Die Päpste und die Erneuerung der Kirche im 20. Jahrhundert
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Johannes XXIII. (Angelo Giuseppe Roncalli)
Geboren am 25. November 1881 in Sotto il Monte, einer kleinen Stadt in Bergamo, war Angelo Giuseppe Roncalli das siebte Kind seiner Eltern. Er wuchs in armen, ländlichen Verhältnissen auf. Im Alter von 22 Jahren wurde der junge Roncalli zum Priester geweiht. Er feierte seine erste Messe im Vatikan und wurde von Pius X. empfangen.
Als Italien im Mai 1915 in den Krieg eintrat, diente Priester Roncalli als Feldwebel in der Pflege. Nach dem Krieg arbeitete er als Koordinator für die Kongregation für die Verbreitung des Glaubens. Im Jahr 1925 wurde er zum Bischof geweiht und zum Apostolischen Visitator im turbulenten Bulgarien, das mehrheitlich orthodox war, ernannt.
Am 28. Oktober 1958, wenige Tage nach Beginn des Konklaves, verkündete der Dekan der Kardinäle der Welt die Wahl von Angelo Giuseppe Roncalli, der den Namen Johannes XXIII. annahm. Sein fast fünfjähriges Pontifikat trug viele Früchte:
- Die Ankündigung und Umsetzung des Zweiten Vatikanischen Konzils.
- Wichtige Dokumente wie die päpstliche Enzyklika Mater et Magistra.
Wichtige Päpste vor Johannes XXIII.
Pius IX. (1846–1878)
Während seines Pontifikats fanden wichtige Ereignisse statt:
- Die Verkündigung des Dogmas der Unbefleckten Empfängnis.
- Die Veröffentlichung des Syllabus Errorum (Verzeichnis der Irrtümer der Zeit).
- Die Feier des Ersten Vatikanischen Konzils (Vatikan I), in dem die Unfehlbarkeit des Papstes feierlich verkündet wurde, wenn er eine Wahrheit bezüglich des Glaubens und der Moral mit der Absicht definiert, dass sie eine universelle Norm ist.
Leo XIII. (1878–1903)
Mit seiner Enzyklika Rerum Novarum legte er die Grundlagen der Soziallehre der Kirche.
Neue Impulse für das Leben der Kirche
- Neue religiöse Gemeinschaften: Zahlreiche Gründer förderten religiöse Lebensformen, die an die neuen Zeiten angepasst waren, stets mit der Absicht, den Bedürftigen besser zu dienen.
- Ausbau der Evangelisierung: Es gab eine bemerkenswerte Wiederbelebung der Missionen, getragen von alten religiösen Orden und neuen Gründungen.
- Entstehung des christlichen Syndikalismus: In Spanien entstand dieser in katholischen Kreisen (ab 1864) mit vier Zielen: den christlichen Glauben zu verbreiten, die Vereinigung der Arbeiter zu fördern, die wirtschaftliche Unterstützung der Arbeitnehmer zu sichern sowie kulturelle Formen und Freizeitaktivitäten zu planen.
Die Päpste der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Die Päpste der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts führten signifikante Veränderungen im kirchlichen Leben herbei:
- Pius X. (1903–1914): Erneuerte vor allem das liturgische Leben der Kirche.
- Benedikt XV. (1914–1922): Richtete ständige Appelle für den Frieden inmitten der Kriegskrise.
- Pius XI. (1922–1939): Förderte die Beteiligung von Laien, die missionarische Expansion und den Aufbau eines Konzepts, das der Welt der Wissenschaft förderlich war.
- Pius XII. (1939–1958): Zeigte, dass die Kirche in der Lage ist, philosophisches Denken und wissenschaftlichen Fortschritt zu integrieren.
Interne Erneuerung der Kirche
- Liturgische Erneuerung: Angeregt durch Papst Pius X. war dies ein wichtiger Faktor für die Veränderung der Kirche. Die Sakramente, vor allem die Eucharistie, gewannen wieder an Bedeutung.
- Beteiligung der Laien: Ein wichtiger Schritt zur Erneuerung war die Gründung der Katholischen Aktion auf Initiative von Pius XI. Dies war ein Aufruf an die Laien, Verantwortung zusammen mit den Bischöfen und Priestern in der Sendung der Kirche in der Welt zu übernehmen.
- Annäherung an neue Völker und Nationen: Die Kirche trennte sich von der kolonialen Politik und setzte sich mit der Kultur der neuen Länder auseinander. Es wurde die Befugnis zur Ernennung indigener Bischöfe und eines einheimischen Klerus erteilt.
Gründe für das Zweite Vatikanische Konzil (Vatikan II)
Die Hauptziele waren:
- Aktualisierung und Erneuerung des Lebens der Kirche.
- Suche nach Wegen zur Wiederherstellung der Einheit der Christen (Ökumene).
- Neubelebung des Apostolats in einer Welt, die sich durch die beiden Weltkriege stark verändert hatte.
Nach mehr als drei Jahren der Vorbereitung wurde das Konzil am 11. Oktober 1962 in der Basilika St. Peter in Rom eröffnet. Während des Konzils starb Johannes XXIII. Sein Nachfolger, Papst Paul VI., identifizierte sich voll und ganz mit dem Projekt und führte es zu Ende. Das Konzil wurde am 8. Dezember 1965 abgeschlossen.
Besonderheiten des Konzils
- Größe und Universalität: Die Versammlung des Konzils umfasste etwa 2500 Konzilsväter. Die europäischen Bischöfe stellten nur ein Drittel der Teilnehmer; die Mehrheit kam aus anderen Kontinenten und jungen Nationen.
- Ökumene: Unter den Teilnehmern der großen Versammlung waren Beobachter aus anderen christlichen Konfessionen anwesend.
- Bezug zur Gesellschaft: Die Konzilsväter waren überzeugt, dass die behandelten Fragen nicht nur Christen, sondern die gesamte Menschheit betrafen.
- Auswirkungen auf die Gesellschaft: Durch die Medien erreichten die im Konzil erörterten Probleme alle Ecken der Welt.
Beiträge zum Leben der Kirche
- Anerkennung des christlichen Geistes in nicht-katholischen Kirchen.
- Anerkennung der Rolle der Laien im Leben der Kirche.
- Liturgiereform: Erneuerung aller Feierlichkeiten.
- Die Definition der Kirche als Volk Gottes.
Die vier großen Konstitutionen
Aus dem Konzil gingen vier große Dokumente hervor:
- Die Dogmatische Konstitution über die Kirche: Lumen Gentium.
- Die Pastorale Konstitution über die Kirche in der modernen Welt: Gaudium et Spes.
- Die Dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung: Dei Verbum.
- Die Konstitution über die Heilige Liturgie: Sacrosanctum Concilium.
Auswirkungen des Konzils auf die Gesellschaft
- Die Erklärung über die Religionsfreiheit.
- Bestätigung der Güte der gesamten Schöpfung und der Souveränität des Menschen über die Welt, da Gott ihn in die Schöpfung eingesetzt hat, um sie zu ihrer Fülle in Christus zu führen.
- Anerkennung der Autonomie und des Wertes der Wissenschaften und der Kultur, sofern sie dem Wohl des Menschen dienen.
- Dynamisches Engagement der Christen in der Welt, zusammen mit allen Menschen, für Gerechtigkeit und Frieden im Rahmen der Verteidigung der Menschenrechte.
- Verstärktes Engagement der Christen für die Ärmsten und Benachteiligten.
- Die Kirche verzichtet auf jeglichen weltlichen Machtanspruch.
Vatikan II: Das Volk Gottes
Die beiden großen Konstitutionen des Vatikanum II sind Lumen Gentium (Licht der Völker) und Gaudium et Spes (Freude und Hoffnung).
In der ersten Darstellung wird die Kirche als der mystische Leib Christi bekräftigt, wobei ihre sichtbare Versammlung und ihr geistlicher Charakter betont werden.
In der zweiten Darstellung wird die Kirche als das Volk Gottes verankert, das auf dem Weg ist und nicht nur die Gegenwart betrachtet, sondern auch die Hoffnung aller Gläubigen nährt.
Jesus als Reformator
Jesus wurde in der Kultur und Religion der Juden geboren und lebte in ihr. Er kannte die Institutionen (den Tempel, die Synagoge, das Sanhedrin) und die sozialen Gruppen (die Schriftgelehrten, die Pharisäer, die Priester, die Armen und die Sünder).
Jesus zeigte Respekt, aber wenn es notwendig war, einige Bräuche zu reformieren, zögerte er nicht. Er kritisierte das Verhalten einiger sozialer Gruppen, wenn es erforderlich war, wie es bei den Pharisäern geschah.
Neue Haltung gegenüber Sündern
Jesus zeigte eine völlig neue und sehr wichtige Haltung. Er suchte den Sünder auf und vergab ihm ohne Vorleistung. Seine Haltung gegenüber Sündern war einzigartig und skandalös: Er verkehrte mit ihnen und vergab ihre Sünden.
Haltung gegenüber religiösen Institutionen
Die Evangelien berichten, dass die Menschen Jesus als jemanden mit Autorität bewunderten und er nicht lehrte wie die Schriftgelehrten und Gesetzeslehrer.
In der Bergpredigt sagt Jesus etwas Wichtiges, das über das hinausgeht, was die Gesetze vorschreiben. Er sagt: „Ihr habt gehört, dass zu unseren Vorfahren gesagt wurde: Du sollst nicht töten. Ich aber sage euch: Wer seinem Bruder Böses antut, wird vor Gericht gestellt.“ Und: „Ihr habt gehört, dass gesagt wurde: Du sollst nicht die Ehe brechen. Ich aber sage euch: ...“
In Bezug auf den Tempel distanziert sich Jesus und betrachtet sich als überlegen: Er sagt zur Samariterin, dass die Zeit gekommen ist, den Vater im Geist und in der Wahrheit anzubeten, und dass man dafür weder auf diesem Berg noch in Jerusalem zum Tempel gehen muss.
Seine Anrede an Gott
Jesus redet Gott an, indem er ihn Abba nennt. Dieser Ausdruck bedeutet Vater im familiären Sinne.
Jesus zeigt uns, dass Gott seine Kinder zutiefst liebt wie ein Vater, sie aufnimmt und ihnen vergibt, wenn sie umkehren.
Interne Reformen der Kirche nach dem Konzil
- Es wurde die Bischofssynode eingesetzt und den Bischofskonferenzen aller Länder mehr Autonomie gewährt. Dies dezentralisierte die Kirche und ihr Leben.
- Die Liturgiereform entwickelte die Riten aller Sakramente weiter und machte sie der Lebenswirklichkeit der Menschen näher. Latein hörte auf, die offizielle Sprache der Feiern zu sein.
- Die soziale und politische Beteiligung der Christen wurde durch die Enzyklika Populorum Progressio gefördert, welche die Grundlagen der neuen Soziallehre der Kirche legte.
- In den Pfarreien wurde zu einer verstärkten Beteiligung aller Gläubigen aufgerufen. Dies stärkte insbesondere die jungen Kirchen in Lateinamerika, Afrika und Asien.
- Die Beteiligung der Laien am Leben der Kirche in all ihren Bereichen wurde stark gefördert, einschließlich der Einführung des Diakonats für verheiratete Männer im Bereich der Feiern.
Paul VI.: Dem Wandel verpflichtet
Paul VI. zeigte während seiner Amtszeit eine intensive Reisetätigkeit außerhalb Italiens: Er reiste nach Lateinamerika, Afrika und in den Fernen Osten. Ferner besuchte er internationale Organisationen wie die UNO, UNESCO und FAO.
Die Kirche verpflichtete sich ernsthaft dem enormen Wandel, den das Zweite Vatikanische Konzil mit sich brachte, und präsentierte sich der Welt zum ersten Mal in der Geschichte auf eine neue Weise, indem sie sich auf das Zeugnis und die zentrale Botschaft Jesu konzentrierte.
Der Wandel des Papsttums (1978)
Nach dem Tod von Paul VI. im August 1978 versammelte sich das Konklave der Kardinäle, um den neuen Papst zu wählen. Es wurde der Patriarch von Venedig gewählt, der als Johannes Paul I. bekannt wurde.
Er starb nach nur wenigen Monaten. Daraufhin wurde zum ersten Mal in der Geschichte ein Pole gewählt: Johannes Paul II., dessen Pontifikat sich bis 2005 erstreckte und eines der längsten der Geschichte war.
Johannes Paul II. stammte aus einem Land, das unter der Tyrannei des kommunistischen Regimes gelitten hatte. Dies prägte seine Sensibilität für die Menschenrechte und für ein soziales und politisches System, das die Überzeugungen und die Person respektiert.
Eine sichtbare und aktive Kirche in der Welt
Johannes Paul II. engagierte sich im Wandel der Länder des kommunistischen Blocks, wobei sein Einfluss ein wichtiger Faktor für den Fall der Berliner Mauer im Jahr 1989 war.
Ebenso förderte er die Dynamik der Soziallehre der Kirche, die betonte, dass nicht alles dem Dienst der globalen Wirtschaft unterliegen dürfe. Eine übersteigerte Wirtschaft kann den Menschen zu einem bloßen Objekt des Konsumismus machen und eine Mentalität fördern, die sich nicht um das Leben kümmert.
Die Soziallehre der Kirche bietet Kriterien der christlichen Moral für soziale, politische, wirtschaftliche und kulturelle Fragen.