Pío Barojas Stil und Themen in 'El árbol de la ciencia'

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Porträttechnik: Charakterdarstellung bei Baroja

Baroja erstellt keine vollständigen Porträts seiner Charaktere. Stattdessen wählt er die auffälligsten Details und drückt sie mit schnellen, prägnanten Strichen aus. Nebenfiguren werden nur kurz beschrieben, ohne ihnen zu viel Bedeutung beizumessen.

Impressionismus und Milieuschilderung

Barojas Vorliebe für die Beschreibung von Elend und armen Milieus wird in der Darstellung von Andrés' Blick aus dem Fenster, den Kabaretts, dem Seziersaal im Krankenhaus und dem Haus der Minglanillas deutlich. Seine Charakterisierungstechnik konzentriert sich auf die Funktionen armer Menschen und vermittelt sehr lebendige Eindrücke. Für Landschaften besitzt Baroja großes Können: Er benötigt keine detaillierten Beschreibungen; mit wenigen Merkmalen reproduziert er den gesuchten Eindruck. Das Wort „schäbig“ wird häufig zur Charakterisierung urbaner Landschaften verwendet.

Dialoggestaltung: Authentizität und Sprache

Es gibt verschiedene Arten des Dialogs, die sich nach der Position, Bildung und Kultur der einzelnen Charaktere richten. Jeder Charakter verwendet die Sprache, die seiner sozialen Schicht entspricht, was den Dialog natürlich und ausdrucksstark macht. Baroja nutzt häufig Slang und Umgangssprache.

Barojas Stil: Prägnanz und Erzählstruktur

Barojas Prosa zeichnet sich durch kurze Absätze, Einfachheit, Klarheit, Präzision und den Wunsch nach sprachlicher Ökonomie aus, was zu kurzen Kapiteln führt. „El árbol de la ciencia“ ist in erster Linie ein Charakterroman, der das Leben des Protagonisten linear, manchmal bruchstückhaft erzählt. Gelegentlich wird die Erzählung durch Barojas Beschreibungen von Umgebungen und Charakteren unterbrochen – aufgrund seiner Tendenz, „nebenbei zu unterhalten“. Im gesamten Buch gelingt die Verknüpfung von Erzählungen, Beschreibungen und Dialogen.

Umgangssprache und Zugänglichkeit

Durch die Verwendung von Umgangssprache, einer Ressource, die Baroja in all seinen Büchern ausgiebig nutzt, wird das Buch viel einfacher und natürlicher. So konnte es von den Menschen der damaligen Zeit, deren kulturelles Niveau meist gering war, gelesen und verstanden werden.

Das Thema Spanien in Barojas Werk

Die Umgebungen und Charaktere, die im Roman erscheinen, spiegeln die spanische Realität der Zeit als trostlos wider, als eine Gesellschaft und ein Land im Zerfall. Spanien dient als Rahmen, innerhalb dessen sich das Leben von Andrés Hurtado entfaltet, und ist doch eines der zentralen Themen des Romans. Baroja prangert Anomalien und Absurditäten in Spanien an. Er spiegelt diese spanische Realität anhand zweier Kernbereiche wider:

Das städtische Spanien: Madrid als Spiegel

  • Das politische Leben: Verantwortungslose Politiker, die das Volk irreführen.
  • Die sozialen Schichten: Soziale Misere, die sich in der zwielichtigen Atmosphäre der Häuser in den Vierteln und dem Milieu der Prostitution widerspiegelt.
  • Das kulturelle Umfeld: Kulturelle Armut, dargestellt z.B. durch die Ineffizienz der Lehrer, die höchstens ein paar Fälschungen verbreiten.

Das ländliche Spanien: Alcolea del Campo

Die ländliche Realität ist nicht weniger schmerzhaft als die städtische. Sie wird von Alcolea del Campo repräsentiert. Aspekte, die das Leben in Alcolea charakterisieren und von Baroja berichtet werden, sind:

  • Eine puritanische, enge katholische Moral, voller Vorurteile.
  • Caciquismo (lokale politische Korruption).
  • Habgier, Egoismus, Unfähigkeit, Mangel an Solidarität, sozialer Neid.
  • Ungerechtigkeit, angesichts derer sich Andrés ohnmächtig fühlt.
  • Das deprimierende Schauspiel der Cholera, die viele Opfer fordert.
  • Die Misere der oberen Klassen, sowie soziale und kulturelle Armut.
  • Passivität angesichts der Ungerechtigkeit.

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