Rechtsfakten, Rechtsakte und ihre Klassifizierung: Eine umfassende Analyse
Classified in Rechtswissenschaft
Written at on Deutsch with a size of 5,58 KB.
Rechtsfakten und Rechtsakte
Rechtsfakt: Jedes Ereignis in der Welt, das durch die Sinne wahrgenommen wird.
Rechtliche Tatsache: Ereignisse, die Verpflichtungen begründen, ändern oder aufheben.
Rechtsakt: Freiwillige Handlungen mit dem Ziel, Rechtswirkungen zu erzeugen, zu verändern, zu übertragen, zu erhalten oder aufzuheben.
Arten von Rechtsfakten
Natürliche Rechtsfakten
Entstehen ohne menschliches Zutun.
Menschliche Rechtsfakten
Entstehen durch menschliches Handeln.
Freiwillige Handlungen
Erfordern Handlungsfreiheit, Absicht und Einsicht.
Unfreiwillige Handlungen
Es fehlt mindestens eines der Merkmale freiwilliger Handlungen.
Freiwillige und unfreiwillige Handlungen können rechtmäßig (gesetzeskonform) oder rechtswidrig (gesetzeswidrig) sein.
Willensmängel bei Rechtsakten
Willensmängel: Beeinträchtigungen, die die Wirksamkeit von Rechtsakten beeinflussen.
Irrtum
Eine falsche Vorstellung von der Realität.
Unwissenheit ist das Fehlen von Wissen.
Der Unterschied: Unwissenheit ist das Nichtwissen, Irrtum ist ein Handeln ohne Kenntnis der Folgen.
Rechtsirrtum
Das BGB schließt die Berufung auf Rechtsunkenntnis aus.
Tatsachenirrtum
Kann wesentlich oder unwesentlich sein:
- Wesentlich: Betrifft die Art der Handlung, die Person, den Gegenstand, die wesentliche Eigenschaft oder die Ursache.
- Unwesentlich: Betrifft nebensächliche Umstände.
Arglistige Täuschung (Dolo)
Vorsätzliches Handeln zur Täuschung.
Führt zur Anfechtbarkeit, wenn sie kausal für die Handlung war, erheblichen Schaden verursacht und kein beiderseitiger Betrug vorliegt. Der Täuschende ist schadensersatzpflichtig.
Physische Gewalt
Unwiderstehlicher Zwang, der die Freiheit einer Person beeinträchtigt.
Drohung
Ausübung von Zwang, um jemanden zu einer Handlung zu bewegen. Kann physisch oder moralisch sein.
Der Unterschied: Drohung erzeugt Furcht, physische Gewalt erzwingt eine Handlung.
Simulation
Vortäuschung eines anderen Rechtscharakters oder Verwendung unwahrer Klauseln, Daten oder Personen.
Gläubigerbenachteiligung
Verkauf von Vermögenswerten zur Vereitelung des Zugriffs von Gläubigern.
Klassifizierung von Rechtsakten
Nach Anzahl der beteiligten Personen
Einseitige Rechtsakte: Erfordern die Zustimmung einer Person (z.B. Testament).
Zweiseitige/Mehrseitige Rechtsakte: Erfordern die Zustimmung mehrerer Personen (z.B. Kaufvertrag).
Nach Wirkung
Positive Rechtsakte: Begründen, ändern oder beenden ein Recht durch aktives Tun (z.B. Vertragsunterzeichnung).
Negative Rechtsakte: Begründen, ändern oder beenden ein Recht durch Unterlassen (z.B. Unterlassungspflicht).
Nach Form
Formelle Rechtsakte: Erfordern die Einhaltung einer gesetzlichen Form (z.B. notarielle Beurkundung beim Immobilienkauf).
Feierliche Rechtsakte: Erfordern eine bestimmte Form, ohne die sie unwirksam sind.
Nicht feierliche Rechtsakte: Erfordern zwar eine bestimmte Form, sind aber auch ohne diese zwischen den Parteien wirksam.
Formlose Rechtsakte: Erfordern keine bestimmte Form (z.B. Mietvertrag).
Nach Entgeltlichkeit
Entgeltliche Rechtsakte: Begründen eine Leistung und Gegenleistung (z.B. Kaufvertrag).
Unentgeltliche Rechtsakte: Begründen eine Leistung ohne Gegenleistung (z.B. Schenkung).
Nach Abhängigkeit
Hauptrechtsakte: Existieren unabhängig (z.B. Mietvertrag).
Zusatzrechtsakte: Existieren in Abhängigkeit von einem Hauptrechtsakt (z.B. Bürgschaft).
Nach Zeitpunkt der Wirkung
Rechtsakte unter Lebenden: Entfalten ihre Wirkung zu Lebzeiten der Beteiligten (z.B. Vertrag).
Rechtsakte von Todes wegen: Entfalten ihre Wirkung nach dem Tod einer beteiligten Person (z.B. Testament).
Beweis von Rechtsakten
Beweismittel: Dienen dem Nachweis der Existenz und des Inhalts von Rechtsakten.
Urkunden
Öffentliche Urkunden: Von Amtsträgern oder Notaren errichtete Urkunden mit hohem Beweiswert.
Private Urkunden: Von den Parteien selbst errichtete Urkunden.
Geständnis
Aussage einer beteiligten Person. Falschaussagen sind nicht sanktioniert.
Zeugenaussage
Aussage eines unbeteiligten Dritten. Falschaussagen können als Meineid strafbar sein.
Sachverständigengutachten
Gutachten eines Experten zur Klärung von Sachverhalten.
Auskünfte
Anfragen an öffentliche oder private Stellen zur Beschaffung von Informationen oder Dokumenten.
Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Rechtsakten
Nichtigkeit: Rechtsakt ist von Anfang an unwirksam.
Merkmale:
- Gesetzliche Grundlage
- Vorliegen von Nichtigkeitsgründen bei Abschluss des Rechtsakts
- Verhinderung der beabsichtigten Rechtswirkungen
Anfechtbarkeit: Rechtsakt ist wirksam, kann aber durch gerichtliche Entscheidung für unwirksam erklärt werden.
Der Unterschied: Nichtige Rechtsakte entfalten keine Wirkung, anfechtbare Rechtsakte entfalten Wirkung bis zur gerichtlichen Aufhebung.