Radikaler Konstruktivismus und Transzendentalphilosophie: Erkenntnis und Realität

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Der Radikale Konstruktivismus: Subjektive Realität

Der Radikale Konstruktivismus ist eine Position der Erkenntnistheorie, die sich deutlich von anderen Konstruktivismen unterscheidet. Eine der Grundannahmen ist, dass die persönliche Wahrnehmung nicht das Abbild einer Realität produzieren kann, welche unabhängig vom Individuum besteht.

Vielmehr bedeutet Realität für jedes Individuum immer nur eine Konstruktion seiner eigenen Sinnesreize und seiner Gedächtnisleistung. Deshalb ist Objektivität im Sinne einer Übereinstimmung von wahrgenommenem (konstruiertem) Bild und Realität unmöglich; jede Wahrnehmung ist vollständig subjektiv. Darin besteht die Radikalität (Kompromisslosigkeit) dieser konstruktivistischen Position.

Transzendentalphilosophie: Erkenntniskritik und A priori

Der Begriff Transzendentalphilosophie umfasst philosophische Systeme und Ansätze, die die Grundstrukturen des Seins nicht durch eine Ontologie (Theorie des Seienden), sondern im Rahmen des Entstehens und Begründens von Wissen über das Sein beschreiben.

Indem transzendentale Ansätze die Bedingungen der Erkenntnis untersuchen, die vor jeder Erfahrung (a priori) im Subjekt liegen, wird der Metaphysik als universelle Grundlagentheorie eine Erkenntniskritik vorgeschaltet. Die Transzendentalphilosophie ist somit auch eine Kritik der herkömmlichen Metaphysik.

Kants Transzendentalphilosophie und der Streit der Schulen

Historisch ist Kants Projekt einer Transzendentalphilosophie als methodische Reflexion auf das Erkenntnisvermögen vernünftiger Wesen und als Antwort auf den Streit zwischen Empirismus und Rationalismus zu verstehen.

Die zentralen Positionen waren:

  • Empirismus (z. B. John Locke): Nur die sinnliche Wahrnehmung liefert Erkenntnisse. Ohne diese ist der Verstand eine Tabula rasa (ein weißes Blatt Papier).
  • Rationalismus (z. B. Descartes und Leibniz): Nur der Verstand ist zu täuschungsfreier Erkenntnis der Dinge fähig. Die unbeständigen dunklen Empfindungen werden erst durch den Verstand klar und deutlich geordnet.

In der Kritik der reinen Vernunft widersprach Kant sowohl den Empiristen als auch den Rationalisten und wies vor allem den skeptischen Empirismus David Humes zurück.[5]

Kants Lösung ist ein Sowohl-als-auch: Für jede nicht-analytische Erkenntnis bedarf der Mensch ebenso der Begriffe, die er im Verstand bildet, wie der sinnlichen Anschauung. Sinnlichkeit und Verstand sind die beiden einzigen, gleichberechtigten und voneinander abhängigen Quellen der Erkenntnis.

„Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind.“

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