Das Radiopublikum: Profil, Verhalten & Wahrnehmung

Eingeordnet in Lehre und Ausbildung

Geschrieben am in Deutsch mit einer Größe von 6,29 KB

Bestimmung des Hörerprofils

Die Publikumsforschung liefert Erkenntnisse über das generelle Profil der Hörerschaft anhand soziologischer Variablen. Dies ermöglicht es, spezifische Hörerprofile für einzelne Sender, Sendungen und Sendezeiten abzuleiten. Zunächst muss definiert werden, welches Hörerprofil angesprochen werden soll. Dieses Profil ergibt sich aus der Schnittmenge der Ziele und Rahmenbedingungen des Senders bzw. Programms, dem angestrebten Publikum und den soziologischen Daten des potenziellen Publikums im Sendegebiet. Zur Bestimmung des Profils müssen auch weitere Elemente berücksichtigt werden, wie globale Daten über Empfangsmodalitäten, Erwartungen, Interessen, Einstellungen, Verhaltensweisen und mögliche Einflüsse.

Hörgewohnheiten und Empfangsmodi

  • Der durchschnittliche Hörer hört 137 Minuten Radio pro Tag (Beispiel: Spanien).
  • Gehört wird individuell oder in kleinen Gruppen (z. B. bei der Arbeit, im Auto, mit der Familie).
  • Dies fördert Intimität und führt zu einem Trend, bei dem Moderatoren Vertrautheit mit ihrem Publikum suchen.
  • Das Publikum ist individuell, verstreut, heterogen, aber selten anonym (Identifikation durch Anrufe/Dialoge möglich).
  • Der Hörer benötigt wiederholte Informationen, besonders bei sich ändernden Hörgewohnheiten, da die Aufmerksamkeit schwankt.
  • Das Hören wird oft mit anderen Tätigkeiten kombiniert und ist daher abgelenkt.
  • Die Nutzung orientiert sich an sozialen Zeitplänen (Werktage, Wochenenden, Feiertage) mit Flexibilität.
  • Hörgewohnheiten passen sich Zeitplänen, sozialen Gegebenheiten und klimatischen Unterschieden an.
  • Das Publikumsverhalten variiert je nach Sendezeit und erfordert Anpassung.
  • Die Rezeption ist durch die jeweiligen Hörbedingungen begrenzt.
  • Strukturelle Veränderungen im Hörerumfeld (z. B. Siedlungsstruktur) spielen eine Rolle.

Einstellungen, Interessen und Erwartungen

Neben einem allgemeinen Publikum, das an vielem interessiert ist, gibt es fragmentierte Gruppen mit spezifischen Geschmäckern, Erwartungen und soziokulturellen Hintergründen. Radio ermöglicht, im Gegensatz zu absorbierenden Medien wie Fernsehen oder Presse, die Gleichzeitigkeit mit anderen Aktivitäten. Radio ist das Medium, das die Phantasie des Hörers maximal anregt. Der Hörer rekonstruiert Fakten basierend auf den Informationen des Senders und fügt eigene Interpretationen hinzu, geprägt durch seine Persönlichkeit. Ein Beispiel ist die Ausrichtung von Informationen auf Jugendliche. Heute liegt ein weiterer Schwerpunkt auf der Korrelation zwischen Klangqualität/-eigenschaften und deren Wahrnehmung sowie Verständlichkeit durch die Hörer.

Neues Publikumsverhalten

Beteiligung des Publikums

Die Technik ermöglicht eine größere Publikumsbeteiligung an der Programmgestaltung, Diskussionen und Interviews. Erfolgreich ist, was den Hörer dazu anregt, Fragen zu stellen, die ihn interessieren, und seine Meinung zu äußern. Echte Radiobeteiligung bleibt oft ein Ideal, dem man sich annähert. Ziel ist es, diese Utopie realisierbar zu machen.

Anforderungen der Nutzer

Das Publikum hat seine Orientierung geändert. Es wird anspruchsvoller und bildet neue Interessengemeinschaften, die ihre Forderungen bezüglich materieller und immaterieller Güter, einschließlich Medien, formulieren. Es fordert Informationsqualität:

  • Genaue Informationen
  • Geprüfte Informationen
  • Tiefgehende Informationen
  • Unparteiische Informationen
  • Kontextualisierte Informationen, um Irreführung zu vermeiden

Empfang und Dekodierung von Informationen

Akustischer Raum des Hörers

Aus der Perspektive des Hörers erfolgt die Wahrnehmung des akustischen Raums auf besondere Weise. Der Empfänger vereint die Schallquellen, es sei denn, es handelt sich um ein Stereo-System. Der einzige Maßstab ist der Lautsprecher des Radioempfängers. Der Radiosender nutzt Mittel, um dem Hörer ein Gefühl der Richtung zu geben und den Raum durch bildhafte Beschreibungen zu gestalten, in dem sich die Informationen entfalten. Dies ermöglicht dem Publikum, die Fakten räumlich einzuordnen. Die Technik unterstützt dies durch die Vervielfachung der Hörpunkte, wie bei Stereo- oder Quadrophonie.

Auditive Wahrnehmung

Das 'Radio-Ohr' bezeichnet die Fähigkeit, verschiedene Komponenten eines komplexen Klangs (Tonhöhe, Klangfarbe, Intensität) zu differenzieren. Der Radiohörer, der über längere Zeit exponiert ist, hat Momente, in denen er zwar hört, aber nicht zuhört – er nimmt Geräusche wahr, schenkt ihnen aber keine Aufmerksamkeit. Zuhören ist ein absichtlicher, aufmerksamer Prozess. Radio ist ein Medium mit geringer 'Absorptionskraft'; das Ohr wird leicht abgelenkt, oft durch die Dominanz visueller Reize.

Psychologische Faktoren bei der Rezeption

Die Aufmerksamkeitsspanne des Publikums beeinflusst die Themenauswahl und hängt von persönlichen Interessen, Erwartungen, Einstellungen usw. ab. Mit der Wahrnehmung des Klangs und der Aufmerksamkeit verbunden ist das Verständnis, das Teil der Dekodierung der Botschaft ist. Die Dekodierung erfordert auch Interpretation und Kontextualisierung der Fakten im persönlichen und sozialen Leben des Hörers. Der Reporter wird zum Vermittler und muss die Fähigkeiten des Hörers berücksichtigen. Damit Aufmerksamkeit und Verständnis wirksam sind und zur Erinnerung führen (Gedächtnisleistung), sind klare Kommunikation und eine angemessene Darbietungsdauer erforderlich. Bezüglich der imaginativen Fähigkeit bei der auditiven Wahrnehmung fasst Sabine Jörg den Stand der psychologischen Forschung wie folgt zusammen:

  • Verbale Botschaften werden besser behalten, wenn währenddessen mentale Bilder erzeugt werden.
  • Botschaften über konkrete Dinge regen die spontane Imagination leichter an als solche über abstrakte Inhalte.
  • Das Behalten abstrakter Inhalte wird durch visuelle Vorstellungshilfen verbessert.
  • Kinder benötigen Anleitung zur Bildung fantasievoller Vorstellungen. Es ist wichtig, dass Kinder lernen, verbale Botschaften mit Fantasie und erlernten Vorstellungsbildern zu verknüpfen.

Verwandte Einträge: