Rousseaus Theismus: Ein Mittelweg zwischen Fanatismus und Deismus
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Rousseaus Theismus
Ein Mittelweg zwischen Fanatismus und Deismus
Rousseau positioniert sich im Bereich der natürlichen Religion, einer theistischen Variante, die im "Glaubensbekenntnis des savoyischen Vikars" deutlich wird, jedoch mit einer persönlichen Note. Der Kampf gegen Fehler, Ignoranz, Vorurteile, Täuschung und Illusion steht im Mittelpunkt. Rousseau konfrontiert einerseits die aktuellen Atheisten und Materialisten der Aufklärung und andererseits die fanatische Orthodoxie. In seinen Briefen aus dem Gebirge verdeutlicht er seine Haltung:
Weit davon entfernt, die wahren Prinzipien der Religion anzugreifen, verteidigt der Autor sie mit aller Kraft. Er bekämpft blinden Fanatismus, Aberglauben, Grausamkeit und Dummheit.
Rousseaus Gott ist nicht der ferne Gott des Deismus, zu dem kein Kontakt möglich ist. Er ist ein Schöpfergott, der durch das Herz erreichbar ist, ohne die Vermittlung von Kirchen. Rousseaus natürliche Religion ist mehr als eine künstliche Konstruktion – sie ist intim und erfahrungsorientiert. Im Savoyischen Vikar heißt es:
Ich gestehe ..., dass die Heiligkeit des Evangeliums zu meinem Herzen spricht. Schaut euch die Bücher der Philosophen mit all ihrer Pracht an. Was sind sie daneben! Klein.
Rousseau kritisiert sowohl die aufgeklärte als auch die traditionelle Orthodoxie und geht seinen eigenen Weg. Sein Theismus besetzt einen Zwischenraum zwischen Fanatismus und Deismus. Er kritisiert den Fanatismus für seine kritiklose Haltung gegenüber Dogmen, die der Vernunft widersprechen. Den deistischen Philosophen wirft er vor, Gott als Ergebnis eines intellektuellen Prozesses zu sehen, der nur dessen Existenz, nicht aber seine Eigenschaften beweisen kann.
Für Rousseau ist Gott nicht das Ergebnis von Überlegungen, sondern Objekt des Gefühls. Gott wird erfahren, nicht gedacht. Er hat mit unserer moralischen Existenz zu tun, nicht mit Physik oder Geometrie. Das Gotteskonzept hat praktische und axiologische Bedeutung. Gott leitet unser Verhalten, verbindet Vernunft und Gefühl. Theisten sehen Gott als Grundlage für richtiges Handeln.
Rousseau sieht im Deismus einen übermäßigen Intellektualismus, der die moralischen Probleme des Lebens nicht lösen kann. Der Fanatismus hingegen verlässt sich ausschließlich auf das Gefühl, den Glauben, ohne die rationale Komponente. Der Theismus berücksichtigt Vernunft und Gefühl, um das Problem von Gott und Moral zu lösen. So kann rational auf das reagiert werden, was wirklich wichtig ist: die moralischen und existenziellen Fragen.
Rousseaus Theismus bietet praktische und moralische Führung. Die Philosophie soll nicht nur die Gesetze des Universums erforschen, sondern auch existenzielle Fragen beantworten, wie der savoyische Vikar dem jungen Mann in seinen Problemen rät. Rousseaus Theismus will Antworten auf Fragen wie: Soll ich meinen Leidenschaften nachgeben? Ist Tugend besser als Laster? Ist Großzügigkeit ein Fehler?