Platons Theorie der Seele: Dualität, Inkarnation und das Streben nach Wissen

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Die Position der Theorie der Seele in Platons Philosophie

Die Existenz des Menschen

Die Existenz ist das Leben, das der Mensch in der Welt lebt. Doch die Erfahrung des Menschen besteht nicht nur aus der Welt, sondern auch aus dem Selbst.

Platon erklärt den Ursprung der Welt mit dem Begriff der Schöpfung, den Ursprung des Selbst jedoch mit der Inkarnation.

Theorie der Ideen, Schöpfung und Liebe

Diese Vorstellung gehört zur Theorie der Liebe, der fundamentalen Theorie der Anthropologie. Diese beiden Theorien sind eng miteinander verbunden. Im Gegensatz zu ihnen ist die Theorie der Seele eine Theorie über den Menschen und gehört somit in den Bereich der Anthropologie. Während die Theorie der Ideen die grundlegende Theorie der platonischen Metaphysik ist, ist die Lehre von der Seele die fundamentale Theorie der Anthropologie.

Die metaphysische Seele und das Fundament des Selbst

Übernatürlicher Charakter, Erbe und Latenz

Ideen sind die metaphysische Grundlage der Welt, weil sie Essenzen sind und als solche das Körperliche transzendieren. Die Seele hingegen ist das metaphysische Fundament des Selbst, weil sie ein Geist ist und als solcher die Psyche transzendiert.

Die Seele und die Ideen sind sich ähnlich und haben daher gemeinsame Merkmale:

  1. Sie sind übernatürlich: Die Seele existiert vor der Geburt und nach dem Tod, die den Beginn und das Ende der natürlichen Ordnung des menschlichen Lebens markieren. Für Platon ist die Seele unsterblich.
  2. Sie sind immateriell: Wäre die Seele nicht immateriell, könnte sie nicht unsterblich sein. Alle materiellen Wesen bestehen aus Erscheinungen, die aufgrund ihrer Instabilität dem Tod unterliegen.
  3. Sie sind latent: Die latente Natur der Seele zeigt sich darin, dass sie ein Teil des Menschen ist, ohne dass er sich dessen bewusst ist. Es ist eine unbewusste Komponente. Der Körper und das Ego eines Menschen sind bewusste Komponenten, sein Geist jedoch nicht.

Platons Unterscheidung zwischen zwei Leben der Seele

Übernatürliches und natürliches Leben

Die Seele, die die Ideen versteht, befindet sich im Topos Uranos. Dieser Ort bildet eine erlebnispädagogische Stätte.

Das Leben an diesem Ort ist übernatürlich, weil sowohl die Seele als auch die Ideen im Topos Uranos übernatürliche Wirklichkeiten sind. Ein übernatürliches Leben ist nicht den natürlichen Phänomenen von Entstehung und Verfall unterworfen, d.h. Geburt und Tod haben keinen Einfluss.

Dieses übernatürliche Leben könnte man als "Sein" bezeichnen.

Unterschiede zwischen Sein und Existenz

Zwischen Sein und Existenz gibt es drei wesentliche Unterschiede:

  1. Das Sein ist ein spirituelles Leben, anders als das menschliche Leben der Existenz.
  2. Das Sein ist ein übernatürliches Leben ohne natürlichen Anfang oder Ende, während die Existenz ein natürliches Leben mit Anfang und Ende ist.
  3. Das Sein findet in der erlebnispädagogischen Stätte der Seele und der Essenzen – dem Topos Uranos – statt, während die Existenz in der erlebnispädagogischen Stätte des Selbst und der Welt stattfindet.

Die Inkarnation bedeutet, dass die Seele das Sein verliert und im Gegenzug die Existenz erlangt.

Platon betrachtet die Inkarnation negativ als einen Fall, weil dieser Fall auf einen Fehler zurückzuführen ist. Um das Sein wiederzuerlangen, muss der Mensch während seines Lebens eine Reinigung durchlaufen.

Die duale Struktur des Menschen und die dreigliedrige Seele

Die Seele vor der Inkarnation ist kein Mensch. Nach der Inkarnation ist sie es, aber nur teilweise. Denn so sehr ein Teil der Seele auch Mensch ist, im Grunde ist sie immer etwas anderes als der Mensch, ein Geist.

Die Dualität von Geist und Körper

Der Körper ist für die Seele nicht nur ein zufälliges und vorübergehendes Gefährt:

  • Zufällig, weil diese Vereinigung nicht wesentlich für die Seele ist (sie kann ohne Beziehung zu Materie leben) und weil sie der Seele durch einen "Unfall", einen Fehler, widerfährt.
  • Vorübergehend, weil es eine zeitlich begrenzte Verbindung ist, die mit dem Tod endet.

Platons Konzeption des Menschen ist ein radikaler anthropologischer Dualismus, da Körper und Seele nicht verschmolzen, sondern getrennt sind.

Platon zeigt eine ablehnende Haltung gegenüber dem Körper und bezeichnet ihn metaphorisch als "Gefängnis" und "Grab" der Seele:

  • Gefängnis, weil die Seele während der Vereinigung vom Topos Uranos ferngehalten wird und in den Grenzen der Welt eingeschlossen ist.
  • Grab, weil der Geist der Seele nach der Inkarnation unbewusst wird, was für die Seele einem Übergang vom "Leben" zum "Tod" gleichkommt.

Die dreigliedrige Seele

Die verkörperte Seele hat eine dreigliedrige Struktur, bestehend aus einem rationalen, einem mutartigen und einem begehrenden Teil. Der rationale Teil entspricht der Vernunft, der mutartige Teil dem Willen oder Mut und der begehrende Teil dem Appetit oder der Begierde.

Wenn ein Mensch stirbt, bleibt nur der rationale Teil bestehen und wird wiedergeboren, während die anderen beiden verschwinden. Der rationale Teil existierte bereits vor der Inkarnation, während die anderen beiden Teile erst durch die Inkarnation entstanden sind.

Die verkörperte Seele als fremde Seele

Existenz und Entfremdung

Platons Darstellung des Körpers als Gefängnis und Grab symbolisiert das Leben der verkörperten Seele an einem fremden Ort mit einer fremden Identität. Dieser fremde Ort und die fremde Identität sind die Pole der Existenz: die Welt und das Selbst. Die Existenz der Seele beinhaltet somit Fremdheit und Entfremdung.

Da die Welt und das Ich die Pole der Existenz sind, bedeutet dies, dass die Existenz der Seele sowohl Fremdheit als auch Entfremdung beinhaltet. Beide lassen sich mit dem Wort "Fremdheit" zusammenfassen. Die verkörperte Seele ist eine fremde Seele, im Sinne von "fremd" als "entfremdet".

Entfremdung und Sein

Durch die Entfremdung geht das Sein nicht nur verloren, sondern wird auch vergessen, da sich die Seele mit einem fremden "Ich" identifiziert und sich nicht an die Erfahrungen des Seins erinnern kann.

Um sich an das Sein zu erinnern, muss die Seele die Identifikation mit dem fremden Ich aufgeben und sich auf ihre wahre Identität besinnen. Dazu dient die Reinigung.

Die Erinnerung an das Sein ist jedoch nicht gleichbedeutend mit der Rückkehr zum Sein. Dafür muss die Seele die Entfremdung und die Inkarnation überwinden und zum Topos Uranos zurückkehren.

Die platonische Unterscheidung zwischen Meinung und Wahrheit

Platons Wissensbegriff hängt direkt mit der Theorie der Ideen und der Theorie der Seele zusammen.

Die Trennung im Universum zwischen der Welt und dem Topos Uranos entspricht der Trennung im Wissen zwischen Meinung und Wahrheit. Die Meinung ist das niedere Wissen, die Wahrheit das höhere.

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