Romanische Kunst in Spanien und Frankreich: Architektur, Skulptur, Malerei
Eingeordnet in Religion
Geschrieben am in Deutsch mit einer Größe von 7,68 KB
Die Kathedrale von Santiago de Compostela: Bau und Architektur
Der Bau der Kathedrale von Santiago de Compostela begann im Jahr 1075, um die Reliquien des Apostels Thomas zu beherbergen. Die Arbeiten wurden unter der Leitung verschiedener Meister durchgeführt: Zuerst Roberto Bernardo (der Ältere), dann das Querschiff unter Meister Esteban, der höhere Arm unter Bernardo (dem Jüngeren) und schließlich der berühmte Portico de la Gloria von Meister Mateo. Die Bauarbeiten dauerten über ein Jahrhundert und stellen das bedeutendste Beispiel einer Pilgerkirche mit lateinischem Kreuzgrundriss dar.
Die Kathedrale besteht aus drei Schiffen und einem sehr ausgeprägten Querschiff. Das Querschiff ist mit einem Tonnengewölbe bedeckt, während die Seitenschiffe Kreuzgratgewölbe aufweisen. Die Trennung zwischen den Schiffen erfolgt durch Spitzbögen auf Säulen. Über den Seitenschiffen wurden Emporen errichtet, die bei großem Pilgerandrang Platz für Gläubige boten. Die große Kathedrale besaß drei monumentale Portale: das bedeutendste an der Westfassade und zwei weitere an den Seiten des Querschiffs.
Spätromanik (13. Jahrhundert) und regionale Schulen
In der Spätromanik des 13. Jahrhunderts entwickelte sich eine Vielzahl regionaler Schulen. Die kastilische Romanik zeichnet sich beispielsweise durch die Seitenportale und romanischen Arkaden in Segovia sowie die Kuppeln des Duero-Beckens aus. Die katalanische Romanik ist durch den Einfluss Santiagos geprägt.
Romanische Bildhauerei: Merkmale und Funktion
Das Hauptmerkmal der romanischen Skulptur ist ihr didaktischer Charakter. Da die mittelalterliche Gesellschaft größtenteils aus Analphabeten bestand, dienten Skulptur und Malerei dazu, die Lehren der Heiligen Schrift zu vermitteln und den Weg zur Erlösung aufzuzeigen. Der Großteil der Skulpturen konzentrierte sich auf Portale, Kapitelle, Innenräume und Kreuzgänge.
Charakteristika der romanischen Skulptur
- Anpassung an den architektonischen Rahmen, was zu teilweise verzerrten Figuren führte.
- Dominanz von Reliefs gegenüber freistehenden Skulpturen, obwohl letztere später an Bedeutung gewannen.
- Figuren zeigen Missverhältnisse und Anti-Naturalismus, sind frontal, hieratisch und hierarchisch angeordnet; oft mehrfarbig (polychrom).
- Themen wie das Ende der Welt, Verdammnis oder Erlösung, ewige Strafe.
- Enorme Symbolik in den Themen, einschließlich geometrischer, pflanzlicher oder tierischer Motive: Meerjungfrauen (symbolisieren das Böse), Weinreben (Christus), Ananas (Unsterblichkeit), die Ordnung oder Unordnung darstellen können.
Ikonografie und Bildprogramme
Die Ikonografie der romanischen Skulptur ist reich und vielfältig, mit spezifischen Darstellungen an verschiedenen Stellen:
- In den Portalen (Archivolten): Geometrische, pflanzliche, tierische oder figürliche Motive.
- Im Türpfosten: Figuren, die der Kirche geweiht sind.
- Auf den Säulen: Apostel und Propheten.
- Im Tympanon: Der Tetramorphos (Christus als triumphierender Pantokrator, der oberste Richter, auf einem Thron sitzend, mit dem Evangelium in einer Hand und segnend mit der anderen), umgeben von den Symbolen der vier Evangelisten: Löwe (Markus), Stier (Lukas), Adler (Johannes) und Engel (Matthäus). Der Pantokrator nimmt den zentralen Teil des Tympanons ein, manchmal innerhalb einer Mandorla, wie in Moissac oder Santiago (Portico de la Gloria), wo auch die 24 Ältesten der Apokalypse und Engel mit den Leidenswerkzeugen dargestellt sind.
- In den Kapitellen: Fantastische Tiere, Pflanzen oder geometrische Elemente sowie Erzählungen aus dem Alten und Neuen Testament, wie Szenen aus dem Leben Christi (z.B. im Kloster von Silos, besonders hervorzuheben sind die Szenen des Heiligen Thomas).
Hauptwerke der romanischen Skulptur
Frankreich
- Saint-Lazare d'Autun: Hier erscheint der Pantokrator zusammen mit dem Tetramorphos und der Darstellung des Jüngsten Gerichts, das die Gerechten in den Himmel und die Verdammten in die Hölle führt.
- Kirche Sainte-Madeleine in Vézelay: Pantokrator und Pfingstszene mit den verschiedenen Völkern, die das Evangelium empfangen.
- Sainte-Foy de Conques: Letzte Darstellung des Pantokrators und des hellen Himmels (Heimat).
- Saint-Pierre de Moissac: Mit den 24 Ältesten.
Spanien
- Tympanon von Jaca: Der Crismon (ein Kreis, der die Ewigkeit darstellt, mit den Buchstaben Chi, Rho, Sigma) und zwei Löwen auf jeder Seite, die das Lamm bedecken.
- San Isidoro de León und Kloster Santo Domingo de Silos: Szenen aus dem Leben Christi.
- Santa María de Ripoll: Mit Tierkreiszeichen und Darstellungen landwirtschaftlicher Arbeiten; das Tympanon wird durch Bänder mit dem Pantokrator und den 24 Ältesten ersetzt.
- Puerta de las Platerías und Portico de la Gloria (Meister Mateo) in Santiago de Compostela: Der Portico de la Gloria zeigt eine naturalistische und menschliche Darstellung Christi als Erlöser der Menschheit, wobei sein Leiden für das menschliche Auge betont wird.
Freistehende Skulptur
Ab dem 12. Jahrhundert gewinnt die geschnitzte und polychrome Skulptur an Bedeutung. Typische Themen sind der gekreuzigte Christus (oft mit vier Nägeln dargestellt), der keine Emotionen zeigt, und die thronende Madonna mit Kind (Virgen en Majestad), die mit der rechten Hand segnet und in der anderen ein Buch oder eine Weltkugel hält. Es gibt keine Kommunikation zwischen den beiden Figuren; die Darstellung wirkt unnatürlich, disproportioniert, frontal und hieratisch.
Romanische Malerei: Merkmale und Werke
Charakteristika der romanischen Malerei
- Didaktische Funktion.
- Anpassung an den architektonischen Rahmen.
- Freskotechnik.
- Hierarchisierung von Szenen und Figuren.
- Schematismus.
- Flächige Farbgebung.
- Vorherrschaft der Zeichnung.
- Frontale, hieratische und disproportionale Figuren.
- Flache Hintergründe ohne Tiefenwirkung.
Repräsentative Werke der romanischen Malerei
- Sant Climent de Taüll (12. Jahrhundert, katalanische Pyrenäen): In der Apsis der Kirche ist der Pantokrator in einer Mandorla (Symbol des Paradieses) dargestellt, umgeben von Tetramorphos und Engeln. Christus segnet und hält ein Buch mit den Worten „Ich bin das Licht der Welt“ sowie die Buchstaben Alpha und Omega. Darunter befinden sich die Apostel und die Heilige Jungfrau in einer Arkadenreihe. Die Malerei ist von kräftigen Farben geprägt und versucht, durch verschiedene Schattierungen derselben Farbe in den Falten einen Hell-Dunkel-Effekt zu erzielen.
- San Isidoro de León: Die Bilder befinden sich im zentralen Narthex. Das Gewölbe ist vom Pantokrator und dem Tetramorphos umgeben. In anderen Kuppeln sind das Letzte Abendmahl, der Kindermord von Bethlehem, die Verkündigung an die Hirten und Szenen aus der Apokalypse dargestellt. An den Wänden finden sich Szenen aus dem Leben Jesu und Marias sowie in den Bögen die Monate des Jahres mit typischen landwirtschaftlichen Arbeiten. Bemerkenswert ist die erzeugte Bewegung durch die Betonung der Konturen.