finanzinstitute: Stellen finanzielle Ressourcen für Exportaktivitäten bereit. Sie sind entscheidend, da Exporttätigkeiten oft erhebliche Investitionen erfordern.
  • Agenturen zur Exportunterstützung und -förderung: Institutionen wie Handelskammern (z.B. CAINCO), multilaterale Organisationen und NGOs können die Exportförderung und Marktöffnung unterstützen oder behindern.
  • Rohstoff- und Zulieferlieferanten: Stellen die notwendigen Komponenten für das zu exportierende Produkt bereit.
  • Auslandsmärkte/Zielländer: Die endgültigen Empfänger der Waren. Ihre Eigenschaften und Offenheit gegenüber dem Exportland (z.B. Bolivien) können Vorteile oder Hindernisse darstellen. Beispiel: Die französische Regierung hat oft strenge Import-/Exportbestimmungen und gilt als eher geschlossener Markt.

Makro-Umfeld-Analyse im internationalen Marketing

Unterschied zur lokalen Analyse

Im Gegensatz zur Makro-Analyse für lokale Marketingaktivitäten müssen im internationalen Marketing mindestens zwei Makro-Umfelder analysiert werden: das heimische Makro-Umfeld (unkontrollierbare Variablen des Inlandsmarktes) und das Makro-Umfeld im Zielland des Exports. Dies geschieht aus folgenden Gründen:

  • Es ermöglicht den Vergleich potenzieller Märkte, um festzustellen, welches Land bessere Bedingungen bietet.
  • Es erlaubt den Vergleich des heimischen Marktes mit dem internationalen Markt, um zu beurteilen, ob ein Export oder Import für diesen Markt vorteilhaft ist.
  • Es hilft bei der Bestimmung von Variablen, die eine Anpassung des Produkts für verschiedene Märkte erfordern. Beispiel: Unterschiedliche Stromspannungen (110V in Mittelamerika vs. 220V in Südamerika) oder angepasste Produktvarianten (Sojaburger in Indien, Hühnerfleischprodukte in Ägypten).

Makro-Variablen

Kulturelle Variablen

Bräuche, Lebensweisen, Traditionen, Rituale, Organisationsformen und Essgewohnheiten sind entscheidende Makro-Variablen. Die kulturelle Analyse ist komplex, aber unerlässlich, um zu bestimmen, ob ein Produkt als wertvoll, nützlich und wichtig angesehen wird. Zu berücksichtigende Elemente sind:

  • Kulturelle Permeabilität: Die Offenheit einer Kultur gegenüber Produkten aus anderen Kulturen.
  • Nationalismus: Ablehnung von Produkten oder Symbolen, die als fremd oder gegnerisch wahrgenommen werden.
  • Bedürfnis-/Wunsch-Erfüllung: Das Produkt muss ein kulturell akzeptiertes Bedürfnis oder einen Wunsch erfüllen und anhand der Normen und Standards des Zielmarktes validiert werden.

Der Promotion-Mix (Kommunikation) muss an die kulturellen Konzepte angepasst werden, die von der Zielgruppe akzeptiert werden.

Fallstudie: Disney Global

Disney startete zwei Internationalisierungsinitiativen für seine Freizeitparks:

  1. Tokyo Disney: Ähnelt stark dem Park in Orlando, jedoch mit Beschilderung auf Japanisch und Englisch. Das Essensangebot ist amerikanisches Fast Food. Die Attraktionen wurden nur geringfügig angepasst. Der Park ist sehr erfolgreich, 92% der Mitarbeiter sind Japaner. Japanische Jugendliche identifizieren sich oft stark mit westlicher (insbesondere amerikanischer) Kultur, und Englischkenntnisse sind verbreitet.
  2. Euro Disney (Disneyland Paris): Hier gab es größere Herausforderungen. Die französische Kultur unterscheidet sich stark von der amerikanischen. Europäer bevorzugen oft andere Essgewohnheiten (z.B. Wein zum Essen, kein Essen mit den Händen), haben andere Erwartungen an Hotels und zeigen Emotionen anders (z.B. weniger offenes Lächeln). Das Erscheinungsbild der Mitarbeiter im „Disney-Look“ stieß auf weniger Akzeptanz. Sprachbarrieren (25 Sprachen unter den Gästen) erschwerten die Kommunikation. Zudem bevorzugen europäische Eltern oft Parks mit einem stärkeren Bildungsanspruch (z.B. Parc Astérix über französische Geschichte, andere Parks über Wissenschaft).

Analysefragen:

  • Welcher Park war erfolgreicher? Der Park in Japan war deutlich erfolgreicher.
  • Welche Kultur ist offener für die amerikanische Kultur? Die japanische Kultur zeigte sich in diesem Fall offener.
  • Wäre eine gründliche Kulturanalyse vorab wichtig gewesen? Ja, eine detaillierte Kulturanalyse Europas wäre entscheidend gewesen, um viele der Probleme bei Euro Disney zu vermeiden oder abzumildern.
Wirtschaftliches Umfeld

Das internationale wirtschaftliche Umfeld bestimmt maßgeblich, welche Produkte in einen Markt exportiert werden können und welche Marktsegmente (basierend auf sozioökonomischen Schichten) im Zielland angesprochen werden sollten. Zu berücksichtigende Variablen:

Entwicklungsstand der Wirtschaft

Wirtschaften lassen sich grob in folgende Stufen einteilen:

  1. Länder mit Subsistenzwirtschaft: Sehr grundlegende Infrastruktur, niedriger Lebensstandard, Konsum konzentriert sich auf lebensnotwendige Güter. Hoher Anteil an Armut, Wirtschaft basiert auf Kleinstlandwirtschaft und informellem Handel. Beispiele: Äthiopien, Burkina Faso. Diese Märkte sind aufgrund geringer Kaufkraft und hohem Risiko oft ungeeignet für den Außenhandel.
  2. Entwicklungsländer (Dritte Welt): Frühes Entwicklungsstadium, langsames Wirtschaftswachstum, sich entwickelnde Infrastruktur, über 70% der Bevölkerung gelten als arm. Beispiele: Bolivien, Guatemala, Bangladesch, Kenia, Philippinen. Diese Länder benötigen oft Investitionsgüter (Maschinen, Technologie). Eine kleine Mittelschicht fragt Produkte zweiter Qualität nach.
  3. Schwellenländer (Industrialisierung): Überwinden den Mangel an heimischer Industrie, rasche Industrialisierung, aber noch keine führenden Technologieproduzenten. Bedeutende Mittelschicht mit Einkommen, das sich dem der Industrieländer annähert. Beispiele: Brasilien, Argentinien, Indien, Polen, Südafrika, Südkorea, Australien. Die nachgefragten Produkte ähneln denen entwickelter Länder, oft in geringerer Menge. Gute Märkte für Technologieimporte.
  4. Industrieländer (Entwickelte Länder): Wohlhabende Länder, hoher Lebensstandard, erstklassige Infrastruktur, hohes Industrialisierungsniveau, Produzenten von Technologie und Innovation. Beispiele: Schweden, USA, Frankreich, Italien, Kanada, Japan, China. Können grundsätzlich alle Arten von Produkten aufnehmen, sofern Qualitätsstandards erfüllt werden.

Die Bestimmung des Entwicklungsstandes des Ziellandes gibt Aufschluss über potenzielle Produkte, Marktbedingungen und Handelsmöglichkeiten.

Wechselkursmechanismus

Der Wechselkurs ist der Wert einer Währung im Verhältnis zu einer anderen Währung, die bei Außenhandelsgeschäften verwendet wird (hauptsächlich US-Dollar und Euro). Exporteure und Importeure müssen aktuelle und potenzielle Schwankungen ihrer eigenen Währung und der Währung des Handelspartners berücksichtigen. Plötzliche Wechselkursschwankungen können Marktchancen schaffen oder zerstören.

Lebenshaltungskosten

Die Lebenshaltungskosten umfassen die Ausgaben für Waren und Dienstleistungen, die eine Person oder Familie zum Leben benötigt. Die Analyse der Lebenshaltungskosten im Zielland hilft bei der Festlegung des Exportpreises und der Einschätzung, ob der Export profitabel sein kann.

Internationale Konsumausgabenmuster

Diese zeigen, wofür Verbraucher in verschiedenen Ländern ihr Geld ausgeben. Es gibt erhebliche Unterschiede, selbst zwischen Nachbarländern. Beispiel: In Bolivien fließt verfügbares Einkommen möglicherweise eher in Luxusautos und soziales Leben, in Chile in Zweitimmobilien oder langfristige Krankenversicherungen, und in Deutschland in Auslandsreisen.

Exportvereinbarungen und -formen

Die Wahl der richtigen Exportform hängt von verschiedenen Faktoren ab:

  • Finanzielle Kapazität des Exportunternehmens: Verfügbares Kapital und Zugang zu Krediten bestimmen, ob kurz- oder langfristige, einfache oder komplexe Exportformen möglich sind.
  • Export-Know-how: Mangelndes Wissen über Auslandsmärkte, Logistik, Verhandlungen, Verpackung oder internationale Abkommen legt nahe, mit kleineren Exportmengen zu beginnen.
  • Produktionskapazität: Langfristige und komplexe Exportvereinbarungen erfordern oft große Warenmengen. Das Unternehmen muss prüfen, ob es in der Lage ist, in großem Maßstab und gemäß den Qualitätsstandards der Auslandsmärkte zu produzieren.
  • Merkmale des externen Marktes: Die Nachfrageentwicklung im Ausland bestimmt die Strategie. Saisonale oder Neuheitsprodukte eignen sich eher für temporären Export.
  • Merkmale und Laufzeit von Handelsabkommen: Langfristige Abkommen mit Vorteilen (z.B. Steuererleichterungen) können bestimmte Exportformen begünstigen. Kurzfristige Abkommen (wie das Beispiel ATPDEA für Bolivien) bergen Risiken bei Auslaufen.

Arten von Exportformen

Nach Analyse der oben genannten Aspekte können Unternehmen eine der folgenden Exportformen wählen. Es wird empfohlen, schrittweise vorzugehen, insbesondere für neue Exporteure:

  1. Experimenteller Export: Export von Produktionsüberschüssen oder Testmengen, um die Marktreaktion und Exportbedingungen zu prüfen. Oft über einen Großhändler im Ausland, ohne direkten Kontakt zum Endverbraucher. Beispiel: Export von Sesam über einen argentinischen Großhändler. Dient der Markterkundung und Identifizierung geeigneter Transportwege.
  2. Temporärer Export: Das Unternehmen exportiert für einen bestimmten Zeitraum, nicht kontinuierlich. Meist besteht Kontakt zu einem Großhändler im Zielmarkt. Dient der schrittweisen Anpassung von Produktion und Management für einen späteren, stetigen Export oder für Produkte ohne konstante Nachfrage. Beispiel: Ergänzung von Exportquoten eines ecuadorianischen Unternehmens auf Gelegenheitsbasis.
  3. Stetiger Export ab Herkunftsort: Mittel- bis langfristige Kontakte zwischen ausländischen Käufern und dem lokalen Unternehmen. Der Exporteur hat etablierte Transportmethoden und passt sich den Anforderungen des Käufers an. Finanzierung erfolgt durch eigene Mittel oder den Finanzsektor. Beispiel: Export von Speiseöl an Supermärkte in Kolumbien.
  4. Export mit Präsenz im Zielland: Der Exporteur bietet seine Produkte direkt Einzelhändlern oder Endverbrauchern im Zielmarkt an, z.B. durch eigene Niederlassungen oder Vertreter. Beispiel: Die bolivianische Designerin Liliana Castellanos mit Boutiquen in New York, Buenos Aires etc. und Plänen für Japan.
  5. Export mit Produktion im Zielland: Der Exporteur eröffnet eine Fabrik oder Montagewerk im Zielland oder einem nahegelegenen Land. Beispiel: Philips produziert Fernsehgeräte in Mexiko.
  6. Franchising / Know-how-Verkauf: Der Exporteur verkauft sein Wissen und seine Marke an einen ausländischen Investor gegen eine Gebühr (Lizenzgebühr) und/oder andere Leistungen. Der Investor nutzt Marke, patentierte Prozesse, Produkte etc. Beispiele: Burger King, Park Hyatt Hotels.

Verwandte Einträge: