Nietzsche im Dialog: Moralphilosophie und Menschenbild der Antike

Eingeordnet in Philosophie und Ethik

Geschrieben am in Deutsch mit einer Größe von 4,39 KB

Nietzsche und Sokrates: Eine moralische Konfrontation

Gemeinsamer Fokus auf moralische Werte

Sokrates ist das Hauptziel von Nietzsches Moralkritik. Die Philosophie des Sokrates reflektiert über ethische Werte und sucht nach deren Definition, um dem Relativismus der Sophisten entgegenzuwirken. Nietzsches tiefste und systematischste Kritik an der westlichen Kultur ist eine Kritik der moralischen Werte. Für Nietzsche ist die Moral eine der Wurzeln der Krankheit und des Niedergangs der modernen Kultur.

Fundamentale Unterschiede in der Moralphilosophie

  • A) Nietzsche als Antithese zu Sokrates

    Nietzsche sieht Sokrates als die Antithese zu sich selbst, als den großen Verderber. Mit ihm triumphierte die Theorie des „theoretischen Menschen“ über den „tragischen Menschen“. Der „hässliche“ Sokrates ist für Nietzsche der Urheber der Trennung zwischen dem Apollinischen und Dionysischen. Er gab dem Apollinischen (der Rationalität und Moral) den Vorrang vor dem Dionysischen (den Instinkten). Sokrates setzte Glück mit Weisheit gleich und den klugen Menschen mit einem tugendhaften Menschen, wodurch er Misstrauen gegenüber dem Vitalen und Instinktiven säte. Nietzsche hingegen wählt das leidenschaftliche Leben als absoluten Wert: Das Wesen der Welt und des Menschen ist nicht die Vernunft, sondern Impuls, Leben, Wille zur Macht.

  • B) Methoden zur Moralanalyse

    Die Methode des Sokrates zur Untersuchung moralischer und ethischer Werte ist rational. Nietzsche hingegen verwendet die genealogische Methode, die versucht, den Ursprung der Vorstellungen von Gut und Böse durch eine doppelte etymologische und historische Analyse aufzudecken.

  • C) Nietzsches Sicht auf die Moral

    Für Nietzsche ist die Moral eine Erfindung der Priesterkaste, eine Perversion, die den Instinkt der Grausamkeit gegen sich selbst richtet.

  • D) Fazit: Wille zur Wahrheit vs. Wille zur Macht

    Zusammenfassend lässt sich sagen: Für Sokrates ist der menschliche Wille untrennbar mit der Wahrheit verbunden; für Nietzsche ist er der Wille zur Macht.

Nietzsches Übermensch im Vergleich zu Platons Menschenbild

Gemeinsamkeiten in der Konzeption des Menschen

Sowohl Platons als auch Nietzsches Menschenbild leitet sich aus ihrer jeweiligen Auffassung der Realität ab. Platon postuliert zwei Welten: die Welt der Ideen und die sinnliche Welt. Nietzsche hingegen sieht das Leben als Wille zur Macht.

Wesentliche Unterschiede im Menschenbild

  • 1) Dualismus vs. Vitalismus

    Platon vertritt eine dualistische Anthropologie, in der die unsterbliche Seele das wichtigste Element des Menschen ist und deren Bestimmungsort die Welt der Ideen ist. Der Körper ist im Gegenteil das Gefängnis der Seele. Für Platon ist das Ideal die Unterordnung der instinktiven und leidenschaftlichen Seele unter die rationale Seele. Der kluge Mensch handelt gut und erreicht das Gute. Nietzsches Konzept des Übermenschen stellt die Antithese zu dieser dualistischen Anthropologie dar. Es ist die Ablehnung des dekadenten Menschen der westlichen Kultur, der die Vernunft irrational verachtet. Er schlägt den Übermenschen als vitalistischen Menschen vor, der von Religion, Moral und Metaphysik befreit ist.

  • 2) Schicksal der Seele und Weltauffassung

    Für Platon ist das Schicksal der Seele die ideale Welt, die Befreiung vom Körper, der zur sinnlichen Welt gehört und ein Gefängnis ist. Diese sinnliche Welt ist nur Schatten und Schein, während die Welt der Ideen die wahre und reale Welt ist, gekrönt von der Idee des Guten. Für Nietzsche ist das Leben absolut. Er lehnt Platons Metaphysik als Täuschung ab, denn die einzige Welt ist die sinnliche Welt des reinen Werdens, wie Heraklit sagte – eine Ansicht, der Nietzsche zustimmt. Der Übermensch hingegen hört nicht auf den Logos, der von einer jenseitigen Welt spricht, sondern bleibt dieser Erde treu.

  • 3) Wesen des Menschen: Vernunft vs. Wille zur Macht

    Für Platon ist die Vernunft das Wesen des Menschen; für Nietzsche ist der Mensch Leben und Wille zur Macht. Während Platon ein Rationalist war und der Vernunft vertraute, um die absolute Wahrheit zu erreichen, ist Nietzsche irrational und sieht die Vernunft als unfähig an, das Leben zu erfassen. Wissen ist für ihn Betrug und Illusion.

Verwandte Einträge: