Pathologie: Krankheitslehre in der Medizin
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Pathologie
Die Pathologie ist ein Teilgebiet der Medizin, das sich mit krankhaften und abnormen Vorgängen und Zuständen im Körper sowie mit deren Ursachen beschäftigt. Gegenstand der Erforschung sind sowohl Einzelphänomene (Symptome) als auch Symptomverbände (Syndrome) sowie Missbildungen aller Art. Die Pathologie untersucht die Herkunft (Ätiologie), die Entstehungsweise (Pathogenese), die Verlaufsform und die Auswirkungen von Krankheiten einschließlich der jeweiligen Vorgänge im Körper (Pathophysiologie).
Die pathologische Diagnostik beruht in erster Linie auf der Beurteilung von Geweben anhand ihrer makroskopischen (pathologische Anatomie) und lichtmikroskopischen Aspekte (Histopathologie, Zytologie). Zunehmend werden biochemische und molekularbiologische Methoden eingesetzt, in der Forschung die Elektronenmikroskopie. Pathologen führen auch klinische Obduktionen durch. Die Untersuchung von Geweben lebender Patienten (Biopsie) überwiegt jedoch bei weitem.
Inhaltsverzeichnis
- Zum Begriff
- Geschichte der Pathologie
- Aufgaben des Pathologen
- Biopsien
- Obduktion
- Qualitätssicherung
- Teilgebiete der Pathologie
- Ausbildung zum Facharzt für Pathologie
- Literatur
- Weblinks
Zum Begriff
Der griechische Begriff παθολογία pathologia leitet sich von den Wörtern πάθος páthos ('Krankheit', 'Leiden', 'Leidenschaft') und λόγος lógos ('Wort', 'Sinn', 'Vernunft', 'Lehre') ab. Pathologie bedeutet also wörtlich 'die Lehre vom Leiden' oder 'Krankheitslehre'.
Pathologie ist darüber hinaus auch eine Kurzbezeichnung für die Pathologie-Abteilung eines Krankenhauses oder ein Institut an einer Hochschule, das neben der praktischen Arbeit Krankheiten erforscht und das Wissen in der Lehre vermittelt ("Institut für Pathologie" oder "Pathologisches Institut"). Weiterhin ist Pathologie auch ein Begriff für einen krankhaften Zustand, eine krankhafte Erscheinung oder Anzeichen (Symptome) einer Krankheit.
Das Adjektiv pathologisch bedeutet "zur Pathologie gehörend", also "krankheitsbezogen" oder auch "krankhaft". In der Medizin wird der Begriff pathologisch bzw. die Vorsilbe patho- für krankhafte oder abnorme Befunde genutzt. Beispielsweise wird von einem "pathologischen EKG" oder bei krankhaften psychischen Veränderungen von Psychopathologie gesprochen.
Die folgenden Begriffe veranschaulichen beispielhaft die verallgemeinerte Bedeutung von pathologisch im Sinne von "krankhaft": pathologisches Spielen (Spielsucht), pathologisches Lügen (zwanghaftes Lügen), pathologische Wissenschaft (Erforschung eines nicht existierenden Gegenstandes), pathologisches Beispiel (mathematische Operationen, die zu Konflikten führen).
Geschichte der Pathologie
In ihrer heutigen Form geht die Pathologie auf den italienischen Forscher Giovanni Battista Morgagni (1682-1771) zurück, der mit seinem fünfbändigen Werk De sedibus et causis morborum ("Vom Sitz und den Ursachen der Krankheiten") im Jahre 1761 den Grundstein für die wissenschaftlichen Forschungen legte.
Bereits im Altertum wurden in Ägypten und Griechenland Leichenöffnungen durchgeführt, die aber mehr der anatomischen Bildung dienten. Erst mit Ende des 18. Jahrhunderts wurden aufgrund des zunehmenden Verständnisses für die Bedeutung der Leichenschau erste Fachvertreter, die eigens für die Sektionen verantwortlich waren, bestellt. Der erste sogenannte Prosektor (lat. prosecare: vorschneiden) begann 1796 am Wiener Allgemeinen Krankenhaus seine Arbeit. Der erste Lehrstuhl für Pathologie wurde 1819 in Straßburg eingerichtet (Jean-Frédéric Lobstein, 1777-1835). Als Prüfungsfach wurde Pathologie im Jahre 1844 in Wien eingeführt.
1858 entwickelte Rudolf Virchow die Zellularpathologie, die nun auf der Ebene von Körperzellen pathologische Veränderungen untersuchte. Diese ist ein Hauptbestandteil des heute gültigen Krankheitskonzepts.
Aufgaben des Pathologen
Biopsien
Nach operativer Entfernung eines Organs oder Entnahme eines kleinen Gewebsstückes bzw. von Zellproben (Zytodiagnostik) durch einen Arzt, wird das entsprechende Gewebe vom Pathologen untersucht. Kleine Biopsien werden direkt zu Schnittpräparaten weiterverarbeitet, welche unter dem Mikroskop betrachtet werden. Große Präparate werden zunächst präpariert und mit dem bloßen Auge (makroskopisch) beurteilt. Auffällige Bestandteile mit möglichen krankhaften Veränderungen werden aus dem Präparat herausgeschnitten (sog. "Zuschnitt") und wiederum vom Labor zu Schnittpräparaten verarbeitet. Eine Sonderform des Zuschnitts ist der Schnellschnitt. Hier werden intraoperativ (während einer Operation) Gefrierschnitte von Gewebe angefertigt, z. B. ein Resektionsrand bei einer Tumoroperation. Da Gefrierschnitte generell eine schlechtere Qualität besitzen und häufig keine weiterführenden Untersuchungen ermöglichen, werden standardmäßig außerhalb von Schnellschnitt-Situationen Paraffinschnitte mit HE-Färbung angefertigt.
Mit Hilfe des Mikroskops gibt der Pathologe Auskunft über die Art einer Erkrankung und ihren Schweregrad. Er stellt somit Diagnosen, die durch eine alleinige klinische oder radiologische Untersuchung nicht gestellt werden können. Insbesondere im Fall eines Tumors und der Frage nach der Gut- oder Bösartigkeit ist ein Pathologe gefragt. Er begutachtet den Typ, die Größe, die Ausdehnung, die Bösartigkeit eines Tumors und prüft, ob er bei der Operation im Gesunden entfernt wurde. Er liefert dem klinischen Arzt somit viele wichtige Prognosefaktoren (z. B. TNM-Klassifikation), die zur richtigen Behandlung des Patienten unverzichtbar sind. Neben der histologischen Beurteilung werden in der modernen Pathologie auch hochspezialisierte Verfahren wie die Immunhistochemie oder die Molekularpathologie (z. B. Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung, PCR) eingesetzt. Damit können Informationen über einen Tumor auf molekularer Ebene gewonnen werden, die für eine bestimmte Therapieform entscheidend sind (z. B. Hormonrezeptoren beim Brustkrebs als Grundlage zur Behandlung mit Tamoxifen).
Obduktion
Eine weitere Aufgabe des Pathologen besteht in der Durchführung von Obduktionen. Eine Obduktion durch den Pathologen wird vorgenommen, wenn ein Patient eines natürlichen Todes gestorben ist und seine Angehörigen mit der Obduktion einverstanden sind. Dabei dient diese sog. klinische Obduktion der Klärung der Todesursache und der vorbestehenden Erkrankungen. Sie gibt dem behandelnden Arzt eine Rückmeldung über die Richtigkeit seiner Diagnosen und seiner Behandlung. Häufig kann eine solche Klärung der Todesursache für die Angehörigen entlastend sein. Auch kann eine Obduktion Hinweise auf familiäre Risikofaktoren geben (z. B. Krebsarten oder erbliche Erkrankungen). Die Rechtsmedizin hingegen beschäftigt sich mit der Klärung unnatürlicher Todesursachen (z. B. Mord oder Unfall).
Obwohl die meisten Laien bei der Pathologie an Obduktionen denken, dient die Arbeit des Pathologen heutzutage in erster Linie dem lebenden Patienten. Durch seine histologischen Untersuchungen leistet er einen wichtigen Beitrag zur richtigen Behandlung. In der modernen Pathologie stehen wenige Obduktionen zehntausenden Biopsien von lebenden Patienten entgegen.
Qualitätssicherung
Die Pathologie ist eines der wichtigsten Instrumente der Qualitätssicherung in der Medizin. Um den medizinischen Standard zu halten und zu verbessern, wird oft eine kollegiale Konfrontation der Ärzteschaft mit der kontrollierenden Diagnostik des Pathologen gefordert. Die "klinisch-pathologische Konferenz" hat einen festen Platz im klinischen Praxisalltag und in der Lehre. Pathologen besprechen ihre Befunde mit den am Patientenbett tätigen Ärzten.
Teilgebiete der Pathologie
Nach der Art der Untersuchung unterscheidet man:
- Pathologische Anatomie: Untersuchung krankhafter Gewebsveränderungen, die z. B. bei einer Obduktion mit bloßem Auge zu sehen sind.
- Histopathologie: Mikroskopische Krankheitsdiagnostik an gefärbten Gewebeschnitten. Die häufigste Untersuchungsmethode. Erlaubt die sichere Diagnose eines Tumors und liefert wichtige Informationen wie Grading, Tumorgröße und Entfernung im Gesunden.
- Zytopathologie: Mikroskopische Krebsdiagnose an Einzelzellen. Bekanntestes Verfahren: Abstrich vom Muttermund zur Früherkennung des Gebärmutterhalskrebs.
- Molekularpathologie: Untersuchung von Zellen und Gewebe auf molekularer Ebene (z. B. FISH, PCR, DNA-Zytometrie).
Im Laufe seiner Facharztausbildung erwirbt der Pathologe Kenntnisse auf allen Teilgebieten der Pathologie.
Jede organische Struktur zeigt spezifische pathologische Veränderungen. Ihre Erforschung konstituiert einen eigenen Teilbereich der Pathologie (z. B. Neuropathologie beim Nervensystem). Generell hat jede Organismusform ihre eigene Pathologie.
Daneben gibt es verschiedene Betrachtungsweisen in der Pathologie wie die Humoralpathologie, Solidarpathologie, Zellularpathologie usw. Die Paläopathologie befasst sich mit Krankheiten der Vorzeit.
Ausbildung zum Facharzt für Pathologie
Die Ausbildung zum Pathologen setzt die Approbation als Arzt und ein abgeschlossenes Medizinstudium voraus. Darauf folgt eine mindestens 6-jährige Weiterbildung zum Facharzt mit anschließender Facharztprüfung.
Literatur
- Böcker, Denk, Heitz: Pathologie. Elsevier, 2004.
- Riede, Adler, Schaefer: Allgemeine und spezielle Pathologie. Thieme, 2001.
- Büttner, Thomas: Allgemeine Pathologie; Spezielle Pathologie. Schattauer, 1996.
- Kumar, Fausto, Abbas: Robbins & Cotran Pathologic Basis of Disease. 7th Edition, 2004.
- Oberholzer: Pathologie verstehen. Thieme, 2001.
- Prüll: Medizin am Toten oder am Lebenden? Schwabe, 2004.
- Rosai, Ackerman: Surgical Pathology. 9th Edition, Mosby, 2004.
- Remmele (Hrsg.): Pathologie.
- Böcking: Mit Zellen statt Skalpellen. Lehmann, 2006.
Weblinks
- Bundesverband Deutscher Pathologen e.V.
- Deutsche Gesellschaft für Pathologie
- European Society of Pathology
- Pathologie-Online
- Internationale Akademie für Pathologie, Deutsche Abteilung
- Österreichische Gesellschaft für Pathologie
- Pathowiki
- PathoPic (Bilddatenbank)
- Virtueller Histologiekurs der Uni Zürich
- Online-Atlas Pathologie (englisch)
- The Urbana Atlas of Pathology (englisch)