Römische Geschichtsschreibung: Von Annalisten zu Meistern der Prosa
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Die Entwicklung der Römischen Geschichtsschreibung
Die römische Literatur umfasste neben literarischer Prosa und Redekunst auch die Geschichtsschreibung, die eine zentrale Rolle spielte. Die Geschichtsschreibung wurde damals primär als literarisches Genre und nicht als wissenschaftliche Disziplin verstanden. Dies erlaubte die Aufnahme von Legenden, die Wiederherstellung einiger Ereignisse, die Schaffung von fiktiven Reden und Briefen sowie die Verwendung expressiver Mittel, die typisch für die Rhetorik waren.
Die Ursprünge: Annalisten und frühe Historiker
Die Ursprünge der römischen Geschichtsschreibung finden sich in den Annalen, die von den Pontifices Maximi (Oberpriestern) jedes Jahr erstellt wurden und die relevantesten Fakten festhielten. Als die Römer den Ersten Punischen Krieg gewannen, begannen sie, ihre Geschichte als politische Propaganda und nationales Bekenntnis zu schreiben. Ereignisse wurden von Jahr zu Jahr aufgezählt, ähnlich wie es die Pontifices in ihren Annalen taten. Von dort erhielten die Verfasser den Namen der Annalisten.
Die ersten Annalisten schrieben in griechischer Sprache, später in Latein. Von diesen war Marcus Porcius Cato, der Autor der Origines, der wichtigste.
Bedeutende Historiker der späten Republik
Zwei herausragende Persönlichkeiten dieser Zeit waren Gaius Julius Caesar und Sallustius Crispus.
Gaius Julius Caesar: Militär, Politiker und Stilist
Gaius Julius Caesar war ein brillanter Militär und ein entscheidender politischer Akteur, insbesondere im Bürgerkrieg gegen Pompeius, und Diktator bis zu seiner Ermordung. Er ist der Autor des Gallischen Krieges und des Bürgerkrieges, zwei Werke, die als Commentarii (Kommentare) bekannt sind. Seine Schriften zeichnen sich durch genaue Angaben und große Klarheit aus. Um ein Gefühl der Objektivität zu vermitteln, bezeichnete er sich selbst in der dritten Person und vermied Profanität, Archaismen oder poetische Sprache. Sein Stil gilt als ein Modell der klassischen Prosa.
Sallustius Crispus: Der moralisierende Historiker
Sallustius Crispus zog sich in eine schöne Villa zurück, um sich der Geschichtsschreibung zu widmen. Seine Hauptwerke sind Die Verschwörung des Catilina und Der Krieg gegen Jugurtha. Beide Werke sind keine Annalen im traditionellen Sinne.
- Die Verschwörung des Catilina schildert den Putschversuch Catilinas, der versuchte, Cicero zu ermorden.
- Der Krieg gegen Jugurtha beschreibt Roms Krieg gegen Jugurtha, den König von Numidien (Nordafrika).
Sein Stil ist etwas archaisch und prägnant im Ausdruck. Er unterscheidet sich von Caesar durch die Einbeziehung moralischer Erwägungen und Reflexionen.
Die Kaiserzeit: Livius, Tacitus und Sueton
Die Geschichtsschreibung der Kaiserzeit wurde mit dem monumentalen Werk Ab Urbe Condita (‚Seit der Gründung der Stadt‘) von Titus Livius eröffnet. Dieses Werk umfasst 142 Bücher und behandelt die Geschichte Roms von seiner Gründung an. Livius' Werk ist geprägt von patriotischen Übertreibungen und gelegentlichen Ungenauigkeiten. Sein Hauptziel war es, ein literarisches Denkmal zu Ehren Roms zu schaffen. Sein Stil unterscheidet sich von dem Sallusts: Er zeichnet sich durch einen reichhaltigen Ausdruck, die Verwendung poetischer und rhetorischer Elemente sowie die Aufnahme von Reden aus. Livius strebte nach Schönheit im Ausdruck.
Publius Cornelius Tacitus: Der kritische Beobachter
Der letzte große Historiker der Kaiserzeit war Publius Cornelius Tacitus. Seine Werke, die Annalen, erzählen die Geschichte vom Tod des Kaisers Augustus bis zur Zeit Neros. Tacitus erlebte viele dieser Ereignisse selbst und hatte daher eine gute Kenntnis der Fakten. Er war ein sehr anspruchsvoller Historiker bezüglich seiner Quellen und beschreibt Rom als eine Brutstätte der Korruption. Sein pessimistischer und kritischer Ton zieht sich durch sein gesamtes Werk. Sein Stil ist äußerst prägnant und er nutzte rhetorische Mittel meisterhaft. Seine Charakterporträts erreichen psychologische Tiefe und dramatische Intensität.
Sueton: Biograf der Kaiser
Sueton, mit seinem Werk De Vita Caesarum (‚Das Leben der Caesaren‘), gehört zur gleichen Zeit wie Tacitus. Sein Werk ist als eine Sammlung von zwölf Biografien konzipiert. Sueton konzentrierte sich mehr auf Anekdoten als auf Rhetorik oder fiktive Diskurse und zitierte häufig offizielle Dokumente, was ihm eine besondere Authentizität verlieh.