Romantik und Realismus in der spanischen Literatur

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Romantische Lyrik in Spanien

Die romantische Lyrik zeichnet sich durch einen stärkeren Subjektivismus aus; der Dichter gießt seine Gefühle und Empfindungen in seine Werke. Die Naturlandschaft spiegelt oft die Seele des Dichters wider. Zentrale Themen sind die Liebe und auch religiöse Aspekte. Es gibt keine strikte Trennung von Metren und Strophen im Gedicht. Häufige rhythmische Veränderungen und metrische Freiheit sind kennzeichnend. Repräsentative Dichter sind José de Espronceda, später Gustavo Adolfo Bécquer und Rosalía de Castro. Im Vergleich zur vorherigen Poesie ist sie empfindsamer und intimer.

Narrative Poesie der Romantik

Die narrative Poesie der Romantik weist folgende Merkmale auf:

  • Inhalt: Oft inspiriert von vorheriger Literatur und historischen Stoffen.
  • Verse: Rückgriff auf traditionelle Romanzen als Strophenform ist üblich.
  • Stil: Leuchtend, farbenfroh und reich an poetischen Bildern.

Wichtige Vertreter dieser Gattung sind Espronceda, der Herzog von Rivas und José Zorrilla.

Prosa der spanischen Romantik

In der romantischen Prosa spielen Sittenromane (Costumbrismo) eine wichtige Rolle, die die gesellschaftlichen Spannungen des 19. Jahrhunderts widerspiegeln. Autoren wie Ramón de Mesonero Romanos und Serafín Estébanez Calderón suchen die Nähe zur Gesellschaft und üben Kritik mit einem milden und moralisierenden Ton.

Ein Hauptwerk von Mesonero Romanos ist Escenas matritenses, das Madrider Typen und Umgebungen darstellt. Sein Stil ist leicht, unterhaltsam und geprägt von „Castizo“ (ursprünglicher, reiner Sprache) sowie Elementen der Volkssprache.

Estébanez Calderón zeichnet sich durch eine entwickelte Sprache aus, eine „farbenfrohe, sympathische Vision und andalusisches Lokalkolorit“.

Bedeutende Autoren der Romantik

José de Espronceda (1808-1842)

Espronceda war Autor von historischen Romanen, Dramen und epischen Werken. Zu seinem Schaffen gehören kurze Gedichte wie Canción del pirata (Lied des Piraten) und längere Gedichte. Sein Werk ist oft ungleichmäßig, doch das Beste ergänzt sich. Es zeichnet sich durch große Fantasie, metrische Treffsicherheit, Beherrschung des Rhythmus und meisterhafte Musikalität aus.

Kurzgedichte: Unter dem Einfluss des (pseudo-)keltischen Dichters Ossian zeigen sie seinen romantischen Geist der Rebellion gegen die konformistische Gesellschaft und des Protests. Die Persönlichkeiten sind klar gezeichnet und frei von starren gesellschaftlichen Normen.

Reifere Poesie: Sein Werk El estudiante de Salamanca (Der Student von Salamanca) ist ein brillantes, aber langes narratives Gedicht in vier Teilen. Der Protagonist, Félix de Montemar, ist eine Don-Juan-Figur, die seine Liebe verspottet, sie verlässt und später den Bruder der Geliebten tötet. Das Gedicht weist eine große metrische Vielfalt auf und ist durch und durch romantisch.

El diablo mundo (Die Teufelswelt): Dieses Werk ist von Goethe beeinflusst. Es besteht aus polymetrischen Versen und ist ein scharfkantiges Gedicht über die Existenz und den Sinn des menschlichen Lebens. Es blieb unvollendet und besteht aus sechs Gesängen, die Pessimismus und die Enttäuschung über eine Figur namens Teresa thematisieren.

José Mariano Larra (1809-1837)

Larra war ein einflussreicher Journalist, bekannt für seine Artikel im Bereich des Costumbrismo und der politischen Literatur.

Costumbristische Artikel (Artículos de costumbres): Sie bieten eine kritische, oft pessimistische Darstellung des spanischen Gesellschaftslebens. Themen sind unter anderem die geringe Sorgfalt und Ineffizienz der Beamten, die mangelnde Bildung der Bevölkerung und unpassende Ehen in frühem Alter. Einige Artikel erreichen extreme Zuspitzungen, wie El día de difuntos (Der Allerseelentag) oder Vuelva usted mañana (Kommen Sie morgen wieder). Larra verwendet häufig Ironie und Sarkasmus und pflegt eine direkte Sprache.

Politische und literarische Kritik:

  • Seine progressive und liberale Ideologie war gepaart mit Enttäuschung über die politische Situation in Spanien und die Ineffizienz der Regierungen. Er positionierte sich klar gegen den Carlismus.
  • Er verfasste zahlreiche Artikel über das Theater (ca. 60), die sich mit dem Neoklassizismus und dem Troubadourstil auseinandersetzen. Man erkennt eine allmähliche Assimilation enzyklopädistischer Ideen und des romantischen Geistes.

Gustavo Adolfo Bécquer (1836-1870)

Bécquer gehört der Spätromantik an und schrieb zu einer Zeit, als der literarische Realismus bereits begann.

Poetisches Werk: Seine bekannteste Sammlung sind die Rimas (Reime) – kurze, meist assonierende Gedichte. Die Abstände zwischen den Versen und der Klang erzeugen intensive Empfindungen. Es sind intimere, einfachere und sanftere Tondichtungen. Die Gedichte wurden ursprünglich im Manuskript Libro de los gorriones (Buch der Spatzen) gesammelt. Die Sammlung umfasst in späteren Editionen meist um die 70-90 Reime, die oft in Gruppen geordnet sind und eine Art Liebesgeschichte darstellen. Themen sind dabei:

  • Das Geheimnisvolle und die Poesie selbst
  • Liebe und Freude
  • Das Scheitern der Liebe
  • Enttäuschung und Schmerz
  • Die Leere und die Abwesenheit von Liebe, Einsamkeit und Tod

Prosa: In Desde mi celda (Aus meiner Zelle), geschrieben während eines Aufenthalts in einem Kloster, sammelte Bécquer vielfältige Eindrücke über Kunst, das Leben, Landschaften und Bräuche.

Leyendas (Legenden): Dies sind Kurzgeschichten, die oft im Mittelalter angesiedelt sind und legendäre, romantische, exotische sowie vergangene Elemente enthalten. Sie entführen den Leser in eine andere Welt. Themen sind Liebe und Tod, Terror und Lyrik, das Reale und das Übernatürliche.

Rosalía de Castro (1837-1885)

Rosalía de Castro ist eine der relevantesten Figuren der spanischen und galicischen Literatur.

Cantares gallegos (Galicische Gesänge): Diese Gedichtsammlung ist geprägt von der Abschiedsstimmung und dem Stil ihrer Heimat Galicien. Die Verse bedeuten eine Wiedergeburt der galicischen Sprache als Literatursprache. Sie zeichnen eine schöne, nostalgische Vision, thematisieren aber auch die Armut der Bauern oder die Klage über die Behandlung galicischer Emigranten.

Follas novas (Neue Blätter): Dieses Werk ist subjektiver und intimer. Es präsentiert ihren Schmerz und ihr Leiden in ihrer Heimat. Es weist eine große metrische Vielfalt auf.

En las orillas del Sar (An den Ufern des Sar): Diese auf Spanisch verfasste Gedichtsammlung enthält Verse voller Schmerz, Bitterkeit und melancholischem Geist. Ein tiefes Gefühl, Angst und die Sehnsucht nach dem natürlichen Tod prägen die Gedichte. Die Sprache ist einfach und verzichtet auf übermäßiges Ornament. Assonanz wird meisterhaft beherrscht, die Formen sind vielfältig. Rosalía erprobt neue Rhythmen und neue metrische Kombinationen und weicht von traditionellen Strophenformen ab.

Der Realismus im 19. Jahrhundert

Realistische Poesie

Die realistische Poesie zeigt realistische Tendenzen und eine bürgerliche Mentalität. Es fehlt ihr oft an schöpferischem Geist und wahrem lyrischem Atem. Ramón de Campoamor war in dieser Zeit erfolgreich mit einer eher intellektuellen, distanzierten Lyrik (poesía de ideas). Gaspar Núñez de Arce verwendete eine hochtrabende Rhetorik; seine Poesie behandelt staatsbürgerliche und moralische Anliegen mit sentimentalem Ton.

Das realistische Theater

Das realistische Theater, auch bekannt als alta comedia (hohe Komödie), stellte ein Hindernis für die Fortführung des romantischen Dramas dar und förderte die Annahme neuer realistischer Trends. Merkmale: Gut konstruierte Handlungen, aktuelle Themen, ein nüchterner und oft moralisierender Zweck. Die Sprache nähert sich der Prosa an.

Der realistische Roman

Die realistische Bewegung im Roman des 19. Jahrhunderts wurde stark von der französischen Erzählkunst beeinflusst. Merkmale: Darstellung der unmittelbaren Realität, Streben nach Objektivität, große Bedeutung der detaillierten Beschreibung von Charakteren und Umgebungen, keine Idealisierung der Realität oder der Konflikte, sowie nüchterne und distanzierte sprachliche Register.

Der Naturalismus in Spanien

Der Naturalismus ist eine Strömung, die vom literarischen Realismus abgeleitet ist und dessen Konzeptionen extremer fasst. Er entstand in Frankreich. Merkmale: Eine materialistische Sicht des Menschen, eine deterministische Konzeption des menschlichen Seins. Die Charaktere und ihr Verhalten werden oft durch soziologische, philosophische und wissenschaftliche (insbesondere biologische und erbliche) Theorien erklärt. Es werden realistische Techniken verwendet. In Spanien war der Naturalismus nicht so ausgeprägt wie in Frankreich, da die Dogmen des Materialismus oder Determinismus nicht vollständig akzeptiert wurden und oft mit einer spirituellen oder religiösen Dimension сосуществовали.

Bedeutende Autoren des Realismus

Benito Pérez Galdós (1843-1920)

Benito Pérez Galdós gilt als einer der bedeutendsten spanischen Romanciers des 19. Jahrhunderts. Sein narrativer Realismus nähert sich dem Naturalismus an, ohne dessen deterministische Aspekte vollständig zu übernehmen.

Werke:

  • Episodios Nacionales (Nationale Episoden): Eine umfangreiche Serie historischer Romane (z.B. Trafalgar, Gerona). Sie bestehen aus vier Serien à zehn Episoden und einer unvollendeten fünften Serie. Sie stellen eine Mischung aus historischer Darstellung und Fiktion dar und decken die Zeit vom Unabhängigkeitskrieg bis zur Restauration unter Cánovas del Castillo ab.
  • Romane: z.B. Miau, Doña Perfecta, Marianela, Fortunata y Jacinta.
  • Theaterstücke: z.B. El abuelo (Der Großvater), La loca de la casa (Die Verrückte des Hauses), Electra.

Werke der ersten Epoche (Thesenromane): In diesen Romanen überwiegen ideologische Thesen, und die Charaktere vertreten oft dogmatische Standpunkte. Ein Beispiel ist Doña Perfecta, das das Problem der politisch-religiösen Intoleranz in einer Provinzstadt behandelt und den Konflikt zwischen Fortschritt und Traditionalismus thematisiert.

Marianela: Ein Roman mit einer idealistischen Protagonistin, der innere Güte und Schönheit thematisiert. Er gilt als eines der sensibelsten und zartesten Werke von Galdós.

Zeitgenössische spanische Romane (Novelas españolas contemporáneas): Galdós schrieb mehr als 20 Romane in dieser Phase, die naturalistische Aspekte und eine neue narrative Ausrichtung zeigen. In La desheredada (Die Enterbte) stellt er eine junge Frau vor, die glaubt, Erbin eines Adelstitels zu sein. Der Autor entfernt sich von abstrakten Charakteren und schafft menschlichere und glaubwürdigere Figuren. Fortunata y Jacinta ist ein umfangreiches Werk, das als Höhepunkt von Galdós' Schaffen gilt. Es präsentiert ein komplexes Panorama der Madrider Gesellschaft, ihrer verschiedenen Schichten und moralischen Verhältnisse.

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