Römische Literatur: Geschichtsschreibung, Epigramme & Rhetorik

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Römische Geschichtsschreibung

Die lateinische Geschichtsschreibung verfolgte stets moralische und politische Zwecke. Diese Absichten werden besonders deutlich bei Autoren, die entweder das neue Regime unterstützten oder dessen Feinde waren. Die Zensur durch die Kaiser konnte die Werke der wichtigsten Autoren zerstören. Die besten Historiker dieser Zeit, Livius und Tacitus, waren keine Anhänger des kaiserlichen Regimes. Livius verfasste seine Werke während der Herrschaft des Augustus, was zu einem sehr idealisierten Bild dieser Epoche führte. Tacitus schrieb in der Epoche der Antoninen, einer Zeit des Friedens und des Wohlstands, in der jedoch die Erinnerung an die Übergriffe und Ausschreitungen der jüngsten Vergangenheit noch lebendig war. Die Sichtweise von Tacitus war pessimistisch.

Livius

Livius wurde in der republikanischen Zeit geboren und schrieb 142 Bücher seiner römischen Geschichte, Ab Urbe Condita. In seinen Werken verteidigte er Werte wie Tugend, Moral und Patriotismus. Sein Stil zeichnet sich durch dichte und symmetrische Perioden, alte Ausdrücke, Metaphern, Vergleiche und fantasievolle Beschreibungen aus. Man wirft ihm jedoch vor, sagenhafte Ereignisse oft unhinterfragt und ohne Rückgriff auf authentische Dokumente übernommen zu haben.

Tacitus

Tacitus schrieb seine Werke im goldenen Zeitalter des Imperiums. Er gilt als der beste römische Geschichtsschreiber. Sein Stil ist knapp, kraftvoll und reich an archaischen Konstruktionen. Er nutzte oft die kaiserlichen Archive, ein Manko ist jedoch, dass er seinen Charakteren konstruierte Reden in den Mund legte. In seinen Werken zeichnet er ein lebendiges Bild der Zeit und analysiert die Charaktere psychologisch scharfsinnig. Zu seinen Werken gehören:

  • Dialogus de oratoribus: Hier vergleicht er Poesie und Rhetorik.
  • Historiae: Behandeln die Zeit vom Tod Neros an.
  • Annales: Berichten über die Zeit vom Tod des Augustus bis zu Nero.

Das römische Epigramm

Epigramme sind kurze Inschriften in Versform, die in Stein, auf Gräbern, Statuen oder Monumenten eingraviert wurden. Sie dienten dem Lob von Helden oder Verstorbenen. Zwei wesentliche Merkmale waren Kürze und Witz. Bei den Römern kam ein drittes Merkmal hinzu: die sarkastische Ironie. Diese Gattung wurde von vielen Dichtern in Rom gepflegt, darunter Catull und Martial. Das römische Epigramm wies die drei genannten Merkmale auf, und seine Sprache war oft kühn, derb und direkt, bis hin zu persönlichen Beleidigungen.

Martial

Martial wurde im ersten Jahrhundert n. Chr. in eine bescheidene Familie geboren. Er kam zu einer Zeit nach Rom, als die Kaiser ein Terrorregime in der Stadt errichtet hatten. Er hatte wenige Freunde und lebte als Klient auf Kosten anderer, denen er schmeicheln musste. Er war klug und wurde Dichter. Sein erstes Buch war das Liber Spectaculorum. Sein Leben verbesserte sich, doch er wurde zunehmend depressiv und verbittert. Er kehrte mithilfe eines Freundes in seine Heimatstadt zurück, fand aber auch dort kein Glück und blieb bis zu seinem Tod verstimmt. Martials Werk ist ein Spiegel seiner Zeit: Er beschreibt korrupte und zwielichtige Charaktere, oft unter Pseudonymen, zeigte aber auch eine sensible Seite, wenn er die Schwachen verteidigte. Seine weiteren Werke waren Epigrammbücher, die sich durch eine derbe Sprache und einen lebendigen Stil auszeichnen.

Rhetorik und Redekunst in Rom

Die Redekunst (Oratorium) ist in allen Gesellschaften notwendig, da es immer Anlässe gibt, bei denen man ein Publikum ansprechen muss. In der römischen Gesellschaft war die Fähigkeit, bei politischen Versammlungen und vor Gericht zu überzeugen, entscheidend. Die Redekunst war für junge Männer aus gutem Hause, die eine politische Karriere anstrebten, praktisch der einzige Weg zum Erfolg neben dem Militärdienst. Zudem waren Patrizier oft Gönner (Patrone) für verschiedene Klienten und verteidigten ihre Schützlinge vor Gericht. Im alten Rom gab es keine professionellen Anwälte, da für diese Tätigkeit keine Bezahlung vorgesehen war. In der Praxis wurde dieses Gesetz jedoch umgangen, indem man statt einer Vergütung ein „Geschenk“ annahm.

Die frühen Römer glaubten, dass das Wichtigste sei, die Wahrheit zu sagen. Daher sollte ein Redner die Qualitäten von Ernsthaftigkeit (gravitas), Würde (dignitas) und Aufrichtigkeit (bona fides) besitzen. Die Rhetorik, die von den Griechen übernommen wurde, lehrte die Techniken des guten Sprechens. Die Griechen hatten die Kunst des Redenschreibens entwickelt, die verschiedene Schritte umfasste:

  • Inventio: Das Finden der Argumente.
  • Dispositio: Die Gliederung der Rede.
  • Elocutio: Die sprachliche und stilistische Ausgestaltung.

Der Rhetorikunterricht in Schulen begann im 1. Jahrhundert v. Chr. Die Übungen umfassten:

  • Suasoriae: Beratende Reden über fiktive historische Situationen.
  • Controversiae: Reden über fiktive Rechtsfälle.

Cicero

Cicero war plebejischer Herkunft, gehörte aber zur Partei des Senatsadels (Optimaten). Er lebte in einer Zeit der Bürgerkriege und politischen Unruhen. Cicero und Cäsar werden oft als Gegenpole gesehen: Cäsar war ein Patrizier, der die Partei der Popularen anführte, während Cicero, ein „neuer Mann“ (homo novus), die Interessen des Senatsadels verteidigte. Cicero war ein sensibler, hochintelligenter Mensch, ein großer Anwalt und ein produktiver Schriftsteller. Seine Werke umfassen:

  • Politische Reden: In Catilinam (Die Catilinarischen Reden), Philippicae (Die Philippischen Reden)
  • Gerichtsreden: Pro Roscio, Pro Milone
  • Philosophische Schriften: De amicitia (Über die Freundschaft)
  • Staatstheoretische Schriften: De re publica, De legibus

Quintilian

Quintilian war spanischer Herkunft, studierte in Rom und war ein berühmter Anwalt. Er war 20 Jahre lang als offizieller Rhetoriklehrer tätig und genoss hohes Ansehen. Sein Hauptwerk ist die Institutio Oratoria (Ausbildung des Redners). Dieses Werk enthält das gesamte praktische Wissen eines erfahrenen Lehrers, besitzt einen unbestreitbaren pädagogischen Wert und verteidigt die Positionen des Klassizismus.

Das römische Epos

Das Epos ist eine Gattung, die von Unternehmungen, Kriegen oder den Taten von Helden und mythischen Gestalten berichtet. Die meisten Völker haben in ihrer Tradition ein großes Epos, das die Abenteuer eines Nationalhelden erzählt. Dieses ursprüngliche, mündlich überlieferte Epos war eine Ansammlung von Gedichten, die von Rhapsoden gesungen wurden. Irgendwann wurden diese Gesänge jedoch von einem oder mehreren Autoren niedergeschrieben. Die beiden großen griechischen Epen, die Ilias und die Odyssee, werden Homer zugeschrieben. Von diesem Zeitpunkt an war die epische Dichtung kein kollektives Werk mehr, sondern das eines einzelnen Autors. Beibehalten wurden der erhabene und feierliche Ton, formelhafte Wendungen (Epitheta) und der Hexameter als Versmaß.

Vergil

Vergil wurde im 1. Jahrhundert v. Chr. in Norditalien in bescheidenen Verhältnissen geboren. Sein Vater konnte ihm eine gute Ausbildung ermöglichen. Vergil schloss seine Ausbildung in Rom ab, wo er Rhetorik und Philosophie studierte. Er hielt sich aus der Politik heraus. In Rom wurde er jedoch mit Octavian (dem späteren Augustus) und dessen Vertrautem Maecenas bekannt, einem der größten Kunstförderer der Geschichte. Maecenas nahm ihn in seinen Kreis auf und unterstützte ihn. Vergil genoss bereits zu Lebzeiten großen Ruhm. Sein Ansehen wurde durch das Christentum noch gesteigert, da seine vierte Ekloge, die die Geburt eines Kindes und den Beginn eines neuen Zeitalters ankündigte, über viele Jahrhunderte als Prophezeiung der Geburt Christi interpretiert wurde.

Seine Hauptwerke sind:

  • Eclogae (oder Bucolica): Hirtengedichte, inspiriert von den Idyllen des Theokrit.
  • Georgica: Ein Lehrgedicht in Versform über die Landwirtschaft. Es idealisiert das einfache Leben auf dem Land, das von den altrömischen Tugenden geleitet wird.
  • Aeneis: Das Hauptwerk Vergils und das lateinische Epos schlechthin. Es erzählt die Abenteuer des Aeneas vom Fall Trojas bis zu seiner Ankunft und Ansiedlung in Italien.

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