Muskelanatomie: Aufbau, Funktion und Kontraktion der menschlichen Muskulatur
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Muskelanatomie: Aufbau und Funktion
Die Muskulatur umfasst über 600 Muskeln im menschlichen Körper, deren Hauptfunktion die Erzeugung von willkürlichen und unwillkürlichen Bewegungen ist. Muskelgewebe ist eines der Gewebe des menschlichen Körpers und anderer Tiere, das sich durch seine Kontraktionsfähigkeit auszeichnet, meist als Reaktion auf Nervenreize. Die strukturelle und funktionelle Einheit des Muskels ist die Muskelfaser, eine sehr kleine, fadenförmige Struktur, die aus komplexen Proteinen besteht. Um die Muskelkontraktion zu verstehen, muss man die Organisation der Zellen, die Bestandteil des Muskelgewebes sind, begreifen.
Feinbau der Muskelfaser
Muskeln bestehen aus einer Reihe von Faserbündeln, die wie die Adern eines Kabels in einer Bindegewebshülle, dem Perimysium, eingeschlossen sind. Jede Muskelzelle bzw. -faser besteht aus vielen Myofibrillen, die wiederum aus dicken und dünnen kontraktilen Myofilamenten aufgebaut sind. Jedes dicke Myofilament enthält Hunderte von Myosinmolekülen, einem Protein mit ATP-Bindungsstellen. Die dünnen Filamente bestehen aus zwei Strängen des Proteins Aktin. In den Myofilamenten sind zudem akzessorische Proteine wie Troponin (mit Kalzium-Bindungsstellen) und Tropomyosin vorhanden.
Aktin- und Myosinfilamente sind in Strukturen organisiert, die als Sarkomere bezeichnet werden – die Grundeinheiten der Muskelkontraktion. Die Sarkomere sind an ihren Enden durch sogenannte Z-Scheiben begrenzt. Während der Muskelkontraktion gleiten diese Filamente ineinander, wobei sich überlappende Enden abwechseln und von Brücken durchzogen sind, die als „Räder“ wirken. Die für diese Bewegung benötigte Energie stammt aus den zahlreichen Mitochondrien, die die Muskelfasern umgeben.
Hauptfunktionen der Muskulatur
Die Hauptfunktionen der Muskeln umfassen:
- Die Erzeugung willkürlicher Bewegungen (gesteuert durch die Hirnrinde).
- Die Erzeugung unwillkürlicher Reflexe.
- Die Aufrechterhaltung der Körperhaltung.
- Die Wärmeerzeugung durch Bewegung.
Für diese lebenswichtigen Funktionen benötigen die Muskeln Sauerstoff und Glukose; je mehr ein Muskel arbeitet, desto höher ist sein Bedarf an diesen Nährstoffen.
Eigenschaften der Muskeln
Einige wichtige Eigenschaften der Muskeln sind:
- Erregbarkeit: Die Fähigkeit, auf Reize zu reagieren.
- Kontraktilität: Die Fähigkeit, sich zu verkürzen oder zusammenzuziehen.
- Dehnbarkeit: Die Fähigkeit, sich zu verlängern und zu dehnen.
- Elastizität: Die Fähigkeit, nach einer Dehnung in die ursprüngliche Länge und Form zurückzukehren.
Muskeltypen und ihre Steuerung
Muskeln werden in glatte und quergestreifte Muskeln unterteilt, wobei letztere weiter in Herzmuskel und Skelettmuskel differenziert werden. Je nach Steuerung unterscheidet man:
- Willkürliche Muskeln: Kontrolliert durch bewusste Entscheidungen des Individuums.
- Unwillkürliche (viszerale) Muskeln: Gesteuert durch das autonome Nervensystem.
- Eigenkontrahierende Muskeln: Kontrahieren rhythmisch und ununterbrochen (z.B. Herzmuskel).
- Gemischte Muskeln: Teilweise willkürlich, teilweise unwillkürlich gesteuert (z.B. Augenlider).
Glatte Muskulatur
Glatte Muskelzellen finden sich in den Wänden von Magen, Darm, Gebärmutter, Verdauungstrakt, inneren Organen und Blutgefäßen. Diese unwillkürliche Muskulatur wird vom autonomen Nervensystem gesteuert. Ihre Zellen sind spindelförmig, haben keine Querstreifung und sind einkernig. Die Kontraktionsgeschwindigkeit ist langsam, aber sie besitzt eine hohe Anpassungsfähigkeit, um über längere Zeiträume kontrahiert zu bleiben. Oft kontrahiert sie als Reaktion auf einfache Dehnung, und die Kontraktion neigt dazu, verlängert zu sein. Sie ist gut geeignet für Aufgaben wie die Regulierung des Blutdrucks durch anhaltende Kontraktion der Arteriolenwände.
Herzmuskulatur
Die Herzmuskulatur befindet sich in den Wänden des Herzens und ist eine unwillkürliche Muskulatur, die vom vegetativen Nervensystem gesteuert wird. Ihre Fasern sind am Ende verzweigt und bilden komplexe Netzwerke. Sie sind zylindrisch, länglich, weisen Querstreifung auf und besitzen ein oder zwei Kerne pro Faser. Die Kontraktionsgeschwindigkeit ist mittelschnell, und die Fähigkeit, kontrahiert zu bleiben, ist ebenfalls ausgeprägt. Ein weiteres Merkmal des Herzmuskelgewebes sind die Glanzstreifen, spezialisierte Verbindungsstellen zwischen den Fasern. Dieser Muskel kontrahiert rhythmisch und pumpt bei jeder Kontraktion Blut.
Skelettmuskulatur
Die Skelettmuskulatur ist am Skelett befestigt, ist willkürlich steuerbar und wird vom zentralen Nervensystem kontrolliert. Ihre Fasern sind länglich (bis zu 2-3 cm), zylindrisch und haben stumpfe Enden. Sie weist Querstreifung auf, und jede Skelettmuskelfaser enthält mehrere Zellkerne – eine Ausnahme von der Regel, dass Zellen nur einen Kern besitzen. Die Kontraktion ist im Vergleich zu anderen Muskelgeweben schneller, und die Fähigkeit, dauerhaft kontrahiert zu bleiben, ist geringer. Sie bildet die größte Muskelmasse, die an den Knochen befestigt ist. Wenn dieser Muskel durch einen einzelnen kurzen Impuls angeregt wird, kommt es zu einem schnellen, einzelnen Zucken, das im Alltag jedoch nicht auftritt, außer bei Laborexperimenten.
Muskelkontraktion: Der Neurotransmitter-Zyklus
Der Neurotransmitter-Zyklus bei der Muskelkontraktion läuft in mehreren Schritten ab:
- In einer motorischen Einheit stimuliert ein Motoneuron die Muskulatur, wobei es funktionell mit etwa 150 Muskelfasern verbunden ist. Wird ein Motoneuron stimuliert, erfolgt die Freisetzung des Neurotransmitters Acetylcholin im synaptischen Spalt, dem Raum zwischen den Neuronen und jeder Muskelfaser.
- Acetylcholin bindet an Rezeptoren auf jeder Muskelfaser, was eine elektrische Veränderung, die sogenannte Depolarisation, entlang des Sarkolemms auslöst. Diese Depolarisation erzeugt einen elektrischen Impuls oder ein Aktionspotential.
- Das Aktionspotential breitet sich entlang des Sarkolemms über die Membranen der T-Tubuli (Einstülpungen der Plasmamembran der Muskelfaser) aus und erreicht das sarkoplasmatische Retikulum.
- Das Aktionspotential verändert die Durchlässigkeit des sarkoplasmatischen Retikulums, wodurch Proteinkanäle die Freisetzung von Kalziumionen in das Zytoplasma ermöglichen.