Oberflächenbehandlungen im Straßenbau: Verfahren und Materialien
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Oberflächenbehandlungen
Oberflächenbehandlungen im Straßenbau umfassen:
- Eine dünne Bitumenschicht (typischerweise 1-4 cm dick), die auf eine bestehende Oberfläche aufgebracht wird.
- Sie dienen dazu, bestimmte Funktionen wie eine widerstandsfähige Oberfläche, verbesserte Textur, Abdichtung und Haftung zu gewährleisten.
- Sie erhöhen in der Regel nicht die strukturelle Festigkeit des Belags.
- Sie verbessern nicht die Ebenheit der darunterliegenden Schicht wesentlich.
Oberflächenbehandlungen ohne Splittabstreuung
Schwarzdeckenbewässerung (Fog Seal)
Dies ist eine Oberflächenbehandlung für Strecken mit geringer Verkehrsintensität. Sie dient der Abdichtung gegen Alterungseinflüsse, der Verjüngung der bestehenden Oberfläche und kann zusätzlich mit Sand abgestreut werden, um die Griffigkeit zu erhöhen.
Verwendete Produkte:
- Flüssige Bindemittel
- Anionische Emulsionen (EA) mit langsamem (L) oder mittlerem (M) Bruchverhalten, in Wasser verdünnt
- Restbitumengehalt: 0,2 bis 0,4 kg/m²
Ausführungsschritte:
- Kehren der Oberfläche
- Benetzen (falls erforderlich)
- Aufbringen der Emulsion
Staubbindende Bewässerung (Dust Palliative)
Anwendung eines Bindemittels auf unbefestigten Straßen. Ihre Funktion ist die Staubbindung, der Erosionsschutz und eine gewisse Abdichtung, jedoch mit einer begrenzten Wirkungsdauer.
Vorspritzmittel / Haftgrund (Primer)
Applikation eines flüssigen Bindemittels auf einer ungebundenen Tragschicht (z.B. Schottertragschicht) oder dem Planum. Das Material muss in die Oberfläche eindringen.
Funktion: Vorbereitung der Oberfläche, um den Verbund mit nachfolgenden Asphaltschichten (z.B. Asphaltbinderschicht) zu gewährleisten.
Materialien:
- Spezielle Grundierungsemulsionen (z.B. EAI, ECI)
- Langsam brechende Emulsionen (z.B. EAL-1, ECL-1)
Auftragsmenge: Das Material sollte innerhalb von 24 Stunden absorbiert werden. Die Auftragsmenge beträgt ca. 1 kg/m² Restbitumen (Richtwert > 0,5 kg/m²).
Ausführungsschritte:
- Kehren der Oberfläche
- Benetzen (falls erforderlich)
- Aufbringen des Primers
- Trocknen lassen
- Gegebenenfalls Abstreuen (um ein Kleben zu verhindern)
Haftvermittler (Tack Coat / Bond Coat)
Anwendung einer geringen Menge Asphaltemulsion auf einer bereits behandelten Oberfläche (asphaltiert oder mit hydraulischem Bindemittel).
Funktion: Sicherstellung des Schichtenverbunds zwischen den einzelnen Asphaltschichten.
Materialien: Schnell brechende Emulsionen mit einer geringen Auftragsmenge von ca. 0,3 kg/m².
Nachbehandlungsmittel (Curing Compound)
Dient der Sicherstellung ausreichender Feuchtigkeit während der Abbindung und Erhärtung von zementgebundenen Schichten.
Material: Ähnlich wie Haftvermittler, aber auch spezielle filmbildende Nachbehandlungsmittel für Betonfahrbahnen. Nach dem Kehren und Reinigen der neu hergestellten Schicht wird das Asphaltmischgut aufgebracht.
Oberflächenbehandlungen mit Splittabstreuung (Chip Seal)
Hierbei wird ein bituminöses Bindemittel auf die Oberfläche aufgespritzt, unmittelbar gefolgt von einer Abstreuung mit Splitt und anschließendem Walzen.
Typen:
- Einfache Oberflächenbehandlung (Einfachabstreuung): Einmaliges Aufbringen von Bindemittel und einer Lage Splitt.
- Doppelte oder mehrfache Oberflächenbehandlung: Mehrere Lagen Bindemittel und Splitt, wobei die Korngröße des Splitts typischerweise von unten nach oben abnimmt.
- Einfache Oberflächenbehandlung mit doppelter Splittabstreuung: Anspritzen von Bindemittel, gefolgt von einer Lage grobem Splitt und einer weiteren Lage feinem Splitt zum Verkeilen.
- Sandwich-Bauweise (umgekehrte Bauweise): Aufbringen von grobem Splitt, gefolgt vom Anspritzen des Bindemittels und einer Abstreuung mit feinem Splitt.
Eigenschaften und Anwendung
Diese Behandlungen erzeugen eine raue, griffige Fahrbahnoberfläche.
Anwendungsbereiche:
- Abdichtung der Oberfläche
- Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegen horizontale Kräfte (Schubkräfte)
- Geeignet für Fahrbahnbeläge auf Straßen mit geringer bis mittlerer Verkehrsbelastung
Anforderungen an Materialien
Gesteinskörnungen (Splitt):
- Gebrochenes Material
- Sauber, hart, kubisch geformt
- Gering polierend (für dauerhafte Griffigkeit)
- Möglichst einheitliche Korngröße
- Gute Haftung zum Bindemittel ist sicherzustellen (ggf. durch Aktivatoren, geeignete Emulsionen, Reinigung des Splitts).
Bituminöse Bindemittel:
- Ausreichend fließfähig für eine gleichmäßige Verteilung beim Aufspritzen.
- Niedrige Viskosität während der Verarbeitung für eine gute Benetzung des Splitts und eine gute Haftfähigkeit.
- Das zurückbleibende (residuelle) Bindemittel muss nach dem Brechen der Emulsion bzw. Verdunsten der Lösungsmittel ausreichend viskos sein, um den Splitt festzuhalten und ein Ausbrechen durch Fahrzeuge zu verhindern.
Dosierung
- Einfache Oberflächenbehandlung: Die Bindemittelmenge und Splittmenge sind so zu wählen, dass der Splitt nach dem Walzen zu etwa zwei Dritteln seiner Höhe im Bindemittel eingebettet ist.
- Doppelte Oberflächenbehandlung: Zwei aufeinanderfolgende Anwendungen von Bindemittel und Splitt, wobei die Mengen entsprechend angepasst werden.
Ausführung und Randbedingungen
- Wetterbedingungen: Idealerweise warm, trocken und windstill.
- Vorbereitung der bestehenden Oberfläche: Gründliches Kehren und gegebenenfalls Aufbringen eines Primers oder Haftvermittlers.
- Aufbringen des Bindemittels: Erfolgt mit Rampenspritzgeräten oder bei kleinen Flächen von Hand mit einer Spritzlanze. Eine gleichmäßige Verteilung in der vorgesehenen Menge ist entscheidend.
- Abstreuen mit Splitt: Unmittelbar nach dem Anspritzen des Bindemittels (besonders bei Heißbitumen oder schnellbrechenden Emulsionen) wird der Splitt mit Splittstreuern gleichmäßig aufgetragen.
- Walzen: Mit Gummiradwalzen, bevor die Emulsion vollständig gebrochen ist. Es ist vorsichtig zu walzen, um den Splitt nicht zu zertrümmern.
- Verkehrsfreigabe: Erst nach ausreichender Entwicklung der Viskosität des Bindemittels (Emulsion gebrochen, Lösungsmittel verdunstet). Anfänglich sollte der Verkehr mit reduzierter Geschwindigkeit (z.B. 30 km/h) freigegeben werden.
Häufige Fehler:
- Streifenbildung ("gekämmt") durch ungleichmäßiges Spritzen oder schlechte Splittverteilung.
- Splittausbruch aufgrund unzureichender Bindemittelmenge, mangelnder Haftung zwischen Splitt und Bindemittel oder anderer Probleme mit den Materialien oder der Ausführung.
Dichtungsschlämme (Slurry Seal / Microsurfacing)
Dies ist die Anwendung von ein oder zwei Schichten eines bituminösen Mörtels, der kalt aus Edelsplitt, Bitumenemulsion, Wasser und gegebenenfalls mineralischen Füllern oder Zusätzen hergestellt wird. Der Mörtel besitzt bei Raumtemperatur eine fließfähige Konsistenz und wird mit einem speziellen Verlegegerät (Fertiger mit Gummirakel oder Schneckenverteiler) aufgebracht.
Anwendungsbereiche:
- Abdichtung der Oberfläche
- Herstellung rutschfester Oberflächen
- Verbesserung der Griffigkeit
- Optische Auffrischung (Farbänderung)
- Auffüllen von Spurrinnen (Microsurfacing)
Materialanforderungen:
- Gesteinskörnungen (Edelsplitt): Hohe Qualität, hohe Verschleißfestigkeit, geringe Polierneigung (z.B. hoher PSV-Wert, Polished Stone Value, abhängig von der Verkehrsklasse; die Angabe "CPA" ist unüblich, eventuell ist ein lokaler Standard gemeint und könnte für "Crushing Percentage of Aggregate" oder einen ähnlichen Wert stehen), sehr sauber und mit einer genau definierten Kornzusammensetzung.
- Bindemittel: Speziell modifizierte, kationische Bitumenemulsionen (oft schnellbrechend oder mit kontrolliertem Bruchverhalten) mit Zusätzen zur Steuerung der Verarbeitbarkeit und des Bruchvorgangs.
Planung und Ausführung
- Zu berücksichtigende Faktoren: Art des Mörtels (Slurry Seal oder Microsurfacing), Maschinenausstattung, Anzahl der Lagen, gewünschte endgültige Textur und die erforderliche Rutschfestigkeit.
- Typische Anwendungen und Schichtdicken:
- Abdichtung und feine Oberflächentextur mit feinkörnigem Material (z.B. 0/4 mm oder 0/5 mm, Schichtdicke ca. 3-6 mm).
- Verbesserung der Griffigkeit und Egalisierung kleinerer Unebenheiten mit grobkörnigerem Material (z.B. 0/8 mm oder 0/11 mm, Schichtdicke ca. 8-15 mm), oft in einer oder zwei Schichten aufgebracht.
- Ausführung: Die Herstellung des Mörtels und der Einbau erfolgen oft mit derselben selbstfahrenden Maschine (Slurry-Fertiger). Tagesleistungen von ca. 10.000 m² sind möglich. Eine Verdichtung ist in der Regel nicht erforderlich, da das Material selbstverdichtend ist oder durch den Fertiger eine gewisse Vorverdichtung erfährt.