Römische Republik: Verfassung & Konflikte
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Ständekämpfe: Patrizier und Plebejer
In der Römischen Republik herrschte eine ständige Spannung zwischen den Patriziern und den Plebejern. Die Patrizier waren die Nachkommen der Gründer Roms und beanspruchten die politische Macht sowie öffentliche Ämter für sich. Die Plebejer hatten eine andere Herkunft; viele waren Kaufleute und Handwerker, die unter dem Schutz des Königs nach Rom gekommen waren oder später in die Stadt zogen. Die Spannung äußerte sich an drei Fronten:
- Politisch: Kampf um den Zugang zu den Magistraturen, die von den Patriziern besetzt wurden.
- Wirtschaftlich: Forderung nach Beteiligung an der Verteilung von Staatsland (ager publicus).
- Sozial: Streben nach Gleichberechtigung.
Wichtige Etappen in diesem Konflikt waren:
- 450 v. Chr.: Veröffentlichung des Zwölftafelgesetzes, eines einheitlichen Gesetzeskodex für alle Bürger.
- 445 v. Chr.: Die Lex Canuleia hob das Eheverbot zwischen Patriziern und Plebejern auf.
- 367 v. Chr.: Die Leges Liciniae Sextiae ermöglichten, dass einer der beiden Konsuln ein Plebejer sein konnte.
- 326 v. Chr.: Die Lex Poetelia Papiria schaffte die Schuldknechtschaft für römische Bürger weitgehend ab.
- ca. 312 v. Chr.: Die Lex Ovinia regelte die Aufnahme in den Senat und öffnete ihn faktisch auch für Plebejer.
- 300 v. Chr.: Die Lex Ogulnia öffnete den Plebejern den Zugang zu den wichtigen Priesterkollegien der Pontifices und Auguren.
- 286 v. Chr.: Die Lex Hortensia bestimmte, dass Beschlüsse der Plebs (plebiscita) Gesetzeskraft für das gesamte Volk hatten.
Die Magistrate der Republik
Die Magistrate waren die gewählten Amtsträger der Republik. Mit Ausnahme des Diktators, der in Notzeiten ernannt wurde, wurden sie von den Volksversammlungen gewählt. Voraussetzungen für ein Amt waren in der Regel zehn Jahre Militärdienst und der Status eines freien, unbescholtenen Bürgers (ingenuus).
Magistrate wurden nach verschiedenen Kriterien klassifiziert:
- Herkunft: Patrizier oder Plebejer (obwohl diese Unterscheidung mit der Zeit an Bedeutung verlor).
- Amtsdauer: Ordentliche Magistrate (mit regulärer Amtszeit, meist ein Jahr) und außerordentliche Magistrate (für besondere Umstände, z.B. Diktator).
- Wählende Versammlung: Höhere Magistrate (Konsuln, Prätoren, Zensoren) wurden von den Zenturiatskomitien gewählt, niedere Magistrate (z.B. Quästoren, Ädilen) von den Tributkomitien.
Man unterschied Magistrate mit Imperium (umfassende Befehlsgewalt, einschließlich militärischem Kommando, Recht zur Zwangsausübung – coercitio, Ediktsrecht – ius edicendi, und Recht zur Einberufung von Volk und Senat – ius agendi cum populo/patribus) und Magistrate ohne Imperium.
Merkmale der römischen Magistrate
- Kollegialität: In der Regel bekleideten mindestens zwei Personen dasselbe Amt. Jeder Kollege besaß die volle Amtsgewalt und konnte gegen Maßnahmen des anderen sein Veto (intercessio) einlegen.
- Annuität: Die Amtszeit war meist auf ein Jahr begrenzt (Ausnahmen: Zensor, Diktator).
- Elektivität: Die Magistrate wurden vom Volk gewählt.
- Cursus honorum: Es gab eine festgelegte Ämterlaufbahn, eine hierarchische Abfolge der Ämter.
- Gratuität: Die Ämter waren Ehrenämter und unbesoldet, brachten aber großes Ansehen (dignitas) und Einfluss.
- Verantwortlichkeit: Während ihrer Amtszeit waren Magistrate weitgehend vor Strafverfolgung geschützt, konnten aber nach Amtsende zur Rechenschaft gezogen werden.
Das Konsulat
Das Konsulat war das höchste ordentliche Amt. Die beiden Konsuln wurden jährlich von den Zenturiatskomitien gewählt. Als Magistrate mit Imperium besaßen sie die höchste zivile und militärische Gewalt, die jedoch durch das Vetorecht des Amtskollegen und die Provokation (Berufung an das Volk) beschränkt war.
Der Diktator
Der Diktator war ein außerordentlicher Magistrat, der in Krisenzeiten auf Vorschlag des Senats von einem Konsul ernannt wurde. Seine Amtszeit war auf maximal sechs Monate begrenzt. Er besaß die höchste Befehlsgewalt und war nicht an das Veto der Volkstribunen gebunden.
Der Zensor
Die Zensoren (zwei an der Zahl) wurden alle fünf Jahre für eine Amtszeit von 18 Monaten gewählt. Ihre Hauptaufgaben waren die Durchführung des Zensus (Schätzung der Bürger und ihres Vermögens, Einteilung in Klassen), die Überprüfung der Senatslisten (lectio senatus) und die Sittenaufsicht (regimen morum). Sie besaßen kein Imperium, aber hohes Ansehen (auctoritas).
Die Prätur
Die Prätoren waren hohe Magistrate mit Imperium, primär zuständig für die Rechtsprechung (iurisdictio). Der Praetor Urbanus war für Rechtsstreitigkeiten zwischen römischen Bürgern zuständig (Anwendung des Ius Civile), der Praetor Peregrinus für solche unter Beteiligung von Nichtbürgern/Fremden (Anwendung des Ius Gentium).
Die Ädilität
Die Ädilen (Aediles) waren ordentliche Magistrate. Es gab plebejische und kurulische Ädilen. Ihre Aufgaben umfassten die Polizeiaufsicht (cura urbis), die Marktpolizei und Getreideversorgung (cura annonae) sowie die Ausrichtung öffentlicher Spiele (cura ludorum).
Die Quästur
Die Quästoren (Quaestores) waren niedere ordentliche Magistrate ohne Imperium. Sie waren für die Verwaltung der Staatskasse (aerarium) und die Finanzen zuständig.
Die Volkstribunen
Die Volkstribunen (Tribuni Plebis) waren ordentliche Magistrate plebejischer Herkunft, gewählt vom Concilium Plebis. Sie besaßen kein Imperium, aber das wichtige Recht der Interzession (ius intercessionis), d.h. ein Veto gegen Maßnahmen aller anderen Magistrate (einschließlich der Konsuln) zum Schutz der Plebs. Sie waren sakrosankt (unverletzlich).
Der Senat
Der Senat war das wichtigste Beratungsgremium und de facto das politische Machtzentrum der Römischen Republik.
Zusammensetzung und Arbeitsweise
Der Senat setzte sich aus etwa 300 (später mehr) Mitgliedern zusammen, meist ehemalige hohe Magistrate. Die Mitgliedschaft war in der Regel lebenslang, unterlag aber der Überprüfung durch die Zensoren (lectio senatus). Ursprünglich nur Patriziern vorbehalten (patres), wurden später auch Plebejer aufgenommen (conscripti). Der Senat wurde von einem Magistrat mit Imperium einberufen und tagte meist in der Curia Hostilia. Der einberufende Magistrat trug sein Anliegen vor (relatio), woraufhin die Senatoren ihre Meinung (sententia) äußerten. Beschlüsse wurden als Senatskonsulte (senatus consulta) gefasst, die formal Ratschläge waren, aber hohe Autorität besaßen.
Befugnisse des Senats
- Interregnum: Bei Vakanz des Konsulats übernahmen Senatoren die Staatsführung.
- Auctoritas Patrum: Ursprünglich die Bestätigung von Gesetzesbeschlüssen, später Ausdruck der allgemeinen politischen Autorität.
- Finanzen: Kontrolle über die Staatsfinanzen und das Staatsland (ager publicus).
- Außenpolitik: Empfang von Gesandtschaften, Kriegserklärungen, Friedensverträge.
- Provinzverwaltung: Zuweisung und Kontrolle der Provinzen.
- Religionsangelegenheiten: Zulassung neuer Kulte.
- Senatus Consultum Ultimum: In Notzeiten konnte der Senat die Konsuln mit außerordentlichen Vollmachten ausstatten.
Die Volksversammlungen (Comitia)
Die Volksversammlungen waren die gesetzgebenden und wählenden Organe der römischen Bürgerschaft.
1. Comitia Curiata (Kurienkomitien)
Die älteste Form der Volksversammlung, basierend auf 30 Kurien. In der Republik hatte sie vor allem formale Aufgaben, wie die Verleihung des Imperiums an gewählte Magistrate durch die Lex Curiata de Imperio, sowie Zuständigkeiten im Familien- und Sakralrecht.
2. Comitia Centuriata (Zenturiatskomitien)
Die wichtigste Volksversammlung, basierend auf einer militärisch geprägten Einteilung der Bürger in 193 Zenturien nach Vermögensklassen. Die reicheren Klassen verfügten über mehr Zenturien und stimmten zuerst ab, was ihnen ein Übergewicht sicherte.
Befugnisse der Comitia Centuriata:
- Wahl der höheren Magistrate (Konsuln, Prätoren, Zensoren).
- Gesetzgebung (Annahme oder Ablehnung von Gesetzesanträgen – rogationes).
- Gerichtsbarkeit in Kapitalverbrechen und Entscheidung über die provocatio ad populum (Berufung an das Volk gegen ein Todesurteil oder eine schwere Strafe).
Die Einberufung erfolgte durch einen Magistrat mit Imperium außerhalb des Pomeriums (heilige Stadtgrenze).
3. Comitia Tributa (Tributkomitien)
Diese Versammlung basierte auf der Einteilung der Bürger nach Wohnbezirken (tribus – 4 städtische, 31 ländliche). Jede Tribus hatte eine Stimme, was sie als demokratischer erscheinen ließ als die Zenturiatskomitien. Sie wurde von Konsuln, Prätoren oder kurulischen Ädilen einberufen.
Befugnisse der Comitia Tributa:
- Wahl der niederen Magistrate (Quästoren, kurulische Ädilen, Militärtribunen).
- Gesetzgebung (oft für weniger grundlegende Gesetze).
- Bestimmte richterliche Funktionen, z.B. bei Verurteilungen zu Geldstrafen.
4. Concilium Plebis (Versammlung der Plebs)
Dies war die Versammlung ausschließlich der Plebejer, ebenfalls nach Tribus organisiert. Sie wurde von den Volkstribunen einberufen und geleitet.
Befugnisse des Concilium Plebis:
- Wahl der Volkstribunen und der plebejischen Ädilen.
- Verabschiedung von Plebisziten (plebiscita), die nach der Lex Hortensia (286 v. Chr.) Gesetzeskraft für das gesamte römische Volk erlangten.