Meisterwerke der Griechischen Skulptur: Archaik bis Spätklassik
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Meisterwerke der Griechischen Skulptur
Die Archaik: Kouros und Kore
Die archaische Epoche (ca. 800-480 v. Chr.) war prägend für die Entwicklung der griechischen Skulptur. In dieser Zeit entstanden die charakteristischen Statuentypen des Kouros und der Kore.
Kouros
- Datierung: Unbestimmt, der hier beschriebene Kouros wird auf ca. 530 v. Chr. datiert.
- Material: Oft aus Parischem Marmor.
- Technik: Direkte Bearbeitung (Carving-Formular).
- Typ: Freistehende Skulptur, ursprünglich polychrom bemalt.
- Merkmale: Frontalität, mandelförmige Augen, steife Armhaltung, unnatürliche Knie, stereotypisches archaisches Lächeln. Deutlicher ägyptischer Einfluss ist erkennbar.
Kore
- Datierung: Stilistisch auf ca. 510-500 v. Chr. datiert.
- Merkmale: Oft mit aufwendiger Haartracht, Gewändern und Manschetten dargestellt.
Gemeinsame Merkmale und Interpretation
Die Skulpturen der archaischen Epoche spiegeln die ländliche Lebensweise und die wirtschaftliche Bedeutung der Kaufmannschaft wider. Sie entstanden in einer Zeit der Tyrannenherrschaften und einer wachsenden öffentlichen Meinung in Griechenland, mit Zentren wie Olympia, die für Kunst, Magie und Religion von großer Bedeutung waren. Auch Poesie, Musik, Kunst und Philosophie blühten auf.
Die Interpretation dieser Statuen variiert: Sie könnten Götter darstellen, Athleten ehren oder als Erinnerung an Verstorbene dienen. Der Kouros, oft nackt und mit dem typischen archaischen Lächeln dargestellt, wird häufig als Grabplastik oder als Darstellung eines Athleten interpretiert. Die Kore hingegen wird oft als Priesterin oder Göttin verstanden.
Funktion der Statuen
- Stellvertretung für eine Gottheit
- Weihgeschenk
- Lobpreisung von Athleten und Siegern
- Grabstatuen
Die Klassik: Polyklets Kanon
Der Doryphoros (Speerträger)
Der Doryphoros, ein junger Athlet mit einem Speer, ist ein Schlüsselwerk des Bildhauers Polyklet und verkörpert dessen theoretische Konzepte des Kanons. Polyklets Werk konzentrierte sich hauptsächlich auf die Darstellung von Athletenfiguren im Auftrag reicher Familien. Das Original war aus Bronze, existiert aber heute nur noch in Marmorkopien.
Das Contrapposto-Prinzip:
- Das rechte Bein trägt das Gewicht und steht fest auf dem Boden.
- Der linke Arm ist entgegengesetzt gebogen, um den Speer zu halten.
- Das linke Bein ist entlastet und ruht leicht auf dem Boden.
- Der rechte Arm hängt entspannt herab, da er frei ist und keine Anstrengung unternimmt.
- Das Knie des Standbeins ist höher als das des Spielbeins, und die Hüfte des Standbeins ist höher als die des Spielbeins, was eine diagonale Spannung erzeugt.
- Der Kopf ist leicht nach unten und rechts geneigt, Torso und Hüften sind im Uhrzeigersinn gedreht.
Polyklet überwindet die Steifheit der archaischen Kouros-Schemata durch die Anwendung eines Systems idealer Proportionen, der Symmetria des nackten männlichen Körpers. Der Künstler beabsichtigt nicht, eine bestimmte Aktion darzustellen, sondern einen Zustand der Ruhe und der enthaltenen Muskelspannung.
Der Diadumenos (Stirnbandträger)
Der Diadumenos, ebenfalls von Polyklet, ist eine weitere freistehende Skulptur der klassischen Periode (5. Jh. v. Chr.). Das Original war aus Bronze, während die erhaltenen Werke Marmorkopien sind. Die Skulptur zeigt einen jungen Athleten, der die Arme hebt, um sich ein Siegesband um den Kopf zu binden. Dies wirft die Frage nach der genauen Übereinstimmung zwischen Kopie und Original auf.
Polyklet präsentiert hier eine Variation des Körpers, der weicher, plastischer und menschlicher wirkt. Die Arme sind erhoben, der Kopf leicht zur Seite geneigt. Die Körper sind runder und natürlicher. Die Haltung ist nachdenklich, der Athlet konzentriert sich auf seine Handlung, was eine humanere Darstellung schafft. Die Prinzipien von Symmetria, Contrapposto, das System des Gleichgewichts, der Kanon und der Idealismus, die bereits beim Doryphoros zu beobachten waren, finden sich auch hier wieder.
Die Spätklassik: Praxiteles' Hermes und Dionysos
Kontext und Thema
Die Skulptur Hermes und Dionysos von Praxiteles ist eine freistehende Marmorskulptur der Spätklassik (4. Jahrhundert v. Chr., ca. 350-340 v. Chr.). Sie war ursprünglich für einen Schrein zur Verehrung des Dionysos bestimmt.
Thema: Hermes, der Götterbote, bietet dem Kind Dionysos, seinem Halbbruder, in einem Moment der Ruhe während ihrer Reise zum Schloss der Nymphen, Trauben an. Hermes muss Dionysos vor dem Zorn der Göttin Hera verstecken, da dieser der Sohn einer der Untreuen ihres Gatten Zeus ist. Das Kind blickt auf die Trauben, die von der Hand des Gottes herabhängen, und möchte sie erreichen.
Stilistische Merkmale
Die Skulptur ist in frontaler Ansicht konzipiert. Das charakteristischste Element ist die praxitelische Kurve, eine elastische Konturlinie, die sich entlang der rechten Seite der Statue zieht. Diese Linie deutet eine aufwärtsgerichtete Bewegung an, die sich vom Fuß über das spannungsvolle Bein und das Becken bis zum erhobenen rechten Arm fortsetzt. Die Figur des Hermes übernimmt das Contrapposto des Doryphoros.
Die psychologische Beziehung zwischen den beiden Charakteren, ihr lieblicher und träumerischer Ausdruck, sowie die sinnliche Darstellung sind charakteristisch für die griechische Kunst, die in der Mitte des 4. Jahrhunderts v. Chr. einen empfindsameren und weniger rationalen Ausdruck von Gefühlen hervorbrachte. Praxiteles' Stil zeichnet sich durch weiche Konturlinien, den Rhythmus in der Körperhaltung und den Gesten sowie die Eleganz des Ausdrucks aus. Diese Skulptur des 4. Jahrhunderts v. Chr. repräsentiert eine romantische Tendenz und markiert einen Übergang zu neuen künstlerischen Ausdrucksformen, die den Hellenismus beeinflussten.