Romanik vs. Gotik: Architektur, Skulptur, Malerei im Vergleich
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Architektur
Im Vergleich der romanischen und gotischen Architektur zeigen sich deutliche Unterschiede in Grundriss, Aufbau und Gestaltung.
Der Grundriss romanischer Kirchen kennt zwei Hauptformen: die Basilika und das Lateinische Kreuz, das den Leib Christi symbolisiert. In der gotischen Architektur dominiert der Grundriss des Lateinischen Kreuzes.
Die Schiffe sind in beiden Stilen ungeradzahlig, meist drei oder fünf. Das Mittelschiff ist in der Regel höher und breiter als die Seitenschiffe. Diese Struktur bleibt in der gotischen Architektur erhalten.
Das Querschiff symbolisiert die Arme Christi und kann ein bis drei Schiffe umfassen. Die Vierung, der Schnittpunkt von Mittelschiff und Querschiff, ist in der Romanik oft mit einer Kuppel über Pendentifs (bei quadratischem Grundriss) oder Trompen (bei achteckigem Grundriss) bedeckt und von einer Laterne bekrönt. In der gotischen Architektur sind die Querschiffe kürzer, da entlang der Seitenschiffe kleine Kapellen und Grablegen für wohlhabende Familien angeordnet wurden.
Die Apsiden sind nach Osten ausgerichtet. Bei bedeutenden romanischen Kirchen öffnen sich von der Hauptapsis kleine Nebenapsiden, sogenannte Apsidenkapellen. Kirchen an Wallfahrtsorten verfügen oft über einen Chorumgang, der den Pilgern den Zugang zu den Reliquien ermöglichte, ohne den Gottesdienst zu stören. Im gotischen Stil verliert der Chorumgang an Bedeutung.
In der Romanik wurden Türme oft beidseitig der Fassade errichtet, sowie ein Vierungsturm. Die Grundrisse der Türme sind meist quadratisch, rechteckig oder achteckig. Die gotische Fassade behält die zwei Rahmentürme bei, wird aber durch typisch gotische Elemente wie Fialen und Zinnen abgeschlossen. Diese Elemente sind oft mit Eisennadeln verziert.
Die Bögen im Innenraum sind ein prägnantes Merkmal. In der Romanik dominiert der Rundbogen. In der Gotik wird der Spitzbogen (auch gotischer Bogen genannt) verwendet, daneben auch elliptische oder gedrückte Bögen sowie der Kielbogen. Neu in der Gotik sind auch Wimperge (Giebel über Bögen) und Maßwerk, das die Fensterflächen gliedert.
Die romanischen Mauern sind massiv, aus Mauerwerk gefertigt, mit wenigen und kleinen Öffnungen. Sie werden durch Strebepfeiler gestützt. In romanischen Kirchen wurde oft ein zweites Geschoss über den Seitenschiffen, die sogenannten Emporen, errichtet. Diese Emporen sind mit Tonnengewölben überdeckt und öffnen sich zum Innenraum durch Bögen und nach außen durch Fenster, die Licht in die Kirche bringen.
In der Gotik verhält es sich gegenteilig: Die Mauern sind sehr hoch und dünn. Sie werden von aufstrebenden Strebepfeilern und Strebebögen gestützt. An den Enden der Strebebögen sind oft Wasserspeier in Form monströser Figuren angebracht, die die Gläubigen erschrecken sollten. Die Fenster sind sehr groß und öffnen sich weit, gefüllt mit prächtigen Glasfenstern, die biblische Geschichten erzählen.
Die romanischen Dächer sind mit Tonnengewölben, Kreuzgewölben und Kuppeln über Trompen und Pendentifs gedeckt. In der Gotik bleiben die Gewölbe wichtig, entwickeln sich aber weiter zu Rippengewölben, Kreuzrippengewölben, Sexpartitengewölben, Sterngewölben und Fächergewölben.
Die Rosette war in der Romanik nicht so groß wie in der Gotik, wo sie zu einem dominanten Fassadenelement wird.
Bei den Stützen im Innenraum sind in der Romanik Pfeiler am häufigsten (rechteckig, quadratisch, einfach oder kreuzförmig), die die Last der Tonnengewölbe und den Schub der Gurtbögen tragen. In der Gotik werden die Stützen komplexer, oft als Bündelpfeiler oder Dienstbündel ausgeführt, bei denen die Dienste (kleine Säulen) meist das Kapitell teilen.
Romanische Kirchen wurden auf tiefen Fundamenten errichtet. Oft befindet sich in diesen Fundamenten eine Krypta, ein großer Raum zur Aufbewahrung wichtiger Reliquien.
Die Fassaden sind in beiden Stilen wichtige Orte für die Dekoration, da sie das Erste sind, was die Gläubigen sehen.
Skulptur
Die romanische und die gotische Skulptur verfolgen ähnliche Ziele: die Verschönerung des Gebäudes und die religiöse Belehrung der Gläubigen.
Wichtige skulpturale Elemente finden sich in beiden Epochen an denselben Stellen:
- Das Tympanon: Darstellung Christi in der Mandorla, oft begleitet von den vier Evangelistensymbolen (Tetramorph).
- Der Trumeau (Mittelpfeiler): Befindet sich zwischen den Türflügeln.
- Die Archivolten: Die Bögen über dem Portal, oft mit biblischen Figuren geschmückt.
- Die Gewändefiguren: Figuren an den Pfosten oder Säulen, die das Portal rahmen.
- Der Sturz: Der horizontale Balken über der Tür, oft mit geschnitzten Figuren, Symbolen oder Pflanzenmotiven verziert.
Die Fassaden sind reich geschmückt, was dem Prinzip des Horror Vacui (Vermeidung leerer Flächen) entspricht. In der Gotik bleiben diese Elemente erhalten, aber die Darstellungen unterscheiden sich stilistisch und in der Organisation der Figuren.
Die romanische Skulptur passt sich stark der Architektur an, was zu verzerrten Proportionen führen kann (Figuren sind oft länglich oder sehr klein). Die gotischen Figuren sind weniger architekturgebunden und finden sich auch am Altar, im Chorgestühl und an den Fassaden.
In der Romanik wird großer Wert auf die Ikonographie gelegt, wobei oft alte frühchristliche Symbole sowie neue wie Alpha und Omega kopiert werden. Die gotische Skulptur zeigt Unterschiede zur Romanik, insbesondere in den ikonographischen Themen und dem Ausdruck der Gesichter.
Die Materialien bleiben in beiden Epochen Stein und Elfenbein. In der Gotik kommt zusätzlich die Holzschnitzerei hinzu.
In der Romanik herrscht die hierarchische Perspektive: Christus erscheint überlebensgroß. Die Schnitzweise ist oft tief und wölbt sich zum Betrachter. Die Figuren sind eher flach, fast wie Basreliefs. In der Gotik gibt es einen realistischeren Ansatz, der sich in der Bewegung der Gewänder und dem Ausdruck der Gesichter und Hände zeigt.
Bei der freistehenden Skulptur sind der gekreuzigte Christus und die Madonna hervorzuheben. In der Romanik fehlt oft Bewegung oder Kommunikation. Der romanische Christus hat vier Nägel (Füße getrennt), steife Arme und einen gekrönten Kopf. Der gotische Christus hat drei Nägel (Füße übereinander), trägt eine Dornenkrone, ist im Sterben dargestellt, mit Ausdruck in den Augen, geöffnetem Mund und Blut.
Die romanische Madonna sitzt, gekrönt als Himmelskönigin, mit dem Jesuskind auf dem Schoß. In der Gotik bleiben religiöse Themen wichtig, aber die Jungfrau Maria wird zur Hauptfigur. Daneben werden das Leben von Heiligen, Tugenden und Lastern sowie weltliche Tätigkeiten dargestellt. Das Leben Jesu bleibt ein wichtiges Thema, aber nicht nur sein Tod, sondern auch Geburt und Kindheit werden betont.
In der Gotik begann das Bürgertum, sich auf Sarkophagen darstellen zu lassen, eine Praxis, die an die Römerzeit erinnert. Künstler begannen, Verträge zu unterzeichnen und wurden von Mäzenen unterstützt.
Malerei
In der Romanik ist die Malerei der Architektur untergeordnet. Sie findet sich meist in der Apsis oder an den Wänden der Seitenschiffe. Ihr Hauptziel ist die religiöse Belehrung der Gläubigen. In der Gotik bleibt die Malerei didaktisch und devotional, wird aber unabhängiger von der Architektur.
Die Techniken und Bildträger unterscheiden sich. In der Romanik wurde oft Al Fresko (Wandmalerei) oder auf Holz gemalt (Tafelmalerei). In der Gotik sind die Medien vielfältiger: Leinwand, Buchmalerei (in Stundenbüchern), Glasmalerei (in den großen Fenstern) und im Spätmittelalter die Ölmalerei auf Leinwand.
Die Figuren in der Romanik sind oft von einer dicken, schwarzen Zeichnungslinie umrahmt. In der Gotik ist die Linie feiner und trägt zur Komposition und zum Volumen der Figuren bei.
In der Romanik gibt es weder Volumen, lineare Perspektive noch Lichtpunkte. In der Gotik finden sich Licht- und Schatteneffekte, die Farbe wird symbolisch eingesetzt, und Farbabstufungen werden verwendet, um Tiefe zu erzeugen – eine Technik, die in der Romanik noch nicht entwickelt war.
Die hierarchische Perspektive ist in der Romanik immer präsent: Christus oder die Jungfrau sind die wichtigsten und oft größten Figuren. In der Gotik beginnen die Kompositionen oft von der Mitte aus, wo die Hauptfigur platziert ist.
In der Romanik fehlt es den Figuren an Bewegung und Ausdruck in den Augen. In der Gotik wird der Ausdruck natürlicher. Die Figuren in der Romanik haben oft nicht die korrekten Proportionen; die Darstellung Christi zielt immer auf Monumentalität ab.
Wie in der Skulptur wagten es in der Gotik einige Künstler, ihre Werke zu signieren und Verträge abzuschließen.