Platons Republik: Kontext, Struktur und Themen
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Kontext und Struktur der Republik
Der Dialog Politeia (Die Republik) ist Platons bedeutendstes philosophisches Werk. Es ist in zehn Bücher unterteilt und behandelt eine Vielzahl zentraler Themen seiner Philosophie.
Aufbau des Dialogs
Obwohl die Republik ein einziges Werk ist, kann man sie grob in Abschnitte einteilen, die Platons Entwicklung widerspiegeln:
- Frühe oder sokratische Dialoge: Hier wird die Persönlichkeit und die Ideen von Sokrates dargestellt.
- Übergangsdialoge: In diesen Dialogen beginnen sich platonische Ideen abzuzeichnen.
- Reifedialoge: Hier werden die Ideenlehre und andere zentrale Theorien entwickelt.
- Späte Dialoge: Hier finden sich Weiterentwicklungen und Überarbeitungen, wie einige Konzepte aus der Republik.
Die Struktur der Republik besteht aus 10 Büchern. Besonders hervorzuheben sind:
- Buch VI: Hier wird die Idee des Guten durch das Gleichnis der Sonne und die Erkenntnisstufen durch das Liniengleichnis erklärt.
- Buch VII: Dieses Buch beschreibt die Allegorie der Höhle und Platons Plan für die Bildung.
Das Thema: Gerechtigkeit
Der Untertitel des Werkes lautet „Über die Gerechtigkeit“. Sokrates widerlegt die doppelte Behauptung der Sophisten, dass Gerechtigkeit in der Macht des Stärkeren besteht und dass Ungerechtigkeit glücklicher macht als Gerechtigkeit gemäß den etablierten moralischen Kriterien.
Gerechtigkeit ist ein Merkmal der individuellen Seele und des Staates; sie ist eine Tugend und kann als solche nur verstanden werden, wenn die Tugend selbst verstanden wird.
Obwohl das Hauptthema des Werkes Gerechtigkeit und der Staat sind, behandelt Platon auch andere zentrale Themen seiner Philosophie, wie die Hierarchie der Ideen (ähnlich der Sonne), seine Erkenntnistheorie und ethische Fragen.
Der ideale Staat und seine Klassen
Für Platon gibt es drei soziale Klassen im idealen Staat:
- Produzenten: Ihre Existenz ist eine Reaktion auf die Unfähigkeit des Einzelnen, alle eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.
- Soldaten (Wächter): Sie tragen zur Aufrechterhaltung der sozialen Harmonie bei.
- Herrschende (vollkommene Wächter): Die Philosophenkönige.
Tugenden des Staates
Die Tugenden des Staates sind:
- Weisheit: Das Wohl der Stadt zu erkennen.
- Mut: Zu wissen, was zu fürchten ist und was nicht.
- Mäßigung: Die Selbstbeherrschung aller Klassen.
- Gerechtigkeit: Die Erfüllung der Funktion, die jeder sozialen Schicht zukommt.
Regierung und Gesetze
In Platons idealer Stadt ist die Regierung nicht durch geschriebene Gesetze gekennzeichnet; sie braucht keine Gesetze, da die Bildung ihre Funktion besser erfüllt und geschriebene Gesetze schädlich sein können, indem sie die Entscheidungen der Herrschenden behindern. Die Herrschenden halten sich an ihre Prinzipien, und der Philosoph-König bewirkt eine revolutionäre Veränderung der bestehenden Gesellschaft.
Platons andere politische Werke
Platons politisches Denken findet sich auch in zwei anderen Werken:
- Der Staatsmann (Politikos): Platon argumentiert, dass die einzige perfekte Regierungsform die Herrschaft des weisen Mannes ist, der das Gesetz ersetzen kann. Wenn Wissen fehlt, ist die Regierung entweder eine Monarchie (mit Gesetz) oder eine Oligarchie (ohne Gesetz).
- Die Gesetze (Nomoi): Dieses Werk stellt ein unvermeidliches Mittel dar, wenn der weise Herrscher fehlt.
Im Staatsmann wählt die Organisation die Gesetze der Versammlung und des Rates.
Die Seele
Die Seele hat in der Republik drei Teile:
- den vernünftigen (logistikon)
- den muthaften (thymoeides)
- den begehrenden (epithymetikon)
Im Phaidros wird diese Unterscheidung mythisch erklärt, und im Timaios wird ihre Natur im Zusammenhang mit der Theorie und der Verbindung zwischen Philosophie und Seele in verschiedenen Teilen behandelt.
Das gute Leben und das Jenseits
Das gute Leben, das zur Glückseligkeit führt, wird in Mythen wie im Gorgias, Phaidon, Phaidros und der Republik behandelt. Es geht um das Schicksal der Seele nach dem Tod, ihr Ziel (die Insel der Seligen) und die Praxis der Philosophie als einziges Mittel zur Befreiung von aufeinanderfolgenden Inkarnationen.
Platons Bildungskonzept
Notwendigkeit und Zweck der Bildung
Bildung ist eine Notwendigkeit. Die Verwirklichung der Gerechtigkeit im Staat geschieht nicht spontan. Gerechtigkeit im Staat bedeutet, dass jeder Mensch die Rolle erfüllt, die seiner Natur am besten entspricht. Dies bezieht sich auf die Teile der Seele (vernünftig, muthaft, begehrend), wobei das begehrende Element gezügelt werden muss, um seiner Natur zu entsprechen.
Staatliche Bildung und Modelle
Die Aufgabe der Bildung liegt beim Staat. Dieses Modell lehnt das athenische Modell ab und stützt sich stattdessen auf das spartanische Modell der staatlichen und öffentlichen Bildung.
Platons Bildungsverständnis
Platons Konzept der Bildung wird in Buch VII der Republik als Teil seiner Interpretation der Höhlenallegorie dargestellt. Im Gegensatz zu den Sophisten glaubt Platon (wie Sokrates), dass Bildung nicht darin besteht, Wissen in die Seele zu füllen, sondern die Intelligenz zu leiten, die bereits die Fähigkeit zu lernen besitzt, und erfordert eine „Umwendung“ der Seele.
In Platons Lehrplan ist die Seele nicht nur reiner Geist, sondern auch von Liebe zur Schönheit und Wahrheit geprägt. Bildung ist intellektuell und entwickelt sich in zwei Stufen:
Stufen der Bildung
Erste Stufe: Musik und Gymnastik
Diese Stufe umfasst die Bildung für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Die Bildung der Seele und des Charakters erfolgt durch „Musik“ im weitesten Sinne (Literatur, Musik, bildende Kunst) und die Bildung des Körpers durch Gymnastik, die nicht nur Fitness, sondern die allgemeine Bereitschaft des Körpers umfasst. Bei der Bildung der Seele und des Körpers geht es vor allem um Hygiene und Ernährung.
Zweite Stufe: Höhere Bildung & Dialektik
Die zweite Stufe ist die Hochschulbildung: naturwissenschaftlicher Unterricht, insbesondere die mathematischen Wissenschaften (Arithmetik, Geometrie, Stereometrie, Astronomie und Harmonie), die als Einführung in das Studium der Philosophie dienen. Die höchste Form der Bildung ist die Dialektik, die den Wächtern des Staates vorbehalten ist.
Die dialektische Methode
Der Dialog ist die Form, in der Platon zeigt, dass er der wahre Erbe des Sokrates ist, der sein Leben lang auf dem Marktplatz dialogisierte. Der Dialog ist auch eine literarische und dialektische Methode.
Die Dialektik lenkt den Blick der Seele nach oben, zieht sie aus dem „Schlamm“, in den alles versunken war. Wir nennen Dialektik die Vernunft.
Das Erlernen des dialektischen Prozesses gipfelt in der Betrachtung der Idee des Guten und endet daher nicht vor dem 50. Lebensjahr.
Fazit: Intellektualismus und Gerechtigkeit
Letztendlich ist Platon ein Verfechter des ethischen Intellektualismus und der Aristokratie der Gelehrten, die andere führen sollen. Nur so wird soziale Gerechtigkeit erreicht.