Der Schreibprozess: Modelle und kognitive Phasen

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Modelle der schriftlichen Komposition

Um den Prozess des Schreibens zu verstehen, wurden verschiedene Modelle entwickelt. Cassany erläutert unterschiedliche Ansätze zur Komposition von Texten (schriftlicher Ausdruck, EE): von linearen Modellen, die drei Phasen unterscheiden – Vor dem Schreiben (Prewriting), Schreiben und Überarbeiten (Rewriting) – bis hin zu komplexeren Modellen mit parallelen Phasen.

Das kognitive Prozessmodell von Flower & Hayes

Das am weitesten verbreitete theoretische Modell, das auch allgemeine Anwendung findet, ist das von Flower und Hayes (1980 und 1981). Sobald die Entscheidung getroffen wird, einen Text zu verfassen, werden kognitive Kompositionsprozesse aktiviert und beginnen zu arbeiten.

Die Rolle des Langzeitgedächtnisses (LZG)

Das Langzeitgedächtnis (LZG) liefert vielfältige Informationen, um einen für die jeweilige Situation passenden Text zu erstellen. Bereits bei der Entscheidung, einen Text zu schreiben, wird auf das LZG zurückgegriffen. Es erinnert uns daran, welche Art von Text für die gegebene Situation und die Zielgruppe am besten geeignet ist. Weitere Daten aus dem LZG betreffen die Textform, den effizientesten Weg zur Texterstellung usw.

Komponenten des Schreibakts nach Flower & Hayes

Der Schreibakt selbst besteht aus drei grundlegenden Prozessen sowie einem Kontrollmechanismus, dem sogenannten Monitor:

  • Planen
  • Schreiben (Formulieren/Umsetzen)
  • Überprüfen
Der Planungsprozess

Während des Planungsprozesses wird eine mentale Repräsentation dessen erstellt, was geschrieben werden soll und wie dabei vorgegangen wird. Dieser Prozess umfasst drei Teilprozesse:

  • Generieren: Dieser Schritt öffnet den Zugang zu Informationen im Gedächtnis. Ideen werden gesammelt.
  • Organisieren: Hier werden die abgerufenen Daten aus dem Speicher klassifiziert und strukturiert.
  • Ziele setzen: In diesem Schritt wird der Zweck der Komposition festgelegt. Es entsteht ein Entwurf mit all seinen Eigenschaften und einer Arbeitsmethode.

All diese Teilprozesse können rein mental oder mit schriftlicher Unterstützung (z.B. Notizen, Mindmaps) ablaufen. Generierte Ideen können beispielsweise in einer Stichpunktliste oder durch Brainstorming festgehalten werden. Die Organisation kann als Textgliederung visualisiert und die Ziele können explizit formuliert und skizziert werden.

Der Schreibprozess (Formulieren/Umsetzen)

Der eigentliche Schreibprozess (auch Formulieren oder Umsetzen genannt) ist dafür verantwortlich, den zuvor erstellten Entwurf – der bis dahin oft nur ein semantisches Muster darstellt – in einen linearen und verständlichen verbalen Diskurs zu überführen. Dabei müssen die Regeln der Sprache, die spezifischen Eigenschaften des Textes und soziokulturelle Konventionen beachtet werden. Dies ist ein sehr komplexer Vorgang, der verschiedene Anforderungen gleichzeitig erfüllen muss. Autoren neigen dazu, während des Schreibens bereits Textabschnitte zu korrigieren, zu überprüfen und teilweise umzuformulieren, sodass die drei Hauptprozesse (Planen, Schreiben, Überprüfen) ständig miteinander interagieren.

Der Überprüfungsprozess

Im Zuge der Überprüfung vergleicht der Autor den erstellten Text mit den zuvor gesetzten Zielen und optimiert ihn, um ihn zu verbessern. Dieser Prozess beinhaltet typischerweise:

  • Lesen: Der Text wird sorgfältig durchgelesen.
  • Redigieren/Überarbeiten: Notwendige Änderungen werden vorgenommen, um Fehler zu korrigieren, die Klarheit zu verbessern oder den Inhalt anzupassen.
Der Kontrollmechanismus (Monitor)

Der Monitor fungiert als eine Art übergeordnete Steuereinheit. Er überwacht und reguliert den Ablauf sowie die Interaktion der verschiedenen Prozesse (Planen, Schreiben, Überprüfen) während der gesamten Schreibaktivität.

Nicht-lineare Natur des Schreibprozesses

Es gibt keine starre, lineare und für alle gültige Systematik beim Schreiben. Vielmehr agiert jede Person abhängig von ihrer Persönlichkeit, ihrem Schreibstil und der spezifischen Schreibaufgabe unterschiedlich. Die Qualität des finalen Textes hängt maßgeblich davon ab, ob die einzelnen Prozessphasen ausreichend und vollständig durchlaufen wurden, und weniger von einer strikt eingehaltenen Reihenfolge. Diese Schreibprozesse und -fähigkeiten entwickeln sich zudem mit zunehmendem Alter und Schreiberfahrung.

Mikrofähigkeiten (Microskills) im Schreibprozess

Spezifische Lernziele im Schreibunterricht beziehen sich oft auf die Entwicklung sogenannter Mikrofähigkeiten (Microskills). Diese stellen eine Aufschlüsselung des komplexen Textproduktionsprozesses in kleinere, handhabbare Teilkompetenzen dar – im Grunde alles, was ein kompetenter Schreiber idealerweise beherrschen sollte. Mikrofähigkeiten umfassen daher eine Vielzahl von Techniken und Strategien der Texterstellung, die von verschiedenen Autoren im Bereich der Schreibdidaktik vorgeschlagen und beschrieben wurden.

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