Mittelalterliches Recht: Ius Commune, Kanonisches Recht & Pluralismus
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Die Beziehung zwischen Gemeinem Recht und Partikularrecht
Die gesetzlichen Rechte (Statuten, lokales juristisches Leben) dürfen nicht isoliert verstanden werden, sondern in ständiger Dialektik mit dem Ius Commune (Gemeines Recht). Das Partikularrecht (Ius Proprium) ist dasselbe wie das Eigene Recht, basierend auf Gewohnheiten. Das Ius Commune hingegen basiert auf universellen Prinzipien, die seit dem 13. Jahrhundert als Grundlage dienen.
Im Recht gilt kein Gesetz mehr als das andere; das Eigene Recht ist ebenso legitim wie das Gemeine Recht. Sie schlossen sich nicht gegenseitig aus. Es war ein universelles Recht. Das Ius Commune war eine universelle, expansive Kraft.
Kapitel IX: Praxis und Wissenschaft im Recht
Erfahrung und Praxis in ihrer Ordnungsfunktion: Das reale Recht
Die protomittelalterliche Praxis erfasste reale Situationen nur intuitiv. Die Kommentatoren und Glossatoren erkannten die Notwendigkeit, diese zu behandeln.
Das römische Recht regelte die Eigentumsrechte unter dem Begriff Dominium (im Hinblick auf das Eigentum). Es gab drei Kriterien für die Klassifizierung: Erwerb, Überprüfung und spätere Übertragung.
Die absolutistische Doktrin des geteilten Dominiums (direktes oder indirektes, oder innerer Kern und äußere Schicht) scheint das Wesen oder die Tauglichkeit der Sache zu berücksichtigen. Mit der Entwicklung dieser Lehre stimmten Wissenschaft und Praxis überein.
Wissenschaftliche Praxis wird heute als effektives Management-Tool anerkannt, das die Praxis vorantreibt.
Der Mietvertrag über Sachen
Der Abschluss des Mietvertrags über Sachen war ein Sonderfall bei der Konstruktion von Eigentumsrechten, da nach zivilrechtlicher Tradition Eigentum auf Gewinn ausgerichtet und nicht von Natur aus gegeben war, was als undenkbar galt. Auf der anderen Seite standen die germanischen Stämme, die das Gegenteil glaubten.
Obligationen und Rechtsgeschäfte unter Lebenden
- Die Obligation ist eine intersubjektive Beziehung, ein subjektiver Reibungspunkt zwischen zwei oder mehr Einheiten.
- Hinter dem iuris vinculum wirken moralische und wirtschaftliche Kräfte.
- Der Trend zu atypischen Verträgen hält an.
- Zwei Arten von Bündnissen: pacta nuda (Kapitel VII, Punkt 4) und pacta vestita (gesellschaftliche Anerkennung).
- Verträge werden nach ihrer Substantia (Substanz) oder Art (Eigenschaften) unterschieden.
- Natur: Sie ist der Sache angeboren, aber flexibel. Dies führte zu einem Aufschwung der Gültigkeit einer zunehmenden Zahl atypischer vertraglicher Strukturen.
Aequitas, Tolerantia und Dissimulatio im Kanonischen Recht
- Dissimulatio bedeutet, die strikte Anwendung einer Regel zu vermeiden, um ein größeres Übel zu verhindern (z.B. die Duldung der Ehe eines Priesters, um Unzucht zu vermeiden).
- Es geht nicht darum, eine Bestimmung zu umgehen, sondern die strenge Anwendung der Regel zu vermeiden, wenn dies relevant ist.
Kanonische Einflüsse: Gerechtigkeit und Vertragstheorie
- Die Aequitas (Gerechtigkeit) und die Wandelbarkeit des menschlichen Rechts beeinflussten das kanonische Recht und das Zivilrecht.
- Die Aequitas prägte die Vertragstheorie, und die theologischen Wurzeln des Rechts trugen zur Theorie der juristischen Person bei.
- Pacta nuda: Die Lehre erklärt, dass Vereinbarungen, die keine formalen Anforderungen erfüllten und sich mit nicht-rechtlichen Fragen befassten, nach Justinian ungültig waren.
- Die kanonische Aequitas überwindet die Starrheit der Gesetze. Für das kanonische Recht war die natürliche Billigkeit zwischen den Vertragsparteien (pactantes) Grund genug für die Gültigkeit eines Bundes. Das kanonische Recht hatte keine rein formale, sondern eine substanzielle Sichtweise.
Kanonische Einflüsse: Der Begriff der juristischen Person
- Ergebnis einer konstruktiven und abstrakten juristischen Wissenschaft.
- Es gibt keine rationale Entsprechung zur Idee des Leibes der Kirche, einer metaphysischen Realität... dem Corpus mysticum.
- Es ist auch eine persönliche metaphysische Realität: die Persona Ficta.
Kapitel VIII: Rechtspluralismus im Spätmittelalter
Einheit in der Vielfalt
Im 13. Jahrhundert kam es zu Überschneidungen und Koexistenz zwischen dem Gemeinen Recht (Ius Commune) und dem Partikularrecht (Ius Proprium).
- Rechtlich: Das Partikularrecht (gewohnheitsrechtlich) und das Universalrecht (wissenschaftlich, allgemein).
- Partikularrecht (Ius Proprium): Geschriebene Regeln. Drei Typen: Territoriales Recht (eigenes Hoheitsgebiet), Handelsrecht und Feudalrecht.
- Eigenschaften des Partikularrechts: Es erhebt keine totalitären Ansprüche, sondern ergänzt das Gemeine Recht.
- Der spätmittelalterliche Partikularismus bedeutete Autonomie, wodurch mehrere Systeme nebeneinander existierten.
Bedeutung des Gemeinen Rechts (Ius Commune)
- Interpretatio: Das Ergebnis der Wissenschaft, die das Gemeine Recht (Ius Commune) hervorbrachte. Sie schuf Recht (oder die Vereinbarkeit von Fakten und Texten).
- Das Gemeine Recht (Ius Commune) hatte zwei Stufen:
- Gültigkeit: Gültige Texte, die das Zivilrecht und das kanonische Recht untersuchten (Corpus Iuris Civilis und Corpus Iuris Canonici).
- Wirksamkeit: Doktrinärer Aufbau.
- Das Gemeine Recht (Ius Commune) hatte nur einen Hintergrund: ein materielles Recht (das göttliche Recht).