Realismus und Modernismo: Spanische Literaturepochen
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Realismus
Der Realismus ist eine künstlerische Bewegung der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die als Reaktion auf die Auswüchse der Romantik entstand und die gründliche sowie genaue Beobachtung der Realität in den Vordergrund stellte. Der Naturalismus, eine verwandte Strömung, trat zeitgleich auf und versuchte, die Ursachen menschlichen Verhaltens zu ergründen, wobei er oft extreme Charaktere und deren psychologische Aspekte betonte.
Die dominierenden literarischen Gattungen waren die Erzählung und der Roman. Zu den Merkmalen des Realismus zählen:
- Sorgfältige Beobachtung der Wirklichkeit
- Zeitgenössisches Ambiente
- Häufig ein thesenhafter Ansatz (Darstellung gesellschaftlicher Probleme oder Thesen)
- Detaillierte Charakterisierung der Figuren
- Einsatz eines allwissenden Erzählers
Der Stil des Realismus ist nüchtern, wobei Dialoge eine große Bedeutung zukommt. Zu den bedeutenden Vertretern des spanischen Realismus zählt Benito Pérez Galdós mit Werken wie Doña Perfecta, Fortunata y Jacinta und den Episodios Nacionales. Ebenfalls wichtig ist Leopoldo Alas Clarín mit La Regenta.
Die Moderne (Modernismo)
Die Moderne (spanisch: Modernismo) ist eine literarische Bewegung, die im spanischsprachigen Raum entstand und maßgeblich durch Rubén Darío in Spanien verbreitet wurde. Sie war vor allem eine poetische Bewegung und entwickelte sich vor dem Hintergrund der „Katastrophe von 98“ (Desaster von 1898), die den spanischen Nationalgeist tief erschütterte.
Der Modernismo ist von der Romantik beeinflusst, was sich in seinen thematischen Linien widerspiegelt: einerseits eine eskapistische Linie (Flucht aus der Realität, Hinwendung zu Exotik, Mythen und vergangenen Zeiten), andererseits eine intime und melancholische Linie. Die Dichter des Modernismo strebten nach formaler Perfektion und nutzten alle sprachlichen Möglichkeiten, wobei die Musikalität der Verse als zentrales Element galt. Verbreitete Versmaße waren der Alexandriner (oft ein 14-Silbener) und der Achtsilber (octosílabo), aber auch andere Formen wurden kunstvoll eingesetzt, um neue Rhythmen und Klangwirkungen zu erzielen.
Die bedeutendsten Dichter des Modernismo sind:
- Rubén Darío: Gilt als Initiator des Modernismo und war entscheidend für dessen Verbreitung in Spanien. Er verband meisterhaft Lyrik und Prosa. Seine Dichtung reicht von formvollendeter, oft exotisch-sinnlicher Lyrik (z.B. in Azul... oder Prosas profanas) bis zu Gedichten mit ironischen und tiefen existenziellen Reflexionen (z.B. in Cantos de vida y esperanza).
- Antonio Machado: Er zeichnet sich durch seine tiefgründige Auseinandersetzung mit Themen wie Intimität, Erinnerung, Zeit, Träumen und der kastilischen Landschaft aus. In seiner Metrik verwendete er vielfältige Formen, oft auch traditionelle spanische Strophen. Sein Stil ist geprägt von einer scheinbar einfachen, prägnanten Sprache und dem Verzicht auf überladene Rhetorik. Anfangs dem Modernismo nahestehend (Soledades), entwickelte er sich später in Richtung der Ideale der Generation von 98 (Campos de Castilla).
- Juan Ramón Jiménez: Sein Werk ist geprägt von einem unermüdlichen Streben nach Schönheit und poetischer Perfektion. Er durchlief einen Prozess der „Reinigung“ der Poesie (poesía desnuda – nackte Dichtung), um eine neue, von Intelligenz und Essenz geleitete Dichtung zu erreichen. Seine Entwicklung lässt sich in mehrere Phasen gliedern:
- Eine erste, vom Modernismo inspirierte, eher sensorische, farbenfrohe und melancholische Phase (z.B. Arias tristes, Platero y yo in Prosa).
- Eine intellektuelle Phase, die den Weg zur „reinen Poesie“ (poesía pura) ebnete, gekennzeichnet durch sprachliche Verdichtung und Konzentration auf das Wesentliche (z.B. Diario de un poeta recién casado).
- Eine letzte Phase („genügende oder wahre Poesie“), in der er eine zunehmend abstrakte, metaphysische und transzendente Dichtung entwickelte (z.B. Dios deseado y deseante).