Rechtsakte und ihre Mängel: Irrtum, Täuschung & mehr
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Rechtsakte und ihre Mängel
Rechtsakte sind Willenserklärungen, die darauf gerichtet sind, eine rechtliche Wirkung herbeizuführen – sei es die Begründung, Änderung oder Beendigung eines Rechtsverhältnisses. Sie können positiv (eine Handlung) oder negativ (eine Unterlassung) sein.
Klassifizierung von Rechtsakten
Einseitige vs. Zweiseitige Rechtsakte
- Einseitige Rechtsakte: Erfordern nur die Willenserklärung einer Person (z. B. Kündigung, Testament).
- Zweiseitige Rechtsakte: Erfordern die übereinstimmenden Willenserklärungen von zwei oder mehr Personen (z. B. Vertrag).
Rechtsakte unter Lebenden vs. von Todes wegen
- Rechtsakte unter Lebenden (inter vivos): Ihre Wirksamkeit ist nicht vom Tod der beteiligten Personen abhängig.
- Rechtsakte von Todes wegen (mortis causa): Ihre Wirksamkeit tritt erst nach dem Tod des Erklärenden ein (z. B. Testament, Erbvertrag).
Entgeltliche Rechtsakte
Entgeltliche Rechtsakte: Eine Partei erbringt eine Leistung und erhält dafür eine Gegenleistung (z. B. Kaufvertrag – Ware gegen Kaufpreis).
Mängel von Rechtsakten (Laster)
Mängel (oder "Laster") sind Ursachen, aufgrund derer Rechtsakte ihre Wirksamkeit verlieren oder anfechtbar sind. Einige wichtige Mängel sind:
Irrtum
Ein Irrtum liegt vor, wenn eine Person eine falsche Vorstellung von der Wirklichkeit hat. Er unterscheidet sich von der Unwissenheit, die lediglich das Fehlen von Wissen ist. Ein Irrtum kann zur Anfechtung des Rechtsakts führen, wenn er wesentlich und kausal für die Abgabe der Willenserklärung war. Das Gesetz geht davon aus, dass Gesetze bekannt sind; ein Irrtum über das Gesetz ist daher grundsätzlich unbeachtlich.
Ein Irrtum kann sich beziehen auf:
- Die Person des Vertragspartners (z. B. man glaubt, einen Vertrag mit Person A abzuschließen, schließt ihn aber mit Person B).
- Die Art des Rechtsakts (z. B. man glaubt, ein Haus zu kaufen, schließt aber einen Mietvertrag ab).
- Den wesentlichen Grund für den Rechtsakt (z. B. man kauft ein Gemälde, weil man es für das Werk eines berühmten Künstlers hält, es ist aber eine Kopie).
- Eine wesentliche Eigenschaft der Sache (z. B. man kauft einen Hund als Rassehund, er ist aber ein Mischling).
Täuschung (Betrug)
Täuschung liegt vor, wenn jemand durch Vorspiegelung falscher Tatsachen oder durch Unterdrückung wahrer Tatsachen bewusst eine Fehlvorstellung bei einer anderen Person hervorruft, um diese zur Abgabe einer Willenserklärung zu bewegen. Für die Anfechtbarkeit des Rechtsakts wegen Täuschung müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Die Täuschung muss arglistig erfolgt sein.
- Die Täuschung muss ursächlich für die Abgabe der Willenserklärung gewesen sein (Determinante).
- Durch den Rechtsakt muss ein erheblicher Schaden entstanden sein oder drohen.
- Es darf keine Täuschung auf beiden Seiten vorliegen.
Drohung/Zwang (Gewalt)
Eine Willenserklärung ist anfechtbar, wenn sie durch widerrechtliche Drohung oder Zwang (physisch oder psychisch) hervorgerufen wurde.
Scheingeschäft (Simulation)
Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Parteien nach außen hin einen Rechtsakt erklären, dessen Wirkungen sie aber in Wirklichkeit nicht wollen. Man unterscheidet:
- Absolute Simulation: Es wird ein Rechtsakt erklärt, obwohl überhaupt kein Rechtsakt gewollt ist.
- Relative Simulation: Es wird ein Rechtsakt erklärt (Scheingeschäft), um einen anderen, wirklich gewollten Rechtsakt (verdecktes Geschäft) zu verbergen.
Ein Scheingeschäft ist grundsätzlich nichtig. Das verdeckte Geschäft ist gültig, wenn es den Formvorschriften entspricht und nicht gegen Gesetz oder gute Sitten verstößt.
Gläubigerbenachteiligung (Anfechtung)
Rechtsakte können angefochten werden, wenn sie die Gläubiger benachteiligen. Dies ist der Fall, wenn der Schuldner durch den Rechtsakt zahlungsunfähig wird oder die Befriedigung der Gläubiger erschwert wird. Voraussetzungen können sein:
- Der Schuldner befand sich zum Zeitpunkt des Rechtsakts in einem Zustand der Insolvenz oder wurde dadurch insolvent.
- Der Rechtsakt führte zu einer Benachteiligung der Gläubiger.
- Der Kredit des Gläubigers bestand vor der benachteiligenden Handlung des Schuldners.
Wucher/Übervorteilung (Verletzung)
Ein Rechtsakt kann wegen Wucher oder Übervorteilung anfechtbar sein, wenn eine Partei die Notlage, Unerfahrenheit oder Leichtfertigkeit der anderen Partei ausnutzt, um sich oder einem Dritten einen unverhältnismäßig großen Vermögensvorteil zu verschaffen.