Pharmakologie in der Pädiatrischen Zahnmedizin: Sedierung und Antibiotika
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Pharmakologie in der Pädiatrischen Zahnmedizin
Schmerz- und Angstmanagement
Die überwiegende Mehrheit der pädiatrischen Zahnpatienten erhält ihre Behandlung in einer konventionellen zahnärztlichen Umgebung mit geeigneten Techniken des Verhaltens- und Schmerzmanagements.
In einigen Fällen muss die Kontrolle von Schmerz und Angst über konventionelle Techniken hinausgehen.
Eine medikamentöse Therapie ist für Kinder indiziert, die nicht erfolgreich mit traditionellen Techniken des Verhaltensmanagements und der Lokalanästhesie behandelt werden können.
Sedierung
Definition: Ein Zustand reduzierten Bewusstseins, bei dem der Patient die Atemwege selbstständig aufrechterhalten und angemessen auf körperliche Stimulation und verbale Befehle reagieren kann.
Sedierungsstufen:
- Leichte Sedierung (oral)
- Sedierung mit Lachgas (Inhalation)
- Tiefe Sedierung (rektal, nasal oder i.m.)
- Allgemeinanästhesie
Besondere Überlegungen
Überwachung während der Sedierung
- Pulsoximeter
- Präkordiales Stethoskop
- Blutdruckmanschette
Eine Sedierungstechnik, bei der der Patient leicht aufwacht und jederzeit bewusst auf verbale Befehle reagiert, ist per Definition moderate Sedierung.
Wenn Sedierungsverfahren korrekt angewendet werden und eine angemessene Überwachung erfolgt, weisen Patienten eine einwandfreie kardiovaskuläre und respiratorische Funktion auf.
Leidet der Patient unter einem teilweisen oder vollständigen Verlust der Schutzreflexe und kann die Atemwege nicht selbstständig aufrechterhalten, kann dies zu Apnoe oder Hypoxämie führen, was eine Gefahr darstellt.
Ziele der Sedierung
- Reduzierung oder Beseitigung der Patientenangst, damit sich der Patient sicher und wohlfühlt und eine gute Behandlung ermöglicht wird.
- Reduzierung von Bewegungen und Reaktionen während der Behandlung.
- Verbesserung der Patientenkooperation.
- Erhöhung der Toleranz für langwierige Behandlungen.
- Unterstützung bei der Behandlung von physisch und psychisch herausfordernden Patienten.
Wichtige Überlegungen
- Präoperative Verhaltensbeurteilung.
- Präoperative Beurteilung der Mund- und Allgemeingesundheit.
- Zusammenarbeit und Einbeziehung der Eltern sowie deren schriftliche Einverständniserklärung.
- Wirtschaftliche Erwägungen.
- Behandlungsalternativen.
- Ausbildung und Erfahrung des Personals und des behandelnden Fachpersonals.
Indikationen für Sedierung
- Patienten mit Vorerkrankungen:
- Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen oder leichter geistiger Behinderung.
- Patienten mit mittelschweren spastischen oder muskulären Erkrankungen.
- Patienten mit Zahnarztphobie (ängstliche Erwachsene) oder Kinder, die schwer zu behandeln sind (z.B. unkooperativ).
- Nach operativen Eingriffen.
- Patienten der ASA-Klassen I und II.
- Patienten mit Unverträglichkeit gegenüber Lokalanästhetika (ggf. Allgemeinanästhesie erforderlich).
- Patienten mit schweren körperlichen oder geistigen Behinderungen (ggf. Allgemeinanästhesie erforderlich).
ASA-Klassifikationssystem
Das Klassifikationssystem der Amerikanischen Gesellschaft der Anästhesisten (ASA) dient zur Einschätzung des Narkoserisikos für Patienten mit verschiedenen Gesundheitszuständen.
Klasse I: Gesunde Patienten ohne systemische Erkrankung.
Klasse II: Patienten mit leichter systemischer Erkrankung, gut kontrolliert und nicht beeinträchtigend. Die Erkrankung kann, muss aber nicht mit dem Grund des Eingriffs zusammenhängen.
Klasse III: Patienten mit schwerer systemischer Erkrankung, die jedoch nicht invalidisierend ist.
Klasse IV: Patienten mit schwerer systemischer Erkrankung, die eine ständige Lebensbedrohung darstellt und nicht immer durch einen chirurgischen Eingriff korrigierbar ist.
Klasse V: Moribunde Patienten, deren Lebenserwartung voraussichtlich 24 Stunden nicht überschreitet, mit oder ohne chirurgischen Eingriff.
Medikamente zur oralen Verabreichung (leichte Sedierung)
Opioide:
- Meperidin
Anxiolytika:
- Hydroxizin
- Promethazin
Benzodiazepine:
- Diazepam
- Flunitrazepam
- Midazolam
Hypnotika:
- Chloralhydrat
- Benzodiazepine
Benzodiazepine
Benzodiazepine wirken auf das zentrale Nervensystem (ZNS) und haben anxiolytische, sedierende, hypnotische, muskelrelaxierende, amnestische und antikonvulsive Eigenschaften. Sie können oral oder parenteral verabreicht werden.
Indikationen:
- Angstmanagement.
- Prämedikation vor Narkoseeinleitung.
- Zahnärztliche Behandlungen.
- Anwendung im Krankenhaus (bei tieferer Sedierung).
Diazepam
(Anxiolytisches Benzodiazepin mit sedierender und hypnotischer Wirkung)
- Lang wirkend (Halbwertszeit > 24 Stunden).
- Häufig in der Zahnmedizin verwendet (Rezeptpflicht beachten).
- Dosierung: 0,1–0,2 mg/kg (z.B. Diazepam 5 mg Tabletten).
Flunitrazepam
(Hypnotisches Benzodiazepin mit starker sedierender und hypnotischer Wirkung)
- 10-mal stärker als Diazepam.
- Mittellang wirkend (10–22 Stunden).
- Rezeptpflichtig.
- Dosierung Kinder: 0,5–1 mg/Dosis (z.B. Flunitrazepam 2 mg).
Midazolam
(Hypnotisches Benzodiazepin)
- Ultra-kurz wirkend (1–2 Stunden), Wirkungseintritt nach 30–60 Minuten.
- Führt zu Schläfrigkeit.
- Dosierung Kinder: 0,5–0,7 mg/kg (30 Minuten vor der Behandlung). Maximale Gesamtdosis: 15 mg.
- Handelsnamen: Dormicum (Tabletten 15 mg für Erwachsene, 7,5 mg für Kinder).
Chloralhydrat
(Sedativ-Hypnotikum)
Oral verabreicht, kann die sedierende Wirkung von leichter Sedierung bis zum Schlaf variieren.
Auf dem nationalen Pharmamarkt erhältlich.
Als Rezeptur erhältlich (z.B. FASA), mit folgender Zusammensetzung:
- Chloralhydrat 20 g
- Aqua destillata 100 ml
- Hypnotische Dosis bei Kindern: 30–50 mg/kg.
- Wirkungseintritt nach 15–30 Minuten, maximale Wirkung nach etwa einer Stunde.
- Anwendung im Krankenhaus (bei tieferer Sedierung).
Hydroxizin
- Wirkt sedierend und anxiolytisch, hat auch antihistaminische Eigenschaften.
- Orale Verabreichung.
- Wirkungseintritt innerhalb von 30 Minuten, maximale Wirkung nach 1–2 Stunden.
- Kann in Kombination mit anderen zentral dämpfenden Arzneimitteln (z.B. Pethidin, Chloralhydrat) oder Lachgas (N2O) angewendet werden.
- Antiemetische Eigenschaften.
- Dosierung: 25 mg vor dem Termin. Handelsnamen: Fasarax (Tabletten 20 mg, Sirup 10 mg/5 ml).
Inhalationssedierung: Distickstoffoxid (Lachgas)
Inertes, nicht-toxisches Gas, das Sedierung, Entspannung und Analgesie bewirkt.
Vorteile:
- Schneller Blutspiegelanstieg (geringe Löslichkeit im Plasma).
- Schneller Abfall des Blutspiegels nach Beendigung der Verabreichung.
- Einfache Dosierungskontrolle (nicht mehr als 50 % bei pädiatrischen Patienten überschreiten).
- Keine schwerwiegenden Nebenwirkungen.
Anwendung:
- Kinder, die die Maske akzeptieren (Schulalter).
- Kinder mit Angst und/oder leichter Unruhe, die aber kooperativ sind.
Gegenanzeigen:
- Kinder mit schweren Verhaltensstörungen, die nicht mit der Maske kooperieren.
- Säuglinge.
- Kinder mit nasaler Obstruktion oder Atemwegserkrankungen.
Nachteile:
- Schwache Wirkung als alleiniges Anästhetikum.
- Mangelnde Akzeptanz durch den Patienten.
- Unannehmlichkeiten (z.B. Maske).
- Potenzierungseffekt (erfordert Vorsicht bei Kombination mit anderen Sedativa).
- Kosten für die Ausrüstung.
Verabreichung:
- Anpassung der Konzentration:
- Beginnen Sie mit der höchsten Sauerstoffkonzentration und der niedrigsten Lachgaskonzentration. Passen Sie diese schrittweise an den gewünschten Sedierungsgrad an.
- Sobald die Sedierung erreicht ist, kann die Lokalanästhesie erfolgen.
- Nach Abschluss des Eingriffs sollte 100 % Sauerstoff für 5 Minuten verabreicht werden.
- Halten Sie verbalen Kontakt mit dem Kind, um die Entspannung zu fördern und kooperatives Verhalten zu verbessern.
Kombinationen von Midazolam-Sedierung mit Lachgas oder Hydroxizin mit Lachgas sind möglich.
Besondere Überlegungen zur Sedierung
Der pharmakologische Ansatz zur Verhaltenskontrolle bei Kindern mittels Sedierung ist ein sehr komplexes Gebiet und erfordert zusätzliche Schulung und Fachwissen.
Eine unzureichende Sedierung kann weiterhin ein Problem bei der Verhaltenskontrolle darstellen, während eine übermäßige Sedierung schnell zu lebensbedrohlichen Notfällen in der zahnärztlichen Praxis führen kann.
Antibiotika
Penicillin G
- Erhöhte Aktivität gegen grampositive (G+), gramnegative (G-) Mikroorganismen und anaerobe Kokken, die keine β-Laktamase produzieren. Geringe Aktivität gegen gramnegative Bazillen.
- Parenterale Applikation.
- Dosierung Kinder: 100.000 IE/kg Körpergewicht pro Tag.
- Kontraindikationen: Säurelabil, empfindlich gegenüber Beta-Laktamase.
Phenoxymethylpenicillin (Penicillin V)
- Ähnliches Spektrum wie Penicillin G, ebenfalls β-Laktamase-empfindlich.
- Orale Verabreichung (Magen-pH-stabil, Einnahme unabhängig von Mahlzeiten).
- Geringe relative Bioverfügbarkeit (alle 6 Stunden).
- Dosierung Kinder: 25–50 mg/kg Körpergewicht pro Tag, aufgeteilt in 4 Dosen.
Amoxicillin
- Breites Spektrum (einschließlich grampositiver und gramnegativer Bakterien).
- Höhere Wirksamkeit als Penicillin G gegen gramnegative Bakterien.
- Gastrointestinale Resorption von 80–90 %.
- Kann mit oder ohne Nahrung eingenommen werden.
- Indiziert bei Haut- und Weichteilinfektionen, verursacht durch Streptokokken, nicht-Penicillinase-produzierende Staphylokokken, Escherichia coli und Proteus mirabilis.
- Dosierung Kinder: 50 mg/kg/Tag alle 8 Stunden (bis 20 kg Körpergewicht). Bei über 20 kg: 250–500 mg alle 8 Stunden.
- Handelsnamen: Amobiotic (Suspension 5 ml/250 mg), Amoval, Abiolex, Aminopexil.
Amoxicillin + Clavulansäure
- Clavulansäure ist ein Beta-Laktamase-Inhibitor, der verhindert, dass Bakterien Amoxicillin zerstören.
- Indiziert hauptsächlich bei Haut- und Weichteilinfektionen, einschließlich Cellulitis und dentalen Abszessen mit Ausbreitung, die häufig durch Staphylococcus aureus, Streptococcus pyogenes und Bacteroides spp. verursacht werden. Einige Stämme dieser Bakterien produzieren Beta-Laktamase, was sie unempfindlich gegenüber Amoxicillin allein macht.
- Dosierung Kinder: 50 mg/kg/Tag alle 8 Stunden (z.B. Ambila Amoxicillin/Clavulansäure Suspension 5 ml/250 mg-62,5 mg). Handelsnamen: Clavinex, Augmentin.
- Weitere Präparate: Ambila (400 mg Amoxicillin/57 mg Clavulansäure pro 5 ml, zweimal täglich), Clavinex DUO (5 ml alle 12 Stunden).
Cloxacillin
- Ein "antistaphylokokkes" Penicillin, entwickelt zur Behandlung von Infektionen, die durch Beta-Laktamase-produzierende Staphylokokken verursacht werden. Es ist aktiv gegen Staphylokokken, die gegen Penicillin resistent sind, sowie gegen Streptococcus pyogenes und Streptococcus pneumoniae. Es ist jedoch weniger aktiv als Penicillin G gegen Penicillin-empfindliche Bakterien, Enterococcus faecalis und gramnegative Organismen.
- Orale oder parenterale Verabreichung.
- Dosierung Kinder: 50 mg/kg Körpergewicht pro Tag, alle 8 Stunden.
- Handelsnamen: Flucloxacillin (Suspension 125 mg/5 ml, 250 mg/5 ml), Vitalpen.
Erythromycin
- Bakteriostatisches Makrolid-Antibiotikum.
- Orale oder parenterale Applikation.
- Gute orale Absorption (oft magensaftresistent überzogen).
- Alternative bei Penicillinallergie.
- Dosierung Kinder: 50 mg/kg/Tag alle 8 Stunden.
- Handelsnamen: Erythromycin (Suspension 5 ml/200–400 mg), Erythromycin ES, Mercinico.
Clarithromycin
- Makrolid-Derivat von Erythromycin mit folgenden Vorteilen:
- Bessere gastrointestinale Resorption.
- Bessere Verteilung.
- Längere Wirkdauer (Verabreichung alle 12 Stunden).
- Alternative für Penicillin-allergische Patienten.
- Dosierung Kinder: 7,5 mg/kg alle 12 Stunden.
- Handelsnamen: Pre-clar, Euromicina (Suspension 5 ml/125–250 mg), Clarimax.
Azithromycin
- Makrolid-Derivat von Erythromycin mit folgenden Vorteilen:
- Bessere Absorption als andere Makrolide.
- Erhöhtes Verteilungsvolumen, hohe Konzentration im Gewebe.
- Längere Halbwertszeit (Verabreichung alle 24 Stunden).
- Bessere gastrointestinale Verträglichkeit.
- Dosierung Kinder:
- Tag 1: 10 mg/kg (z.B. Azitrom Suspension 5 ml/200 mg).
- Tag 2–5: 5 mg/kg täglich.
- Handelsnamen: Abacta, Trex.
Bakterielle Endokarditis
Die infektiöse Endokarditis ist eine Entzündung der Herzklappen (Endokard).
Endokarditis ist in der Regel das Ergebnis einer Bakteriämie (Vorhandensein von Bakterien im Blut), die unter anderem während einiger zahnärztlicher Behandlungen auftreten kann.
Bakterien gelangen in den Blutkreislauf, siedeln sich an geschädigten Herzklappen an und vermehren sich, wodurch Vegetationen oder Massen lebender Bakterien entstehen. Diese Massen können Blutgerinnsel bilden, die sich lösen und in Gehirn, Lunge, Nieren und Milz gelangen können.
Die meisten Menschen, die eine infektiöse Endokarditis entwickeln, haben eine zugrunde liegende Herzerkrankung.
Streptococcus viridans ist für fast die Hälfte aller bakteriellen Endokarditiden verantwortlich. Andere häufige Erreger sind Staphylococcus aureus, S. epidermidis und E. faecalis.
Behandlungen, die eine Prophylaxe erfordern:
- Alle zahnärztlichen Verfahren mit Manipulation des Zahnfleischgewebes, der periapikalen Region oder Perforation der Mundschleimhaut.
Zahnärztliche Verfahren, bei denen keine Prophylaxe empfohlen wird:
- Routine-Anästhesie-Injektionen in nicht infiziertes Gewebe.
- Anfertigung von Röntgenaufnahmen.
- Anpassung von herausnehmbaren Prothesen oder kieferorthopädischen Apparaturen.
- Anbringen von kieferorthopädischen Brackets.
- Zahnverlust (physiologisch).
- Blutungen durch Traumata an Lippen oder Mundschleimhaut.
Indikationen für Endokarditisprophylaxe:
- Patienten mit einer Vorgeschichte von infektiöser Endokarditis (IE).
- Angeborene Herzfehler.
- Herzklappenersatz.
- Herztransplantatempfänger mit Herzklappenerkrankung.
Prophylaxe-Schema für Zahnbehandlungen:
- Amoxicillin: 50 mg/kg oral, 1 Stunde vor dem Eingriff.
- Bei Penicillinallergie:
- Clindamycin: 20 mg/kg oral, 1 Stunde vor dem Eingriff.
- Clarithromycin oder Azithromycin: 15 mg/kg oral, 1 Stunde vor dem Eingriff.