Mittelalterliches Recht: Entwicklung, Kirche und Gesellschaft

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Geschäftsbeziehungen im Mittelalter

Zu dieser Zeit entwickelte sich die Praxis aus Gewohnheit, Sitte und lokalen conventiae (allgemeinen Übereinkünften). Die rechtlichen Kontrakte, wie die Römer sie kannten, existierten zu diesem Zeitpunkt nicht, da die Befugnisse zur Sicherstellung ihrer Erfüllung fehlten (es war ein unsicheres soziales Umfeld). Daher war der Tauschhandel (oder Barter) eine Geschäftsform, die in dieser Zeit großen Wohlstand erreichte. Obwohl es falsch wäre, diesen Mangel an formaler Regulierung in der Wirtschaft als 'Freifahrtschein' für beliebige Verhandlungen zu verstehen, sollte man sich an die am jeweiligen Ort vereinbarten Praktiken halten.

Landwirtschaftliche Verträge im Mittelalter

Verträge waren ein herausragender Bestandteil des hochmittelalterlichen Agrarrechts (basierend auf Gewohnheitsrecht). Gerade in landwirtschaftlichen Verträgen konnte die frühmittelalterliche Praxis ihre Vitalität und Vielseitigkeit unter Beweis stellen. Zu dieser Zeit entstanden die Prekarie und die Verleihung, die keine speziellen landwirtschaftlichen Verträge waren, sondern vertragliche Formen (eine Art landwirtschaftlicher Geschäftsleitfaden, anpassbar an jeden lokalen Brauch).

In der Landwirtschaft ging es auch darum, die Rolle des Anbauers zu regeln (ein Spezialgebiet war die Einführung neuer Kulturen, insbesondere von Bäumen, in einem Gebiet). Aus wirtschaftlichen Gründen wurde zu dieser Zeit die Arbeitskraft zu einer Möglichkeit des Immobilienerwerbs; das heißt, man konnte den Besitz eines Stücks Land erlangen, wenn man es über einen längeren Zeitraum gut bewirtschaftete.

Kapitel V: Die rechtliche Präsenz der Kirche

1. Die Entstehung des Kanonischen Rechts

Die mittelalterliche Zivilisation ist maßgeblich von der katholischen Kirche geprägt worden (nach Fabian Salzer). Im Spätmittelalter füllte die katholische Kirche das durch die Abwesenheit eines starken Staates entstandene Vakuum und übernahm kulturelle, soziale und politische Rollen. Diese Rollen erfüllte die Kirche sehr gut, da sie über eine Pfarreiorganisation verfügte, die es ihr ermöglichte, selbst in die entlegensten ländlichen Gebiete vorzudringen und so großen Einfluss in der mittelalterlichen Gesellschaft zu gewinnen. Die Kirche übernahm und prägte sogar die Gewohnheits- und Rechtspraxis der damaligen Zeit.

Als autonome Einrichtung erkannte die religiöse Gesellschaft die klare Notwendigkeit eines strukturierten Rechtssystems, um ein eigenes Recht, ein kanonisches Recht, zu etablieren. Das kanonische Recht ist eine mittelalterliche Frucht, die in dieser Periode geboren, genährt und gereift ist. Benedikt XV. verkündete den ersten Codex und erklärte, dass dessen Rechtmäßigkeit nicht von einer zivilen Macht, sondern von Christus selbst, dem göttlichen Gesetzgeber, stamme.

Das kanonische Recht wurde nicht nach dem Staat modelliert, da der Staat der rechtlichen Dimension unterliegt, nicht aber der kanonischen, die den rechtlichen Bereich des Religiösen darstellt. Die katholische Kirche ist die zuverlässigste Quelle für die Überlieferung des römischen Rechts, und dies geschieht durch die Konzeption des Gesetzes als ordnende, soziale Grundlage und Machtinstrument. Die Kirche betrachtet das kanonische Recht auch als Instrument der Erlösung, als Mittel zur Erlangung der Ewigkeit.

Während des ersten Jahrtausends spiegelte das kanonische Recht die Probleme wider, mit denen die Kirche konfrontiert war, hauptsächlich zwei Arten:

  • Interne Bedrohungen: Das anhaltende Wachstum ketzerischer und verderblicher Bewegungen innerhalb der eigenen Gemeinde.
  • Externe Bedrohungen: Die Gefahr einer Invasion durch weltliche Mächte, die gefährlich sein konnte, selbst wenn sie sich als Schutz der Kirche tarnten (wie im Fall der karolingischen Herrscher).

2. Die Originalität des Kanonischen Rechts

Ein Text aus dem elften Jahrhundert, der den Entstehungsprozess des kanonischen Rechts widerspiegelt, ist das Werk des methodischen Ivo, Bischof von Chartres, von unbestrittener Bedeutung. In diesem Werk wird versucht, eine Harmonisierung der discordantiae (Diskrepanzen) und Widersprüche im Recht zu erreichen. In den ersten tausend Jahren der Kirche gab es eine solche Vielfalt an Texten und unterschiedlichen Ansichten innerhalb der Kirche, dass es notwendig wurde, die Arbeit der Kirche in einem einzigen Werk zu vereinen.

Fundamentale Gewissheiten: Individuum & Gemeinschaft

Die Gemeinschaft bot Sicherheit und Schutz. Denn die Kirche sah das Seelenheil im Schoß der Gemeinschaft und nicht in Isolation. Das Individuum wurde als Teil des Ganzen betrachtet; ohne die Gemeinschaft ist es nichts, da es vor Gott unvollkommen ist.

Mittelalterliches Recht als Rechtsordnung

Es basiert auf einer mittelalterlichen anthropologischen Grundlage, denn dies ist der einzige Weg zu Einheit, Frieden und Harmonie. Das Recht entspricht einer Ordnung und ordnet auch die Gesellschaft.

Kapitel IV: Rechtliche Figuren und Erfahrungen

1. Die Sitte als rechtliche Institution

Das Gesetz ist die stabilisierende Basis, die sich nicht mit dem Alltäglichen und dessen Störungen vermischt. Die Sitten ordnen die sich wandelnde Gesellschaft. Sie sind das Fundament der Ordnung, und der Einzelne fügt sich in sie ein, da der Brauch von der Gemeinschaft gepflegt wird. Andererseits ist das Recht nur ein Gefäß der Sitte (lex et consuetudo). Das Gesetz neigt dazu, flexibel an die Sitte angepasst zu werden. Recht: Das Ergebnis der Zustimmung des Volkes und der königlichen Verabschiedung (regia).

2. Fürst, Individuen und Gewohnheitsrecht

Der Fürst muss von Fairness und Gerechtigkeit geleitet regieren. Verstanden als Gleichheit und Gerechtigkeit in Übereinstimmung mit der Natur der Dinge. Er wird nicht als Schöpfer des Rechts betrachtet, sondern als Interpret (der Sitten). Gewohnheitsrecht entsteht von unten, aus der Realität der Moral, es ist in den Dingen eingeschrieben. Daraus ergibt sich ein rechtlicher Partikularismus.

Die realen Situationen und ihre rechtliche Bedeutung

Der eigentliche Kern dieses Abschnitts liegt in der Analyse der realen Probleme, mit denen die Menschen zu dieser Zeit konfrontiert waren. Im frühen Mittelalter, insbesondere in der Landwirtschaft, war die Beziehung zwischen Mensch und Land lebendig und der zentrale Dreh- und Angelpunkt der Gesellschaft.

Die klassischen Römer unterteilten die Welt rechtlich in:

  • Dominium: individuelle Souveränität, Freiheit und Unabhängigkeit der Handlung des dominus.
  • Possessio: die De-facto-Beziehung zu einer Sache.
  • Detentatio: lediglich eine Berührung mit der Sache, deren Nutzung oder Genuss.

Die neue protomittelalterliche Rechtszivilisation lehnte diese Auffassung vom Recht als zu anthropozentrisch ab. Die protomittelalterliche Rechtskonzeption betonte stattdessen die Verflechtung zwischen Dingen und Menschen (z.B. das Land-Mensch-Verhältnis) anstatt menschliche Fähigkeiten (wie im klassischen römischen Recht). Das heißt, die protomittelalterliche Rechtsvision stand in direktem Zusammenhang mit realen Situationen und nicht mit den Befugnissen des Menschen, wie es die römische tat.

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