Notwehr und Notstand im deutschen Strafrecht
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Notwehr: Voraussetzungen im deutschen Strafrecht
Ein rechtswidriger Angriff (vorsätzlich) ist ein wesentliches Element, ohne das keine Notwehr anerkannt würde. Der Angriff muss sein:
- Physisch, real, aber nicht zwingend vollendet.
- Gegenwärtig im Sinne von unmittelbar bevorstehend oder andauernd. Eine Verteidigung ist weder zu früh noch zu spät zulässig.
- Rechtswidrig (betrifft Person, Haus oder Eigentum). Es ist nicht erforderlich, dass der Angreifer schuldhaft handelt.
Erforderlichkeit der Verteidigungshandlung
Die Erforderlichkeit der verwendeten Verteidigungsmittel ist ein akzessorisches Element. Fehlt sie, liegt keine vollständige, sondern eine unvollständige Notwehr vor. Dies bedeutet, dass die Verteidigungsmittel so wenig invasiv wie möglich und mit der geringstmöglichen Intensität eingesetzt werden sollten (Gebot des mildesten Mittels). Die Notwehr ist jedoch primär durch die Notwendigkeit gerechtfertigt, nicht durch eine strikte Verhältnismäßigkeit. Es kann nicht verlangt werden, dass sich der Angegriffene in der Stresssituation der Verteidigung in Ruhe die verhältnismäßigsten Mittel überlegt.
Keine Provokation durch den Angegriffenen
Ein weiteres akzessorisches Element ist das Fehlen einer ausreichenden Provokation seitens des Angegriffenen.
Subjektives Element: Verteidigungswille
Gemäß der Rechtsprechung ist ein subjektives Element erforderlich: der Verteidigungswille. Es muss eine Verteidigungsabsicht vorliegen.
Der rechtfertigende Notstand
Konzept des Notstands
Der Notstand beschreibt eine Gefahrensituation (verursacht durch rücksichtsloses Verhalten, erlaubtes Handeln oder Naturereignisse), die ex ante und ex post rechtlich bestätigt, dass die Rechtsordnung zugunsten eines überwiegenden Interesses durchbrochen werden darf. Er kann als vollständiger oder unvollständiger Rechtfertigungsgrund wirken.
Grundlage des Notstands
Die Grundlage des Notstands ist die Rechtfertigung eines Verhaltens, das ein geringeres Übel verursacht, als das, welches droht.
Arten des Notstands
1. Rechtfertigender Notstand
Das Übel stammt von rücksichtslosem Verhalten.
2. Entschuldigender Notstand
Das Übel stammt aus Naturereignissen oder erlaubtem Verhalten. Diese Situationen führen zu extremen persönlichen Konflikten, die in den Bereich der Unzumutbarkeit fallen.
3. Notstand, der Personen betrifft
Eigene Person, Dritte oder benötigte Hilfe.
4. Notstand, der Eigentum oder Rechte betrifft
Pflichtenkollision bei Unmöglichkeit der gleichzeitigen Erfüllung beider.
Voraussetzungen des Notstands
1. Notstandslage
Eine reale, gegenwärtige und unmittelbare Gefahr eines Übels, die nur durch die Verletzung von Interessen anderer abgewendet werden kann. Subsidiarität ist erforderlich.
2. Güterabwägung
Der verursachte Schaden darf nicht größer sein als der abgewendete Schaden. Es erfolgt eine Güterabwägung unter Berücksichtigung der Würde der Person, des Prinzips der vorherigen Güterverteilung und der Umstände des Einzelfalls.
Mögliche Abstufung der Verantwortlichkeit:
- Verursachter Schaden ist geringer als der abgewendete: vollständige Rechtfertigung.
- Verursachter Schaden ist etwas höher: unvollständige Rechtfertigung.
- Verursachter Schaden ist deutlich überlegen: Strafbarkeit.
3. Keine vorsätzliche Herbeiführung der Notstandslage
Die Notstandssituation darf nicht vorsätzlich durch den Handelnden herbeigeführt worden sein.
4. Zumutbarkeit des Opfers
Dem Handelnden darf es nicht zumutbar sein, das Opfer aufgrund seines Amtes oder seiner Stellung zu bringen.