Literarische Strömungen im Nachkriegsspanien
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Tremendismo: "La familia de Pascual Duarte"
"La familia de Pascual Duarte" ist der repräsentative Roman einer ästhetischen Strömung der 1940er Jahre, bekannt als Tremendismo.
Merkmale des Tremendismo
- Charaktere: Figuren, die am Rande der Gesellschaft stehen, zeigen barbarisches oder aggressives Verhalten.
- Handlung: Die Charaktere geraten in extreme Situationen, oft geprägt von Gewalt.
- Sprache: Die literarische Sprache ist rau und zerrissen, was die schmutzige und bedrückende Welt widerspiegelt, in der sich die Handlung entwickelt.
- Entstehung: Der Tremendismo erscheint als ästhetische Antwort auf die tragischen Erfahrungen während des Bürgerkriegs und der ersten Nachkriegsjahre.
Erzählweise im Tremendismo
- Die Erzählung bietet eine eingeschränkte Sicht auf die Ereignisse, die aus der Perspektive des scharfsinnigen Charakters beschrieben werden.
- Der Erzähler-Protagonist offenbart sich als gesellschaftlich marginalisiert und von gewalttätigen Impulsen dominiert. Pascual wählt die Konsequenzen seines Lebens und versucht, diese zu rechtfertigen.
- Der Autor verwendet eine einfache Sprache mit der charakteristischen Stimme der ländlichen Rede, angereichert mit Verweisen und Vergleichen aus dem bäuerlichen Alltag.
Intimer Realismus: "Nada"
"Nada" (Nichts) von Carmen Laforet erzählt die Ich-Erzählung einer jungen Frau namens Andrea, die kurz nach dem Bürgerkrieg in Barcelona ankommt, um an der Universität zu studieren. Ihr Leben ist zwischen zwei entgegengesetzten Welten geteilt: dem geschlossenen und bedrückenden Haus ihrer Verwandten und der offenen, befreienden Welt der Straßen Barcelonas und der Universität. Der Roman schildert den schmerzhaften Prozess der Weltentdeckung der jungen Frau, die versucht, ihren eigenen Weg zu finden.
Herausragende Merkmale des Intimen Realismus
- Autobiografisches Porträt: Die Ich-Erzählung stellt die Ereignisse aus der Perspektive der Protagonistin dar, die ihre subjektive Sicht der Realität vermittelt.
- Geschlossener Raum: Der Raum, in dem sich ein Großteil der Handlung entwickelt, ist oft ein geschlossener oder bedrückender Ort.
- Charaktere: Die innere Welt der Protagonistin und ihre Reaktion auf die feindliche Umgebung stehen im Mittelpunkt der Erzählung.
- Einfachheit des Ausdrucks: Der Autor verwendet eine einfache Sprache, die oft von intensiver Lyrik geprägt ist.
Der soziale Roman der 1950er Jahre
Die repräsentativsten Werke des sozialen Romans sind: Duelo en el Paraíso von Juan Goytisolo, El Jarama von Rafael Sánchez Ferlosio, Entre visillos von Carmen Martín Gaite, Central Eléctrica von Jesús López Pacheco, La zanja von Alfonso Grosso und Ratas von Miguel Delibes.
Zentrale Themen
Das zentrale Thema in all diesen Romanen ist die zeitgenössische spanische Gesellschaft:
- Die Beschreibung der harten Lebensbedingungen der Bauern und der städtischen Arbeiterklasse.
- Die Kritik des leeren und sinnlosen Lebens der Bourgeoisie, die nach Meinung der Autoren ohne ethische Grundsätze ist.
Merkmale des sozialen Romans
- Kollektiver Charakter: Die Charaktere werden als Mitglieder einer sozialen Gruppe dargestellt.
- Vereinfachung der Handlung: Die Handlung verliert an Relevanz; die Erzählung beschränkt sich auf die Darstellung von Szenen aus dem Alltag, die sequenziell angeordnet sind.
- Begrenzung von Raum und Zeit: Die Handlung entfaltet sich in einem reduzierten Zeitrahmen, und die Orte sind einzigartig oder nur wenig verändert.
- Lineare Ordnung: Die Ereignisse werden in chronologischer Reihenfolge erzählt.
- Bedeutung der Dialoge: Dialoge nehmen einen prominenten Platz ein.
- Objektiver Erzähler: Die dritte Person wird verwendet, und der Erzähler nimmt eine objektive Haltung ein, erscheint als Beobachter.
- Ausdrucksvolle Einfachheit: Eine strenge Sprache wird verwendet.
Trends innerhalb des sozialen Romans
Der soziale Roman unterteilt sich in zwei Haupttrends:
Objektivismus
Repräsentative Werke dieses Trends sind Los bravos von Jesús Fernández Santos und El Jarama von Rafael Sánchez Ferlosio. Die objektive Haltung ist extrem; der Erzähler verschwindet fast und wird zu einer Filmkamera, die nur das aufzeichnet, was sie sieht und hört, in völliger Unparteilichkeit. In diesen Fällen ist die soziale Kritik impliziert; es ist der Leser, der seine eigenen Schlüsse aus den präsentierten Ereignissen ziehen muss.
Kritischer Realismus
In den Romanen dieses Trends wird die soziale und politische Kritik deutlicher geäußert. Ein repräsentatives Werk ist Central Eléctrica von Jesús López Pacheco, das die harten Lebensbedingungen der Arbeiter beim Bau eines Staudamms anprangert. Auch La zanja und Ratas gehören zu diesem Trend.
Die kollektive Protagonistin: "La colmena"
Camilo José Cela schrieb "La colmena" (Der Bienenstock) in den schwierigen Jahren der Autarkie. Es musste in Buenos Aires veröffentlicht werden, da es in Spanien von der Zensur verboten wurde. Der Roman schildert die harten Lebensbedingungen im Nachkriegs-Madrid durch die Beschreibung von Fragmenten des grauen und gewöhnlichen Lebens von über dreihundert Charakteren, die die Stadt bevölkern.
Merkmale von "La colmena"
- Kollektive Protagonistin: Der einzelne Held wird durch eine Gruppe von Menschen ersetzt, die die Einwohner Madrids nach dem Krieg repräsentieren und den wahren Protagonisten der Erzählung darstellen.
- Fragmentarische Struktur: Der Roman, der in sechs Kapitel und einen "Schluss" unterteilt ist, besteht aus kurzen Sequenzen, die Fragmente des täglichen Lebens der Charaktere zeigen. Diese Einheit wird durch das Vorhandensein eines gemeinsamen Nachkriegs-Rahmens erreicht.
- Fokus auf Echtzeit: Die sechs Kapitel des Romans spielen sich innerhalb von drei Tagen im Jahr 1943 ab. Die Handlungen werden nicht linear-chronologisch, sondern gleichzeitig präsentiert; mehrere Ereignisse geschehen zur gleichen Zeit an verschiedenen Orten. Manchmal wird dasselbe Ereignis aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt.
- Charaktere: Die Charaktere werden durch wenige wichtige Merkmale skizziert, ohne tief in ihre Psychologie oder Geschichte einzudringen.
- Dialoge: Dialoge sind ein zunehmend wichtiges Medium zur Darstellung der Persönlichkeiten der Charaktere, die durch ihre Sprechweise gekennzeichnet sind.
- Allwissender Erzähler: Der Erzähler ist allwissend, kennt das Innere der Figuren und gibt oft seine Meinung über sie ab.
- Kontrapunkt-Technik: Es wird eine Kontrapunkt-Technik verwendet, die dasselbe Ereignis aus der Perspektive verschiedener Figuren präsentiert.