Schumpeter: Innovation, Entwicklung & Kapitalismus
Eingeordnet in Sozialwissenschaften
Geschrieben am in Deutsch mit einer Größe von 6,6 KB
Joseph Alois Schumpeter (1883-1950)
Joseph Alois Schumpeter (1883–1950) wurde in Österreich geboren und war einer der renommiertesten Ökonomen des 20. Jahrhunderts. Er verband seine Lehrtätigkeit mit seiner Arbeit als Rechtsanwalt und Bankier und trug politische Verantwortung als Finanzminister.
Wichtige Werke
Seine wichtigsten Werke sind Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung und Konjunkturzyklen.
Kernaussagen zum Kapitalismus
Schumpeter erkannte, ähnlich wie Marx, dass die wirtschaftliche Realität nur ein Teil der gesamten Wirklichkeit ist. In Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie trug er zum Verständnis wirtschaftlicher Phänomene bei und gelangte, insbesondere auf soziologischer Ebene, zu der Schlussfolgerung: „Der Erfolg des Kapitalismus führe dazu, dass dieser selbst größere Schwierigkeiten erleide.“ Dieses Phänomen können wir heute im Zuge der Globalisierung beobachten. Rezessions- und Erholungsphasen sind Anpassungsprozesse, während Expansions- und Depressionsphasen Abweichungen vom Gleichgewicht infolge von Innovation oder Spekulation darstellen.
Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung
Hinsichtlich der Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung stellte er fest, dass der Begriff Entwicklung sich auf jene Veränderungen des Wirtschaftslebens bezieht, die nicht von außen auferlegt werden, sondern aus eigener Initiative entstehen. Das Wirtschaftswachstum, das das Bevölkerungswachstum und den Wohlstandszuwachs begleitet, ist kein Entwicklungsproblem, sondern ein Anpassungsprozess, der keine qualitativen Veränderungen erzeugt. Für Schumpeter ist Innovation die produktive Nutzung einer Erfindung.
Arten von Innovationen
Es gibt fünf Arten von Innovationen:
- Einführung neuer Güter
- Einführung neuer Produktionsmethoden
- Erschließung neuer Märkte
- Erschließung neuer Rohstoffquellen
- Durchführung einer Neuorganisation (z.B. Schaffung oder Brechung einer Monopolstellung)
Herausforderungen für Unternehmer
Um innovativ zu sein, muss der Unternehmer folgende Schwierigkeiten überwinden:
- Unsicherheit bezüglich des Erfolgs
- Instinktive Ablehnung von Neuheiten durch das Umfeld
- Widerstände, die es zu überwinden gilt, um die Innovation durchzusetzen
Ziel der Innovation ist die Einführung von Neuheiten und die Erzielung von Unternehmergewinn.
Phasen der kapitalistischen Entwicklung
Schumpeter unterscheidet folgende Phasen der kapitalistischen Entwicklung:
- Wettbewerbskapitalismus: Gekennzeichnet durch kleine und mittlere Unternehmen sowie einen breiteren Markt.
- Monopolkapitalismus (Trustified Capitalism): Gekennzeichnet durch Großunternehmen, die den Innovationsprozess mit ihren Ressourcen vorantreiben können.
Wettbewerb und Monopol
Schumpeter verstand, dass innovative Tätigkeit tendenziell zu „Quasi-Monopol“-Positionen führt und dies einen wichtigen Anreiz zur Innovation darstellt. In seinem Buch Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie weicht der Autor von Thesen ab, die er in Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung vertrat, und argumentiert nun, dass die Existenz von Monopolen Wettbewerb nicht ausschließe. Der Wettbewerb konzentriert sich auf die Einführung von Innovationen. In vielen Fällen ähnelt dieses Verhalten dem Idealbild des vollkommenen Wettbewerbs.
Der Prozess der wirtschaftlichen Entwicklung
Der Prozess der wirtschaftlichen Entwicklung basiert auf der Tätigkeit von Unternehmern. Dieser Prozess verläuft nicht einheitlich, sondern zyklisch.
Phasen des Entwicklungszyklus
Der wirtschaftliche Entwicklungsprozess hat zwei Hauptphasen:
- Boomphase: Ausgelöst durch erste Innovationen, führt sie zu einer verstärkten Nachfrage nach Produktionsfaktoren und steigenden Preisen. Um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden, versucht die Wirtschaft, die Produktion zu erhöhen. Das entstehende Vertrauen in die Wirtschaft erleichtert die Kreditvergabe durch die Banken. Die allgemeine Euphorie wird durch Spekulationen verstärkt und mündet tendenziell in eine Phase beschleunigter Expansion.
- Rezessionsphase: Nach einer Weile werden der Innovationsprozess und der spekulative „Boom“ von der Wirtschaft absorbiert. Das Angebot übersteigt die Kaufkraft, mit dem Ergebnis, dass Unternehmen Produkte ohne Absatzchancen auf den Markt bringen. In dieser Phase können frühe Innovatoren ihre Schulden zurückzahlen, während bei sinkenden Preisen die Gewinne schrumpfen. Dieser Prozess führt zu Insolvenzen von Unternehmen, die innovative Verfahren erst später einführten oder nicht innovativ waren.
Arten von Konjunkturzyklen
Schumpeter unterschied zudem drei Arten von Zyklen:
- Kondratjew-Zyklen (lange Wellen): Dauer zwischen 54 und 60 Jahren.
- Juglar-Zyklen: Dauer zwischen 9 und 10 Jahren.
- Kitchin-Zyklen: Dauer etwa 40 Monate.
Die Zukunft des Kapitalismus
Schumpeter prognostizierte, der Kapitalismus sei zum Scheitern verurteilt, da er regelmäßige Krisen hervorrufe und tiefgreifende soziale Veränderungen bewirke. Im Gegensatz zu Karl Marx behauptete er, die Gründe für die Krise seien nicht wirtschaftlicher, sondern soziologischer Natur.
Gründe für das Scheitern des Kapitalismus
Der Niedergang des Kapitalismus erfolge aus folgenden Gründen:
- Veralterung der unternehmerischen Funktion: Der kapitalistische Fortschritt bewirkt, dass innovative Tätigkeit zunehmend routinebasiert und weniger unsicher wird.
- Zerstörung der schützenden Gesellschaftsschichten: Die Funktion des Unternehmers und der Bourgeoisie als tragende Schichten schwindet. Das System des Privateigentums und die Vertragsfreiheit geraten zunehmend unter Kritik.
- Zerstörung des institutionellen Rahmens: Der Kapitalismus selbst schafft eine ihm feindliche gesellschaftliche Atmosphäre und politische Rahmenbedingungen, die sein Funktionieren behindern.
Diese Faktoren machten den Zusammenbruch des Kapitalismus und die Entstehung eines anderen Systems, in dem die Kontrolle über die Produktionsmittel bei einer zentralen Behörde liegen werde, unvermeidlich.
Schumpeters sozialistische Ordnung
Die von Schumpeter skizzierte sozialistische Ordnung unterscheidet sich dabei von den Vorstellungen anderer Autoren.