Die sokratische Methode: Mäeutik und die Kunst der Wahrheitssuche
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Sokrates pflegte zu sagen, er habe die Kunst der Geburtshilfe von seiner Mutter geerbt. Dieses Amt übte er aus, indem er Menschen half, Wissen zu "gebären". Dies beinhaltet sowohl eine Art des Verständnisses von Wissen als auch die Rolle der Bildung und die Art und Weise, wie man zur Wahrheit der Dinge gelangt.
Wissen ist nicht lehrbar, wenn Lehren bedeutet, anderen Modelle oder Standards aufzuzwingen. Die Wahrheit muss jeder in sich selbst entdecken. Von außen kann man nur helfen, dass jemand anderes die Wahrheit in sich selbst entdeckt, die er bereits besitzt.
Dies ist es, was die Rolle der "Hebamme" bedeutet: Mäeutik.
Die zwei Phasen der Mäeutik
Die Mäeutik als sokratische Methode besteht aus zwei Phasen:
- Negative und zerstörerische Phase: Nach Sokrates ist Unwissenheit das schlimmste Übel, das ein Mensch erleiden kann, und deshalb sollte man sie ablegen wollen. Dies kann jedoch nur erreicht werden, wenn man sich seiner eigenen Unwissenheit bewusst ist. Hier setzt die erste Phase der Methode an: Die Beteiligten werden in die Lage versetzt, ihre Unwissenheit zuzugeben und so dazu gebracht, das Unbekannte zu verlassen und das anzunehmen, was angeboten wird.
- Konstruktive und positive Phase: Die Hebamme bringt nicht selbst ein Kind zur Welt, aber sie hilft bei der Geburt. Ebenso hat Sokrates keine Wissenschaft selbst geschaffen, die er seinen Schülern geben könnte. Vielmehr hilft er den Schülern, die Wahrheit, die sie bereits in sich tragen, zu entdecken und ihr eigenes inneres Bewusstsein zu klären.
Sokrates' Kunst der Befragung
In den platonischen Dialogen bringt Sokrates seine Gesprächspartner oft in Schwierigkeiten, insbesondere diejenigen, die sich ihrer Sache sicherer waren, als sie es tatsächlich waren. Durch geschickte Fragen versucht er, sie davon zu überzeugen, dass ihre Ansichten und Aussagen, wenn sie genau geprüft werden, tatsächlich in eine Sackgasse führen und zu Widersprüchen.
Dies ist die Kehrseite der Methode, die Sokrates als Eristik bezeichnet. Hier zeigt sich Sokrates' feine Ironie, die seine Gesprächspartner oft verärgert.
Die Parallele zur Hebammenkunst
Sokrates glaubt, dass seine Lehre die Mäeutik ist (was im Griechischen "Geburtshilfe" bedeutet), ähnlich dem Beruf seiner eigenen Mutter, einer Hebamme.
"Meine Kunst hat die gleichen Eigenschaften wie die der Hebammen, aber der Unterschied liegt darin, dass sie Frauen und Männern hilft und die Seelen derer prüft, die gebären, aber nicht ihre Körper. Das Größte an meiner Kunst ist jedoch die Fähigkeit, mit allen Mitteln zu prüfen, ob der von ihnen hervorgebrachte Gedanke jungfräulich, falsch oder wahr und fruchtbar ist."
- Platon: Theaitetos, 150 b