Literatur verstehen: Gattungen, Formen und Ursprünge
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Die Welt der Literatur: Eine Einführung
- Künstlerische Kreativität, die in Worten ausgedrückt wird, auch wenn sie nicht schriftlich fixiert, sondern mündlich verbreitet wird.
Literatur als ästhetisches Phänomen
Ihr Ausdrucksmittel ist die Sprache, das übliche Kommunikationssystem zwischen Menschen.
Literatur als kommunikatives Phänomen
Das literarische Werk ist als Kommunikationsakt zwischen Menschen zu verstehen. Die kommunikative Situation des literarischen Werks unterscheidet sich in Bezug auf:
- Der Emittent (Autor): Ist zum Zeitpunkt des Empfangs abwesend, oft aus einem anderen Jahrhundert.
- Der Empfänger (Leser): Versteht die Nachricht nicht zum Zeitpunkt ihrer Entstehung, sondern erst beim Zugriff auf das Werk und dessen Lektüre.
Literatur als soziales Phänomen
Literatur ist ein gesellschaftliches Phänomen, da Autor und Werk in einer bestimmten Gesellschaft und Zeit verankert sind.
Einflussnehmende Aspekte
- Die Gesellschaft beeinflusst das literarische Werk, z.B. durch den Kontakt zwischen Kulturen.
- Einflüsse der Gesellschaft auf die Literatur und umgekehrt, z.B. das soziale Bewusstsein zur Zeit von Charles Dickens.
- Literatur kann sich selbst beeinflussen, beispielsweise durch die realistische Darstellung in Werken wie *Pascual Duarte*.
Prosa und Vers: Formen literarischen Ausdrucks
- Prosa: Eine Ausdrucksform, die der Alltagssprache ähnelt, aber verschiedene Ebenen der Entwicklung und ästhetischen Gestaltung aufweist.
- Vers: Erreicht Höhepunkte des musikalischen Rhythmus durch:
- Akzente: Bestimmen den Rhythmus des Gedichts.
- Reim: Wiederholung bestimmter Laute ab dem letzten betonten Vokal jeder Strophe. Wenn Konsonanten und Vokale wiederholt werden, spricht man von *Reim*; wenn nur die Vokale wiederholt werden, von *Assonanz*.
- Silbenzählung: Wiederholung der gleichen Silbenanzahl in allen Versen oder der Wechsel von zwei oder mehr Silbenregelungen für unterschiedliche Rhythmen.
Die wichtigsten literarischen Gattungen
- Lyrik: Überträgt subjektive Empfindungen, Erfahrungen oder Gedanken. Meist in Versen geschrieben, aber auch als poetische Prosa möglich.
Untergattungen der Lyrik
- Elegie: Drückt Trauer über den Tod eines geliebten Menschen aus (z.B. *Llanto por Ignacio Sánchez Mejías* von Lorca). Wird auch verwendet, um die Vergänglichkeit des Lebens und die Sehnsucht nach Verlorenem auszudrücken.
- Ekloge: Dialog zwischen Hirten über Liebesbeziehungen in einer idealisierten ländlichen Umgebung (z.B. Juan del Encina und Lope de Vega).
- Ode: Langes Gedicht, das vielfältige Themen in einem erhabenen Ton behandelt (z.B. *Ode an das zurückgezogene Leben* von Fray Luis de León).
- Lied: Oft von liebevoller Art (z.B. Garcilaso de la Vega), kann aber auch andere Gefühle ausdrücken.
- Satire: Humorvolle und prägnante Darstellung individueller oder sozialer Missstände (z.B. *Libro de buen amor* vom Erzpriester von Hita).
- Epik (Narrative Gattungen): Erzählen eine Geschichte durch einen Erzähler, der eine Handlung wiedergibt. Elemente sind der Erzähler (allwissend, Zeuge, Protagonist), die zeitliche Abfolge der Ereignisse und die Figuren (Protagonisten, Antagonisten, Nebenfiguren).
Narrative Untergattungen in Versform
- Epos: Langes Gedicht, das die erstaunlichen Heldentaten eines Helden preist (z.B. *Ilias*, *Odyssee* von Homer).
- Heldenepos (Cantar de Gesta): Mündlich geschaffenes und verbreitetes Epos, das die Heldentaten eines lokalen oder nationalen Helden preist. Im Mittelalter (z.B. *El Cantar de Mio Cid*) in 14- und 16-silbigen Versen geschrieben, die in Hemistichen unterteilt und in monoreimenden Strophen gruppiert sind.
- Romanze: Ursprünglich ein kurzes mündliches Gedicht. Entstand im 15. Jahrhundert als Fragmente epischer Gedichte, wurde aber später mit Themen wie Liebe und Geschichte autonom. Geschrieben in achtsilbigen Versen, die in Paaren assonierend reimen, während die ungeraden Verse frei sind.
Narrative Untergattungen in Prosaform
- Roman: Entwicklung einer umfassenden Erzählung von Geschichte, Raum und Zeit. Ein fiktives Werk, das Umgebungen und Fakten beschreibt, Verhaltensweisen analysiert und Gefühle darstellt. *Don Quijote* aus dem 17. Jahrhundert gilt als der erste moderne europäische Roman.
- Erzählung / Novelle: Eine kürzere fiktive Handlung. Präsentiert verdichtete Geschichten, hat weniger Figuren, der Raum ist oft imaginär und die Handlungselemente sind einfacher als im Roman (z.B. *Cuentos de la selva* von Horacio Quiroga).
- Legende: Eine fiktive Geschichte, die ihren Ursprung in historischen oder pseudohistorischen Ereignissen hat oder fantastische Begebenheiten enthält (z.B. *Leyendas* von Bécquer).
- Fabel: Eine Geschichte, die moralische Verhaltensregeln vermittelt. Endet mit einer Moral. Im Mittelalter wurden sie *Exempel* genannt (z.B. *El Conde Lucanor* von Juan Manuel).
- Epistel: Ein Lehrgedicht philosophischen, moralischen oder satirischen Inhalts, oft in Briefform. Im 16., 17. und 18. Jahrhundert in Versen geschrieben.
- Tierfabel: Geschichten mit personifizierten Tieren als Protagonisten. Enden mit einer Moral (z.B. von Tomás de Iriarte und Félix María de Samaniego).
- Essay: Ein Prosatext, in dem der Autor einem breiten Publikum seine Haltung zu einem Problem erläutert und verteidigt. Drückt Ideen mit stilistischem Reichtum aus. Erreichte seinen Höhepunkt im 18. Jahrhundert und bei der Generación del 98.
Dramatik (Theatralische Gattung)
- Dramatik/Theatralische Gattung: Werke, die zur Aufführung und nicht primär zur Lektüre geschrieben sind. Der Text wird durch den direkten Dialog der Figuren präsentiert, oft in Prosa. *Bühnenanweisungen* beschreiben die Bewegungen der Figuren, ihre Gefühle und die Entwicklung von Raum und Zeit. *Regieanweisungen* geben Aufschluss über die Gedanken der Figuren und helfen dem Leser, die Entwicklung des Textes zu verstehen.
Hauptgattungen der Dramatik
- Tragödie: Figuren von hohem sozialen Status kämpfen gegen ihr Schicksal, unterliegen aber. Die klassische Tragödie wurde in Versen geschrieben und hatte oft einen mythologischen Helden. Moderne Tragödien sind bekannt durch Autoren wie Shakespeare.
- Komödie: Behandelt alltägliche Aktivitäten auf humorvolle Weise und endet glücklich.
- Drama: Zeigt schmerzhafte Konflikte, kann aber auch komische Szenen enthalten. Das *soziale Drama* behandelt kollektive oder gesellschaftliche Konflikte, z.B. Arbeitsbedingungen oder Menschenhandel.
- Tragikomödie: Eine Mischung aus tragischen und komischen Elementen der wichtigsten theatralischen Untergattungen.
Kleinere Gattungen der Dramatik
- Auto Sacramental: Kurzes, religiöses und allegorisches Stück, das die Eucharistie feiert.
- Entremés / Vorspiel: Kurzes Stück aus dem 17. Jahrhundert, das in den Pausen längerer Komödien aufgeführt wurde; besonders bekannt durch Cervantes.
- Sainete: Kurzes Stück mit volkstümlichen Figuren, das Sitten und Gebräuche in einer komödiantischen Handlung darstellt. Bekannte Beispiele sind *Don Quintín el amargao* von Carlos Arniches.
Ursprünge der spanischen Literatur
Lyrik
Volkstümliche Lyrik
- Jarchas (Mozarabische Lyrik): Die ersten bekannten Manifestationen der kastilischen Literatur. Die ältesten stammen aus dem 11. Jahrhundert.
- Jarchas sind kurze Kompositionen, die am Ende einiger arabischer Gedichte (*Moaxajas*) als Schlussverse eingefügt wurden. Sie bestehen aus wenigen Versen und behandeln oft ein Liebesthema: Ein verliebtes Mädchen klagt seiner Mutter oder seinen Schwestern sein Leid.
- Cantigas de Amigo (Galicisch-Portugiesische Lyrik): Auch hier ist die Sprecherin ein Mädchen, das ihre Gefühle gegenüber ihrer Mutter, Schwestern oder Freundinnen ausdrückt: Trauer über den Tod des Geliebten, Angst, Melancholie und die Sehnsucht nach seiner Rückkehr. Die Natur spielt eine wichtige Rolle. Im Gegensatz zu den *Cantigas de Amor* verwenden die *Cantigas de Amigo* eine volkstümliche Sprache und ein spezifisches Vokabular.
Kastilische Lyrik
- Villancico: Kleine Gedichte, in denen ein verliebtes Mädchen seine Situation beklagt. Sie spielen oft in einer ländlichen Umgebung: die Quelle als Treffpunkt der Liebe, die Rose als Symbol der Jungfräulichkeit.
- Serranilla: Entstanden aus den provenzalischen Pastourellen, zeigen aber realistischere beschreibende Merkmale. Thema: Die Begegnung eines Ritters mit einer Hirtin in den Bergen Kastiliens.
Gelehrte Lyrik
- Idealisierte Liebe, Minne, oft eine unmögliche Liebe aufgrund der sozialen Situation.
- Provenzalische Troubadourlyrik: Ihr Erbe findet sich in den kastilischen Liederbüchern des 15. Jahrhunderts. Sie wurde von Troubadouren gepflegt.
- Canso / Trovadorlyrik: Gedicht liebevollen Charakters, mit männlichem Sender und weiblichem Empfänger. Beschreibt eine Vasallenbeziehung zwischen Liebendem und Geliebter: Sie wird als überlegen empfunden, und die Liebe wird als 'Dienst' des Liebenden verstanden.
- Höfische Liebe: Eine Kunstform der feudalen Gesellschaft, die erotische Diskretion erforderte, da die Frau oft verheiratet war.
- Sirventés: Dient als Ausdruck von Wut, Verdrängung oder persönlichem Angriff. Basierte oft auf der Melodie einer *Canso*.
- Arabische und jüdische Moaxajas-Lyrik: Klassische Gedichte, geschrieben in Arabisch oder Hebräisch. Die *Moaxajas* bestanden aus mehreren Strophen von 5 oder 6 Zeilen. Am Ende der letzten Strophe wurde eine kurze *Jarcha* eingefügt.
- Cantigas de Amor (Galicisch-Portugiesische Liebeslieder): Erben der provenzalischen *Canso*. Die Dame bleibt blind für die Gefühle des Liebenden, der seine Leidenschaft für sie verbirgt.