Maritimes Recht: Ladungsabwurf (Jettison) und Schiffskollisionen
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Jettison: Das Abwerfen von Ladung im Seerecht
Das Abwerfen von Ladung ins Meer ist ein maritimes Risiko. Jettison bezeichnet Waren, die über Bord geworfen werden, wenn ein Problem die Navigation beeinträchtigt. Diese Praxis ist eine sehr alte Institution und war bereits im Mittelalter und in der Antike stark reguliert, wobei sie in aktuellen Gesetzestexten Erwähnung findet.
Das Abwerfen von Ladung erfolgt bei besonderen Gefahren wie Piraten, Meeresgefahren, Felsen oder anderen Umständen, um das Schiff zu erleichtern und seine Schwimmfähigkeit zu verbessern. Es ist ein Akt, der verschiedene Interessen an Bord schützen soll. Dies wird als unmittelbare Gefahr für das Leben der Personen an Bord und das Schiff selbst angesehen. Die Klauseln der Charterpartei treten außer Kraft, wenn ein ernsteres Problem wie der Verlust aller Güter oder Menschenleben droht.
Grundlagen des Ladungsabwurfs nach den Gesetzen von Rhodos
Aus den Gesetzen von Rhodos lassen sich mehrere Punkte ableiten:
- Es muss ein Verlust oder eine Beschädigung von Eigentum vorliegen.
- Das Abwerfen muss absichtlich erfolgen, um andere, wertvollere Güter zu retten.
- Das Opfer dieser Waren dient der Rettung anderer Güter und Menschen.
- Es muss eine finanzielle Unterstützung für das Abwerfen von Ladung geben.
Reihenfolge und Kriterien des Abwerfens
Die Ware auf Deck wird oft zuerst abgeworfen, da sie als Ware von geringerem Wert angesehen wird. Es gibt jedoch Texte, die besagen, dass die Reihenfolge des Abwerfens mit den „übelsten“ Gütern, d.h. denen mit dem niedrigsten Preis und Wert, beginnen sollte. Das „Buch des Konsulats des Meeres“ (Consolat de Mar) gibt nach den Sitten von Tortosa keine genaue Reihenfolge vor, da es dem gesunden Menschenverstand entspricht, die „übelsten“ Güter zuerst abzuwerfen.
Entscheidungsprozess und Formalitäten
Ein Hauptproblem beim Abwerfen von Ladung ist die Entscheidungsfindung und deren Folgen. Man unterscheidet drei Phasen: vorher, während und nachher.
Vor dem Abwerfen: Planung und Zustimmung
Es geht darum, wer entscheidet, welche Waren über Bord geworfen werden sollen, und welche Formalitäten dabei zu beachten sind. Die Zustimmung der Eigentümer der Ware ist erforderlich. Sind diese nicht an Bord, ist der Rat des Konsulats oder des Bootsmanns einzuholen. Das „Buch des Konsulats des Meeres“ (Consolat de Mar) besagt, dass der Kapitän eine Ansprache an die Händler halten sollte, um sie zu ermahnen, die Waren vor dem Abwerfen zu sichern.
Es bedarf der Zustimmung aller oder der meisten der Anbieter und gegebenenfalls einer Abstimmung in einer gemeinsamen Beratung. Sind die Anbieter auf dem Schiff, sollte die Entscheidung nicht allein beim Kapitän liegen. In diesem Fall wirft der Kapitän des Schiffes die Waren zunächst selbst über Bord. Sind Kaufleute an Bord, müssen diese die Formalitäten für das Abwerfen der Waren einleiten. Der Verkäufer des Schiffes notiert alle abgeworfenen Waren. Es wird oft gesagt, dass die erste Ladung, die abgeworfen wird, von geringerem Wert ist.
Während des Abwerfens: Durchführung
Das Abwerfen muss bei einem Sturm, bei Belästigung durch feindliche Schiffe (Piraten) oder später auch unter anderen Umständen wie der öffentlichen Gesundheit (verrottende Waren) durchgeführt werden.
Entschädigung und Haftung beim Ladungsabwurf
Wird das Schiff dank des Abwerfens gerettet, erfolgt die Beurteilung der Entschädigung. Diese basiert auf dem Preis oder Wert der abgeworfenen und der geretteten Waren. Waren, die beim Beladen des Schiffes nicht deklariert wurden, können nicht entschädigt werden. Das „Buch des Konsulats des Meeres“ (Consolat de Mar) besagt in Kapitel 257, dass Waren von großem Wert, die nicht als solche in Kisten, Kartons oder Bündeln deklariert wurden, nicht berücksichtigt werden können.
Die Entschädigung an die Kaufleute, die ihre Produkte verloren haben, wird unter Berücksichtigung der geretteten Waren und der geretteten Werte des Reeders berechnet. Ein Problem ist die Bestimmung des Warenpreises nach Kauf- oder Verkaufskriterien. Das „Buch des Konsulats des Meeres“ (Consolat de Mar) legt fest, dass, wenn das Abwerfen im ersten Teil der Reise erfolgte, der Preis der Ware am Abfahrtshafen zählt. Erfolgte das Abwerfen im zweiten Teil der Reise, wird der Verkaufspreis zugrunde gelegt. Dies ist sehr unterschiedlich, insbesondere bei teuren Gewürzen. Es gibt jedoch andere Texte aus der römischen Epoche, die besagen, dass der Preis die Verkaufskosten sein sollte, da das, was kompensiert wird, der Verlust des erwarteten Gewinns ist.
Das Abwerfen von Ladung hilft, die Kaufleute, die ihre Waren verloren haben, sowie die Eigentümer der geretteten Waren und Güter zu entschädigen. Es gibt auch Maßnahmen, bei denen der Kapitän die geretteten Waren zurückhalten kann, um sicherzustellen, dass die entsprechenden Händler zur Zahlung des Abwerfens beitragen. Diese Vorsichtsmaßnahme soll Zahlungsverzögerungen und Insolvenzen vermeiden.
Das „Buch des Konsulats des Meeres“ (Consolat de Mar) sowie die Anordnungen Peters des Feierlichen spiegeln wider, dass einbehaltene Beträge langwierige Ermittlungen, Strafverfolgungen, Verhaftungen und die perfekte Umsetzung der Gerechtigkeit verhindern sollen. Die York-Antwerpener Regeln erlauben in dieser Hinsicht eine breite Wahlfreiheit der Parteien.
Schuldhaftes Abwerfen und besondere Verantwortung
Es besteht die Möglichkeit, ein schuldhaftes Abwerfen zu nennen, das eine besondere Verantwortung nach sich zieht. Dies geschieht, wenn die Gefahr durch eine zufällige Überquerung des Schiffes entsteht, nebensächlich ist oder wenn ein Kaufmann beschuldigt wird, Waren heimlich an Bord geschmuggelt zu haben, die das Gewicht des Schiffes erhöht haben und somit nicht deklariert waren. In diesem Fall tragen die Kaufleute, die die Waren heimlich an Bord gebracht haben, eine besondere Verantwortung. Der Reeder muss jedoch nachweisen, dass diese Unregelmäßigkeit aufgetreten ist. Im Falle einer Havarie liegt die Verantwortung klar bei den Eigentümern dieser heimlich eingeführten Waren.
Kollisionen im Seerecht
Der Begriff Kollision ist eine wichtige Institution im Seerecht, obwohl er nicht explizit im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), Handelsgesetzbuch (HGB), Strafrecht oder in der Disziplinarkammer der Handelsmarine definiert ist. Dennoch definierte der spanische Oberste Gerichtshof in einem Urteil vom 6. Dezember 1939 das Konzept als eine mehr oder weniger heftige Kollision zwischen zwei Schiffen, unabhängig von deren Art oder Größe. Dabei müssen die beiden Schiffe vor dem Zusammenstoß getrennt und unabhängig voneinander mit Bewegungsfreiheit agiert haben und dürfen nicht durch ein Abhängigkeitsverhältnis miteinander verbunden gewesen sein.
Merkmale einer Schiffskollision
Aus diesem Urteil lassen sich folgende Merkmale ableiten:
- Beteiligung von Schiffen
- Heftige Zusammenstöße
- Entstehung von Schäden
- Unabhängigkeit der beteiligten Schiffe
- Territorialer Bezug zum Ort des Vorfalls
Ein Schiff muss über Bewegungsfreiheit und Manövrierfähigkeit verfügen. Es geht um die Bewältigung von Schäden, die ein fahrendes Schiff an physischen Objekten verursacht.
Definition und Arten von Kollisionen
Im Jahr 1992 definierte ein Gesetz (Gesetz 27/1992 vom 24. November) über Häfen, den Staat und die Handelsmarine ein Schiff als eine Plattform oder ein schwimmendes Objekt, das zur Navigation fähig ist. Ein weiteres Merkmal ist der physische Kontakt: Zwischen den beiden Schiffen muss es zu einem Zusammenstoß, einer Annäherung und einer plötzlichen, mehr oder weniger heftigen Begegnung kommen. Allerdings sprechen einige auch von berührungslosen Kollisionen, beispielsweise wenn ein Schiff eine große Wassermenge verdrängt, die ein nahegelegenes Fischerboot trifft.
Räumlicher Geltungsbereich
Der räumliche Geltungsbereich, also der Ort, an dem die Kollision auftritt, muss auf See liegen – sowohl auf offener See als auch in Küstengewässern und internationalen Häfen. Flussgewässer, die keinen Zugang zum Meer haben, gelten nicht als Kollisionsort im seerechtlichen Sinne. Haben Flussgewässer eine Verbindung zum Meer, gelten die gleichen Regeln. Bei Flüssen, die zwar mit dem Meer verbunden sind, aber nicht in ihrer Gesamtheit befahren werden können, gelten die Regeln nur für den Abschnitt mit direktem Zugang zum Meer.
Schadenshaftung und Unabhängigkeit der Schiffe
Ein weiteres wesentliches Element ist das schädliche Ergebnis, das die Grundlage für die Haftung bei Schäden bildet. Wichtig ist auch die Unabhängigkeit der Schiffe: Sie müssen getrennt und unabhängig voneinander agieren können, mit Bewegungsfreiheit. Diese Unabhängigkeit gilt manchmal auch für Kollisionen zwischen Schiffen derselben Reederei. Die Kollision eines Schleppzuges stellt einen Sonderfall dar, da die beteiligten Elemente unterschiedlichen Charakter haben.
Rechtliche Grundlagen für Kollisionen
Die Regelungen zu Kollisionen finden sich im HGB von 1885 (Artikel 826 bis 839), im Straf- und Disziplinarrecht der Handelsmarine, in der Brüsseler Internationalen Konvention von 1810, der Konvention über die zivilrechtliche Haftung bei Kollisionen und der strafrechtlichen Verantwortlichkeit von 1952, dem Übereinkommen über die Verhaftung von Schiffen, internationalen Kollisionsvorschriften, der Internationalen Konvention über Schiffshypotheken und dem Internationalen Übereinkommen über die Beschränkung der Haftung von London 1976.
Klassifizierung von Schiffskollisionen
- Einseitiger Fehler: Eine Kollision, bei der nur ein Schiff die Schuld trägt.
- Beidseitiger Fehler: Eine Kollision, bei der beide Schiffe die Schuld tragen.
- Mehrfache Kollision: Eine Kollision, an der mehr als zwei Schiffe beteiligt sind.
- Zufällige Kollision: Eine Kollision, die zwischen vor Anker liegenden Schiffen durch ein zufälliges Ereignis oder höhere Gewalt verursacht wird. In diesem Fall trägt jedes der beiden Schiffe seinen eigenen Schaden.
- Zweifelhafte Kollision: Eine Kollision, bei der die Ursache oder der Grad der Schuld unklar ist und niemand genau weiß, wer verantwortlich ist.
Sonderfälle und Haftungsfragen
Es gibt auch spezielle Kollisionsfälle, beispielsweise wenn ein Lotse an Bord eines in den Hafen einlaufenden Schiffes ist. Kollisionen von Kriegsschiffen werden anders behandelt als die von Handelsschiffen. Ist ein Schiff schuldig und führt dies zum Verlust des Schiffes, so muss der gesamte Schiffswert kompensiert werden, zusätzlich zu Sach- und Personenschäden.
Kollisionen auf offener See unterscheiden sich von denen im Hafen. Die Gefahr von Kollisionen kann durch entsprechende Transportversicherungen abgedeckt werden. Nicht abgedeckte Schäden fallen in die Verantwortung des Reeders, sofern dieser schuldig ist.