Qualitative Interviews: Aufzeichnung & Gesprächsstrategien
Eingeordnet in Lehre und Ausbildung
Geschrieben am in Deutsch mit einer Größe von 5,31 KB
Interviews werden in der Regel auf Kassette aufgezeichnet, obwohl einige Forschungsteilnehmer, beispielsweise bei Gruppeninterviews, eine Videoaufzeichnung verlangen können. Dies bedeutet nicht, dass die traditionelle Methode, bei der der Forscher Notizen von den Aussagen des Befragten macht, überholt ist. Sie stellt jedoch eine Alternative dar, die insbesondere dann zum Tragen kommt, wenn der Befragte die Aufnahme aus bestimmten Gründen strikt ablehnt. In solchen Fällen gewinnt eine wichtige Qualität des Interviewers an Bedeutung: das Gedächtnis. Wenn es um die allgemeine Akzeptanz der Aufzeichnung geht, gibt es normalerweise keine Probleme bei der Aufnahme auf Band. Es wird empfohlen, Kassetten mit langer Spieldauer zu verwenden, da es sehr unpraktisch ist, die Kassette wechseln zu müssen, wenn das Aufnahmegerät keine Auto-Reverse-Funktion hat. Dies kann oft zu Unterbrechungen und einer Störung des Redeflusses des Interviewten führen. Eine ausreichende Bandlänge ist auch für Untersuchungen empfehlenswert, bei denen dieselbe Person zu aufeinanderfolgenden Zeitpunkten aufgenommen wird, wie es beispielsweise bei Lebensgeschichten der Fall sein kann.
Der Ort des Interviews ist für die Wahrnehmung der Präsenz des Aufnahmegeräts relevant. Der Einsatz von kleinen Geräten oder unauffälligen Mikrofonen kann dazu führen, dass die Tatsache der Aufnahme sogar in Vergessenheit gerät.
Obwohl das Aufnahmegerät das Gespräch originalgetreu aufzeichnet (sofern keine technischen Pannen auftreten), empfehlen Fontana und Frey, dass der Interviewer unabhängig von den Umständen zügig und gleichmäßig Notizen macht. Es sollte alles notiert werden, was einem durch den Kopf geht, ohne sich Sorgen zu machen, dass es sich später als irrelevant erweisen könnte. Es ist auch ratsam, Beobachtungen zum Ablauf des Interviews zu notieren, selbst wenn diese sich nur in kleinen Gesten äußern.
Interviewstrategien
Forscher in der qualitativen Forschung meiden oft starre Formeln oder 'Kochbuch'-Anleitungen, um gute Ergebnisse in ihrer Arbeit zu erzielen. Dennoch können einige häufig verwendete Strategien zur Gestaltung der Interaktion hilfreich sein.
Das ideale Interview
Die Vorbereitung auf das ideale Interview beginnt bereits vor dem eigentlichen Gespräch. Dies beinhaltet die sorgfältige Auswahl des am besten geeigneten Befragten, der die benötigten Informationen liefern kann, die Auswahl eines flexiblen und erfahrenen Interviewers sowie die Wahl eines passenden Zeitpunkts und Ortes, damit die Kommunikation reibungslos und ohne Eile verlaufen kann.
In Anlehnung an eine Übersicht der von M. Vallés und P. Corbetta vorgeschlagenen Taktiken diskutieren wir folgende Punkte:
Taktik der Stille oder Pause
In bestimmten Fällen ist es sinnvoll, dem Befragten Zeit zu geben, sein Gedächtnis zu aktivieren, sich an Ereignisse oder Situationen zu erinnern oder über diese nachzudenken, die zuvor angesprochen wurden.
Das Gewähren dieser Zeitspanne ist ein Zeichen des Respekts gegenüber dem Befragten. Es vermeidet, einen unangemessenen Gesprächsrhythmus aufzuzwingen und stellt sicher, dass das Forschungsinstrument nicht direktiv wirkt.
Die Grenze ist dort erreicht, wo die Stille die Interaktion zu belasten beginnt.
Es ist entscheidend, dass niemals ein peinliches Schweigen entsteht, durch das der Rhythmus des Interviews verloren gehen könnte.
Taktik des Anreizes oder der Animation
In den meisten Fällen genügt es, Interesse durch bestätigende Gesten, Laute (z.B. „Mhm“, „Aha“) und eine passende Mimik zu zeigen.
Ein aufmerksamer Blick, begleitet von Kopfbewegungen oder verbalen Bestätigungen wie „Ja“, „Verstehe“ oder „Wie interessant!“ kann ausreichen, um den Erzählfluss aufrechtzuerhalten und den Befragten zu animieren.
So weiß der Befragte, dass seine Ausführungen den Erwartungen entsprechen, die zu Beginn des Gesprächs möglicherweise angedeutet wurden.
Taktik der Vertiefung
Ziel ist es, den Befragten dazu zu bewegen, seine Ausführungen durch zusätzliche Details und Nuancen zu vertiefen, die für die Interpretation relevanter Themen wichtig sein könnten.
Die entsprechenden Aufforderungen werden vom Interviewer direkt nach einer Äußerung des Befragten oder etwas später formuliert.
Standardformulierungen können sein: „Könnten Sie das bitte näher erläutern?“, „Was geschah danach?“, „Wie haben Sie sich in dieser Situation gefühlt?“.
Dieses verbal geäußerte Interesse fördert den Redefluss des Befragten und signalisiert Aufmerksamkeit für seine Perspektive.
Taktik der Wiederholung
Diese Taktik bietet zwei Möglichkeiten: Man kann eine Frage auf andere Weise wiederholen oder einfach einen Satz bzw. ein Wort aus der Antwort des Befragten aufgreifen, z.B.: „Wenn ich Sie richtig verstanden habe, sagten Sie, dass ...“.
Die zweite Alternative ist oft wirkungsvoller und greift in der Regel einen Aspekt auf, den der Befragte einige Momente zuvor erwähnt hat. Dies verdeutlicht mit größerer Intensität das Interesse des Forschers an den Aussagen.