Mutuum (Darlehen) und Pignus (Pfandrecht) im Römischen Recht
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Das Mutuum (Darlehen)
Das Mutuum ist ein Realvertrag, einseitig und strengrechtlich. Mit diesem Vertrag erhält eine Person, der Darlehensnehmer (mutuarius), von einer anderen Person, dem Darlehensgeber (mutuans), eine bestimmte Menge Geld oder anderer vertretbarer Sachen (res fungibiles) und verpflichtet sich, Sachen der gleichen Menge, Art und Güte (tantundem eiusdem generis et qualitatis) zurückzuzahlen.
Merkmale des Mutuums
- Es ist ein Realvertrag, da er durch die Übergabe (datio rei) der Sache zustande kommt.
- Es ist ein einseitiger Vertrag, da nur für eine Partei, den Darlehensnehmer, Verpflichtungen entstehen, nämlich die Pflicht zur Rückzahlung des erhaltenen Betrags oder der Sache nach Ablauf der vereinbarten Zeit oder bei Fälligkeit.
- Die wirtschaftliche und soziale Funktion des Mutuums ist die eines Konsumkredits.
- Es ist ein strengrechtlicher Vertrag (negotium stricti iuris), da er geschützt wurde durch:
- Die actio certae creditae pecuniae, wenn es sich um eine Geldsumme handelte.
- Die condictio triticaria, wenn es sich um andere vertretbare Sachen (z.B. Getreide) handelte.
Der historische Ursprung des Mutuums liegt vermutlich im freundschaftlichen Darlehen.
Parteien
- Der Darlehensgeber (mutuans) ist die Person, die Geld oder vertretbare Sachen übergibt.
- Der Darlehensnehmer (mutuarius) ist die Person, die das Darlehen empfängt.
Für die Übertragung des Eigentums an den Sachen muss der Darlehensgeber sowohl geschäftsfähig als auch verfügungsbefugt sein.
Sonderfall: Senatus Consultum Macedonianum
Das Senatus Consultum Macedonianum verbot Darlehen an Hauskinder (filiifamilias), sodass diese nicht zur Rückzahlung verpflichtet waren, nicht einmal nach dem Tod des Hausvaters (pater familias). Ziel des Senatsbeschlusses war der Schutz des Hausvaters. Der Überlieferung nach tötete ein Haussohn namens Macedo seinen Vater, um zu erben und seine Schulden bezahlen zu können. Obwohl das Darlehen an ein Hauskind verboten war, konnte dieses, wenn es freiwillig zahlte, das Geleistete nicht als ungerechtfertigte Zahlung zurückfordern (condictio indebiti). Die Zahlung führte zum Erlöschen einer Naturalobligation.
Sachliche Voraussetzungen
- Gegenstand sind Geld oder andere vertretbare Sachen (res fungibiles).
- Das Eigentum an diesen Sachen geht mit der Übergabe (datio) auf den Darlehensnehmer über.
- Wesentliches Element des Mutuums ist die Übergabe der Sache.
- Ein weiteres Element ist die Einigung der Parteien (conventio), die auf die Rückgabe des Geleisteten abzielt.
Wirkungen
Da das Mutuum den Übergang des Eigentums an Geld oder vertretbaren Sachen bewirkt, entsteht für den Darlehensnehmer die Verpflichtung, Sachen gleicher Menge, Art und Güte zurückzugeben (tantundem eiusdem generis et qualitatis). Das Mutuum ist grundsätzlich unentgeltlich, d.h., es fallen keine Zinsen an.
Ausnahmen: Zinsvereinbarungen
Zinsen konnten jedoch vereinbart werden durch:
- Eine separate Zinsstipulation (stipulatio usurarum).
- Sonderfälle wie das Seedarlehen (foenus nauticum): Hierbei wurde Geld für den Kauf von Waren geliehen, die auf dem Seeweg transportiert wurden. Der Darlehensgeber trug das Risiko des Untergangs, weshalb höhere Zinsen zulässig waren (oft verbunden mit einem Pfandrecht an den Waren).
Pfandrecht: Pignus und Hypothek
Der lateinische Begriff für Pfand ist pignus. Im klassischen Recht ist das pignus (Faustpfand) ein dingliches Sicherungsrecht, das dem Gläubiger an einer Sache des Schuldners oder eines Dritten aufgrund einer Vereinbarung (conventio pignoris) und der Übergabe der Sache (datio pignoris) an den Gläubiger zusteht.
Pignus im weiteren Sinne und Hypothek
Römische Quellen verwenden den Begriff pignus in zweifacher Bedeutung:
- Im engeren Sinne (Faustpfand): Das dingliche Recht, bei dem der Schuldner dem Gläubiger den Besitz an der Sache überträgt.
- Im weiteren Sinne: Umfasst auch die Begründung eines dinglichen Rechts an der Sache ohne Besitzübertragung vom Schuldner, was später als Hypothek (hypotheca) bezeichnet wurde.
Die Hypothek (hypotheca oder pignus conventum) ist das Pfandrecht, das durch bloße Vereinbarung (conventio) zwischen den Parteien ohne Besitzübergabe begründet wird.
Ursprung der Hypothek
Der Ursprung der Hypothek wird üblicherweise in der Vereinbarung zwischen dem Verpächter (Vermieter) und dem Pächter (Mieter) eines landwirtschaftlichen Grundstücks gesehen, um die Forderungen aus dem Pachtvertrag (z.B. Pachtzins) durch die eingebrachten Ackergeräte (invecta et illata) zu sichern.
- Der Prätor gewährte dem Verpächter bei Nichtzahlung des Pachtzinses das Interdictum Salvianum, mit dem er den Besitz an diesen Geräten erlangen konnte, solange sie sich auf dem Grundstück befanden.
- Dieses Interdictum Salvianum war jedoch nicht gegen Dritte wirksam, falls diese den Besitz an den Geräten erlangt hatten. Später gewährte der Prätor dem Verpächter daher die Actio Serviana. Diese konnte gegen jeden Besitzer der verpfändeten Sachen gerichtet werden.
- Die Actio Serviana wurde später erweitert (als actio quasi Serviana, actio hypothecaria oder actio pigneraticia in rem) und konnte zur Sicherung aller Arten von Forderungen an beliebigen Sachen eingesetzt werden.
Mit der Etablierung der Hypothek konnte der Pfandgläubiger sein dingliches Recht an einer Sache geltend machen, die nicht nur im Eigentum, sondern auch im Besitz eines anderen (des Schuldners oder eines Dritten) verblieb.
Begründung des Pfandrechts (Pignus/Hypothek)
Es gibt verschiedene Arten der Pfandrechtsbegründung:
- Vereinbarung (conventio pignoris): Durch bloße Einigung der Parteien.
- Letztwillige Verfügung (Testament): Durch Anordnung des Erblassers.
- Richterliche Entscheidung: Z.B. zur Urteilsvollstreckung oder durch eine Besitzeinweisung (missio in possessionem) zur Gefahrenabwehr.
- Stillschweigende Begründung (stillschweigende Hypothek): Aufgrund eines mutmaßlichen Parteiwillens (z.B. bei der Miete/Pacht bezüglich der invecta et illata).
- Gesetzliche Begründung (gesetzliche Hypothek): Entsteht kraft Gesetzes (pignus legale). Man unterscheidet:
- Spezialhypotheken (an bestimmten Sachen): Beispiele aus der Antike:
- Zugunsten des Darlehensgebers (mutuans) an einem Gebäude, für dessen Wiederaufbau das Darlehen gewährt wurde.
- Zugunsten des Mündels (pupillus) an Sachen, die der Vormund (tutor) mit Mündelgeld erworben hat.
- Generalhypotheken (am gesamten Vermögen): Wurden in der nachklassischen Zeit häufiger. Beispiele:
- Zugunsten des Fiskus (Staatskasse) am Vermögen des Steuerschuldners.
- Zugunsten der Ehefrau am Vermögen des Ehemannes zur Sicherung der Rückgabe der Mitgift (dos).
- Spezialhypotheken (an bestimmten Sachen): Beispiele aus der Antike: