Leitfaden zur Lagerhaltung und Bestandsverwaltung
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Beschaffung und Lagerhaltung
Die Beschaffung hat die Aufgabe, die für die Unternehmenstätigkeit (Produktion und/oder Verkauf) notwendigen Materialien einzukaufen. Die Lagerhaltung steht am Anfang jedes Produktions- oder Vermarktungsprozesses und umfasst die Verwaltung der Bestände.
- Einkauf: Beschafft die Produkte, die für die Produktion und den Vertrieb benötigt werden.
- Lager: Dient der Aufbewahrung der eingekauften Produkte, bis sie in der Produktion benötigt oder verkauft werden.
- Lagerverwaltungssystem: Legt die zu haltende Bestandsmenge und den Bestellrhythmus fest, um eine optimale Versorgung sicherzustellen.
Arten von Lagerbeständen
Rohstoffe
Materialien, die durch Transformation oder Verarbeitung zu neuen Produkten weiterverarbeitet werden.
Halbfertigfabrikate
Vom Unternehmen hergestellte Produkte, die in der Regel erst nach weiterer Verarbeitung verkauft werden.
Unfertige Erzeugnisse
Produkte, die sich am Ende eines Geschäftsjahres noch im Herstellungsprozess befinden.
Fertigerzeugnisse
Vom Unternehmen hergestellte Produkte, die für den Endverbraucher oder zur Verwendung durch andere Unternehmen bestimmt sind.
Handelswaren
Vom Unternehmen eingekaufte Güter, die ohne weitere Verarbeitung zum Wiederverkauf bestimmt sind.
Sonstige Vorräte
Elemente wie Hilfs- und Betriebsstoffe, die für den Produktionsprozess notwendig sind.
Nebenprodukte, Abfälle und Wertstoffe
Materialien, die während des Produktionsprozesses anfallen und wiederverwendet oder entsorgt werden.
Funktionen der Lagerhaltung
- Sicherungsfunktion: Gewährleistung der Versorgungssicherheit bei Unsicherheiten in der Beschaffung und im Vertrieb.
- Ausgleichsfunktion: Überbrückung von zeitlichen Unterschieden zwischen Produktion und Vertrieb, insbesondere bei saisonaler Nachfrage.
- Spekulationsfunktion: Nutzung von Preisvorteilen (Skaleneffekten) durch den Einkauf großer Mengen oder zum Schutz vor Inflation und Preisschwankungen.
Kosten der Lagerhaltung
Bestellkosten
Kosten, die bei der Bestellung oder Wiederbeschaffung von Materialien anfallen, z. B. administrative Kosten für die Abwicklung von Bestellungen bei Lieferanten.
Lagerhaltungskosten
Kosten, die dem Unternehmen durch das Halten eines bestimmten Lagervolumens entstehen. Diese umfassen:
- Verwaltungskosten: Kosten für Personal und Managementsysteme.
- Betriebskosten: Personalkosten für die physische Lagerung.
- Raumkosten: Kosten für die Anmietung oder den Unterhalt von Lagerflächen.
- Kapitalkosten: Kosten durch Wertminderung, Veralterung und Abschreibung der Bestände sowie Zinskosten für das in den Lagerbeständen gebundene Kapital.
Fehlmengenkosten
Diese Kosten entstehen, wenn der Lagerbestand nicht ausreicht. Dies ist der Fall, wenn ein Kundenauftrag wegen fehlender Produkte nicht erfüllt werden kann oder die Produktion wegen fehlender Materialien stillsteht.
Ziele der Bestandsfestlegung
Eine zentrale Frage der Lagerverwaltung ist die Festlegung der optimalen Menge an Beständen, die im Lager gehalten werden soll. Dabei werden zwei Hauptziele verfolgt:
- Effektivität: Es müssen stets genügend Vorräte vorhanden sein, um einen flexiblen Betriebsablauf sowie die Produktion und den Vertrieb des Unternehmens sicherzustellen.
- Effizienz: Es sollen nur die absolut notwendigen Bestände gehalten werden, um keine übermäßigen finanziellen Ressourcen im Lager zu binden.
Kennzahlen der Lagerverwaltung
Maximalbestand
Die maximale Menge eines Materials, die aus Kapazitäts- oder Kostengründen im Lager gehalten werden kann.
Mindest- oder Sicherheitsbestand
Die minimale Menge eines Materials, die immer im Lager vorrätig sein muss, um unvorhergesehene Lieferengpässe oder Nachfragespitzen abzufedern.
Meldebestand (Bestellpunkt)
Der Lagerbestand, bei dessen Erreichen eine neue Bestellung ausgelöst wird, um den Bestand rechtzeitig wieder aufzufüllen.
Das optimale Bestellmengenmodell (Wilson-Formel)
Dieses Modell hilft bei der Bestimmung der optimalen Bestellmenge, um die Gesamtkosten aus Bestell- und Lagerhaltungskosten zu minimieren. Es basiert auf folgenden Annahmen:
- Die Beschaffung des Produkts erfolgt in einer konstanten, vorab bestimmten Menge (Q).
- Die Nachfrage nach dem Produkt (D) ist über den Planungszeitraum bekannt und konstant.
- Der Produktpreis (p) und die Lieferzeit sind ebenfalls konstant und bekannt.
Kostenkomponenten
- Beschaffungskosten (CA): Kosten für den Kauf des Produkts. Formel: CA = p * D. Bei Eigenfertigung: CA = cf * D (cf = Herstellungskosten).
- Bestellkosten (CC): Kosten pro Bestellung (s) multipliziert mit der Anzahl der Bestellungen (N = D/Q). Formel: CC = s * (D / Q).
- Lagerhaltungskosten (EC): Kosten, die durch die Lagerung entstehen. Formel: EC = g * (Q / 2 + Ss) (g = Lagerkostensatz, Q/2 = durchschnittlicher Lagerbestand, Ss = Sicherheitsbestand).
Prozessübersicht der Warenbewegung
Ein vereinfachter Material- und Warenfluss im Unternehmen:
- Einkauf
- Rohstofflager
- Produktion
- Fertigwarenlager
- Vertrieb & Verkauf