Psychologische Erste Hilfe und Posttraumatische Belastungsstörung

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Psychologische Erste Hilfe (Thema 3): Ziele

Die Psychologische Erste Hilfe dient dem Schutz, der Sicherheit und der Hoffnung. Sie soll akute Stresssymptome sofort lindern und latente Stressreaktionen verhindern.

Grundlagen der Psychologischen Ersten Hilfe

  • A. Schützen: Betroffene sollen sich sicher und wohlfühlen. Dazu gehört die Suche und Organisation von:
    • Physischen und symbolischen Schutzräumen
    • Schutz vor den Medien. Es ist ratsam, in den ersten Stunden Medienkontakt zu vermeiden.
  • B. Leiten: Personen von gefährlichen Orten direkt zu sicheren Orten führen.
  • C. Verbinden: Betroffene mit allen verfügbaren und nützlichen persönlichen und sozialen Ressourcen verbinden. Dazu gehören:
    • Angehörige
    • Informationszentren
    • Orte oder Personen, die Unterstützung bieten können
  • D. Ansprechen: Trauer und akute Belastungsreaktionen behandeln.
  • E. Akutversorgung: Hilfe ist nur Akutversorgung und wird über einen kurzen Zeitraum geleistet. Sie muss auf die Person ausgerichtet sein und diese begleiten.

Protokollansatz der Psychologischen Ersten Hilfe

Das Hauptziel ist es, die Psychologische Erste Hilfe zu organisieren und Richtlinien für Maßnahmen im Feld bereitzustellen, um die Arbeit der Fachleute zu erleichtern. Das Protokoll besteht aus 8 Phasen:

  • Umgebung (Environment)
  • Kontakt (Contact)
  • Bewertung (Evaluation)
  • Emotionale Regulierung (Emotional Regulation)
  • Krisenverständnis (Crisis Comprehension)
  • Aktivierung (Activation)
  • Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit (Recovery of Functioning)
  • Nachsorge (Follow-up)

1. Umgebung (Environment)

  • Kontext: Das Ausmaß der Ereignisse verstehen und sich vor dem Kontakt mit den Betroffenen mit der Situation vertraut machen (globale Kontextualisierung). Eine erste Einschätzung bei Ankunft vornehmen.
  • Umweltbewertung: Unmittelbare Bedürfnisse und bereits aktivierte Unterstützungsnetzwerke identifizieren. Strategien für Einzel- und Gruppenarbeit festlegen.
  • Patientenauswahl (oder Gruppe): Eine Interventionshierarchie basierend auf dem Grad der Vulnerabilität und/oder der unmittelbar beobachteten Schwere der Situation der Betroffenen definieren.
  • Patientenbewertung: Sobald ein Patient ausgewählt wurde, muss der Grad der Beeinträchtigung oder Letalität (physisch und emotional) sowie die potenzielle Gefahr für sich selbst und andere (z. B. Panikreaktionen, Aggressivität, Verwirrung, Desorientierung) bestimmt werden.

2. Kontakt (Contact)

Mit der betroffenen Person:

  • Nonverbale Aspekte der Situation berücksichtigen. Gestische Ausdrücke müssen mit dem Gesagten übereinstimmen.
  • Durch engen Kontakt und physische Nähe eine Beziehung aufbauen.
  • Respekt für die Person und ihre aktuelle Situation zeigen, die Person mit ihren Eigenschaften annehmen, ohne zu urteilen oder nach Schuld zu suchen. Versuchen, sie zu trösten und zu beruhigen.
  • Psychologische Distanz: Den Betroffenen helfen, sich von der Situation zu lösen, indem man z. B. einen Spaziergang, Kaffee, Essen oder Trinken anbietet und eine geeignete Umgebung schafft, um das Geschehene zu besprechen.
  • Erste Fragen: Fragen zu den Ereignissen sollten konkret, einfach und auf objektive Fakten ausgerichtet sein, um Beschreibungen zu erhalten, die zu einer kognitiven Verarbeitung führen.

3. Bewertung (Evaluation)

  • Initiale Exploration: Eine mentale Statusprüfung durchführen (Raum-Zeit-Orientierung etc.).
  • Problemerkennung: Den aktuellen emotionalen Zustand (z. B. Anfälle, Wut, Taubheitsgefühl, Panikattacken) und die kognitive Verarbeitung der Situation (z. B. Deutungen, Zuschreibungen, Verleugnung, Schuld) erfassen.
  • Coping-Stil: Grundlegende Bewältigungsstrategien identifizieren (vermeidender vs. aktiver Stil) und den aktiven Coping-Stil fördern und unterstützen.
  • Identifikation persönlicher Ressourcen und sozialer Unterstützung.

4. Emotionale Regulierung (Emotional Regulation)

Der Helfer sollte:

  • Emotionalen Ausdruck erleichtern, durch Fragen und aktives Zuhören, aufmerksam auf die mögliche Entstehung einer Krise.
  • Techniken zur Reduzierung des Erregungszustandes anwenden, angepasst an die Bedürfnisse des Einzelfalls.
  • Die Wiederherstellung eines sozialen Netzwerks fördern und erleichtern.
  • Verfügbarkeit und Erreichbarkeit jederzeit sicherstellen.

5. Krisenverständnis (Crisis Comprehension)

Informationen über die Probleme und Auswirkungen von Stress, Kontroll- und Bewältigungsstrategien sowie normale Reaktionen auf ungewöhnliche Situationen bereitstellen. Spezifische Informationen über das aktuelle Ereignis geben, um das Geschehene zu verstehen, eine adaptive Erzählung zu fördern, über die Situation zu berichten und alle Fragen zu beantworten.

6. Aktivierung (Activation)

Ziel ist es, die Ebene der kognitiven Verarbeitung wiederherzustellen.

  • Fokus auf individuelle Aktivitäten und Fakten.
  • Einen Aktionsplan erstellen, Ziele und mögliche Maßnahmen besprechen, um die eigenen Ressourcen und Strategien der betroffenen Person zu nutzen.
  • Mündliche Vereinbarungen treffen, um den persönlichen Plan umzusetzen.

7. Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit (Recovery of Functioning)

Schwerpunkt auf folgende Punkte:

  • Immer die Planung zukünftiger Aufgaben und Aktivitäten übernehmen.
  • Unabhängige Funktionsfähigkeit fördern.
  • Sicherstellen, dass die Person immer begleitet wird, sei es von anderen Fachleuten, Freiwilligen, Familie, Freunden oder anderen Betroffenen.
  • Mögliche Weiterleitung oder Verlegung prüfen.
  • Informieren, falls eine Hospitalisierung notwendig ist.
  • Die Unterbringung planen (Wohnung, Familie, Krankenhäuser, Hotels usw.).
  • Aktivitäten für zu Hause planen.

8. Nachsorge (Follow-up)

Kurz- und mittelfristige Überwachung (ca. ein Monat), damit die betroffene Person ein Kontinuum der Versorgung spürt. Der Helfer muss generell Unterstützung leisten:

  • Sicherstellung der Grundversorgung.
  • Unterstützung beim Schlaf.
  • Bereitstellung von persönlichem Raum.
  • Erleichterung des normalen persönlichen Kontakts (Gespräche etc.).
  • Ursachen körperlicher Beschwerden klären.
  • Hilfe bei der Wiederaufnahme des Kontakts mit Familie und Freunden.
  • Unterstützung bei täglichen Abläufen.
  • Organisation und Planung zur Lösung praktischer Probleme.
  • Hilfe bei der Fortsetzung normaler Rollen.
  • Trauer erleichtern, falls persönliche Verluste aufgetreten sind.
  • Hilfe bei der Kontrolle von Stressreaktionen.
  • Bezugspersonen (Familie) schulen, damit sie die Betreuung fortsetzen können.

Techniken für psychologische Helfer:

  • Physiologische Techniken: Entspannungs- und Atemtechniken (hauptsächlich).
  • Demobilisierung.
  • Kognitive Fähigkeiten: Schuldgefühle reduzieren, Entdramatisierung, Gefühle in Perspektive setzen und einordnen, kognitive Umstrukturierung.
  • Informationen bereitstellen.
  • Entlastung (Debriefing).
  • Aktivierung: Handlungspläne, Unterstützung für Familien.

Typen traumatischer Ereignisse (Thema 4)

  • Unfälle
  • Naturkatastrophen (Hurrikans, Erdbeben, Überschwemmungen, Erdrutsche, Vulkanausbrüche)
  • Unerwartete Todesfälle von Familienmitgliedern
  • Angriffe / Verbrechen / Verletzungen
  • Physischer / sexueller Missbrauch
  • Kindesentführung
  • Folter
  • Kampferfahrungen

Symptome der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS)

Drei Hauptbereiche:

A. Wiedererleben des traumatischen Ereignisses

  • Flashbacks: Gefühle und Empfindungen im Zusammenhang mit dem Trauma.
  • Albträume: Das Ereignis oder damit verbundene Bilder kehren häufig im Traum zurück.
  • Unverhältnismäßige körperliche und emotionale Reaktionen auf Ereignisse, die mit der traumatischen Situation in Verbindung stehen.

B. Erhöhte Aktivierung

  • Schlafstörungen
  • Hypervigilanz (erhöhte Wachsamkeit)
  • Konzentrationsprobleme
  • Reizbarkeit / Impulsivität / Aggressivität

C. Vermeidungsverhalten und emotionale Blockaden

  • Intensive Vermeidung / Flucht / Ablehnung von Situationen, Orten, Gedanken, Gefühlen oder Gesprächen, die mit dem traumatischen Ereignis verbunden sind.
  • Verlust des Interesses
  • Emotionale Blockaden
  • Soziale Isolation

Häufige Begleitstörungen

  • Panikattacken: Intensive Gefühle von Furcht und Angst, begleitet von Symptomen wie Herzklopfen, Schwitzen, Übelkeit, Zittern usw.
  • Depression: Spätere depressive Episoden, Verlust des Interesses, geringes Selbstwertgefühl und in schweren Fällen sogar wiederkehrende Suizidgedanken.
  • Wut und Aggression: Wenn sie unverhältnismäßig auf Grenzen stoßen, beeinträchtigt dies erheblich den therapeutischen Erfolg und die tägliche Funktionsfähigkeit der Person.
  • Drogenmissbrauch: Der Versuch, dem Schmerz zu entfliehen oder ihn zu verbergen. Dies entzieht der Person das Recht auf Hilfe und dient nur dazu, das Leid zu verlängern.

Merkmale der Posttraumatischen Belastungsstörung

Extremes Angst- / Vermeidungsverhalten kann während der Behandlung signifikant abnehmen; manchmal erfordert die Schwere spezifische zusätzliche Maßnahmen. Typische Merkmale der Posttraumatischen Belastungsstörung sind Episoden des Wiedererlebens des Traumas in Form von Rückblenden oder Träumen, die vor dem Hintergrund eines anhaltenden Gefühls von "Taubheit" und emotionaler Betäubung stattfinden. Dazu gehören wiederholte Loslösung von anderen, mangelnde Reaktionsfähigkeit auf die Umwelt und die Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die an das Trauma erinnern. Oft werden Situationen gefürchtet und sogar vermieden, die dem Trauma ähneln. Selten können dramatische, heftige Ausbrüche von Angst, Panik oder Aggression auftreten, ausgelöst durch Reize, die eine plötzliche Erinnerung, eine Aktualisierung des Traumas oder die ursprüngliche Reaktion darauf oder beides gleichzeitig hervorrufen. Normalerweise besteht ein vegetativer Zustand der Hyperaktivität mit Hypervigilanz, erhöhter Schreckreaktion und Schlaflosigkeit. Begleitende Symptome von Angst und Depression sind nicht selten, ebenso wie Suizidgedanken. Übermäßiger Konsum von psychoaktiven Substanzen oder Alkohol kann ein erschwerender Faktor sein. Der Verlauf schwankt, aber in den meisten Fällen ist eine Erholung zu erwarten. Bei einem kleinen Teil der Patienten kann die Erkrankung über viele Jahre chronisch und anhaltend sein, mit einem Trend zur Persönlichkeitsveränderung.

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