Das Sozialpädagogische Interview: Technik, Phasen und therapeutischer Nutzen

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Das Sozialpädagogische Interview: Grundlagen und Praxis

Rolle und Aufgaben der Fachkraft

Datenerhebung und Hypothesenbildung

Informationen erleichtern das Interview; die Fachkraft übernimmt die Auswahl und Synthese. Die Auswahl und Umsetzung der Daten führt zur Formulierung von Annahmen oder Hypothesen. Hypothesen sind Erklärungen oder Interpretationen der beobachteten Tatsachen, die später bestätigt oder verworfen werden.

Die Fachkraft stellt viele Hypothesen auf, die im Laufe des Prozesses überprüft oder verworfen werden, um ein klareres Bild der Situation zu erhalten.

Der Hypothesenansatz versucht, die Achse zu finden, auf der die Herausforderungen strukturiert sind. Hypothesen sind die Basis kollektiver Theorien und dienen als Grundlage für das Verständnis individueller Funktionsweisen. Sie basieren auf Erfahrungen, Faktenwissen (das auf Wiederholung beruht) und der Sammlung von Daten oder Beobachtungen.

Zielsetzung der Intervention

Die Aktion, die der Sozialpädagoge durch das Interview definiert, besteht zunächst darin, den Nutzer in den Prozess einzubeziehen und ihm zu helfen. Dabei ist es notwendig, die Themen anzusprechen, die den Nutzer am meisten beschäftigen, interessieren und die höchste Priorität haben.

Wichtige Kompetenzen im Interview

  • Es muss gelernt werden, die Befugnisse zu differenzieren, die der Fachkraft im Rahmen einer Dienstleistung zustehen, um unnötige oder verfrühte Ableitungen für den Nutzer zu vermeiden.
  • Die Fachkraft sollte in ihrer Kommunikation klar ihre Ansichten über die Bedeutung der Intervention und die Kooperation des Befragten verbalisieren, um dessen Selbstwirksamkeit zu stärken und eine positive Haltung bei der Unterstützung des Nutzers zu fördern, was dessen eigenen Fortschritt begünstigt.
  • Das Verständnis und die Eindämmung der eigenen Gefühle durch die Fachkraft sind sehr wichtig, ebenso wie das Wissen um die eigene Handlungsweise (*Know-how*).

Therapeutischer Mehrwert

Als abschließende Reflexion über das Gespräch in der Sozialen Arbeit: Es bietet einen therapeutischen Mehrwert, indem dem Nutzer die Möglichkeit gegeben wird, einen geistigen Raum einzunehmen, in dem er die Entwicklung der eigenen Emotionen und Gefühle reflektieren kann, um befriedigende Antworten für sich selbst und andere zu finden.

Vorteile und Nachteile des Interviews

Vorteile der Interviewmethode

  • Der Interviewer hat mehr Flexibilität bei der Durchführung der richtigen Fragen an den Antragsgegner.
  • Der Interviewer kann Bereiche ausnutzen, die spontan während des Interviews entstehen.
  • Es können Informationen über Bereiche produziert werden, die minimiert wurden oder von denen niemand dachte, sie seien wichtig.

Nachteile der Interviewmethode

  • Die Zeit kann negativ genutzt werden, sowohl für den Befragten als auch für den Interviewer.
  • Der Interviewer kann die Ergebnisse durch Verzerrungen in den Fragen oder der Berichterstattung beeinflussen.
  • Es können Informationen gesammelt werden, deren Analyse und Interpretation der Ergebnisse langwierig werden kann.
  • Es wird zusätzliche Zeit benötigt, um die wesentlichen Fakten zu sammeln.

Veränderung und sozio-edukative Intervention

Nutzer, die soziale Dienste aufsuchen, haben oft schwerwiegende Verhaltensweisen, die zu großem Leiden führen. Der Sozialpädagoge kann in den ersten Kontakten nicht erwarten, dass der Nutzer sofort seinen Lebenszyklus ändert. Vielmehr sollte in der etablierten Beziehung versucht werden, einen geistigen Raum zu öffnen.

Jeder Mensch besitzt gute Fähigkeiten und innere Bilder, die nicht neu geschaffen, sondern aktiviert und gestärkt werden müssen – dies ist das Ziel einer guten sozio-edukativen Intervention.

Zitate zur Sozialen Arbeit

„Lachen heilt, Soziale Arbeit ist billiger und effektiver in der Welt.“ (Robert Musil)

„Der beste Service, den wir den Betroffenen machen können, ist nicht, die Last zu nehmen, sondern die notwendige Energie zu vermitteln, um sie zu bewältigen.“ (Phillips Brooks)

Das Interview als Technik in der Sozialen Arbeit

Zweck und Zielsetzung

Der Zweck des Interviews durch den Sozialpädagogen besteht darin, durch mündlichen Bericht und Beobachtung der nonverbalen Kommunikation ein Höchstmaß an Informationen über den Nutzer, die Situation sowie den sozialen und physischen Kontext zu sammeln. Das letztendliche Ziel ist die Beratung oder Führung und die Ableitung oder Entwicklung eines Aktionsplans zur Abhilfe.

Kommunikationsmerkmale und Beziehungsstruktur

Eines der wichtigsten Merkmale ist, dass die Kommunikation oder Interaktion ein wechselseitiger Prozess ist, der aber auch eine motivierende, unterstützende und beratende Funktion hat.

Es gibt Merkmale, die das Interview von anderen Kommunikationsarten unterscheiden:

  • Die Existenz eines Objekts oder Themas.
  • Eine direkte Beziehung.
  • Der Einsatz verbaler und nonverbaler Kommunikation.
  • Das Verhältnis spezifischer Aufgaben, was zu einem asymmetrischen Beziehungscharakter führt.

Die Komponenten des Interviews

Der Befragte ist die Person oder sind die Personen, die soziale Dienste aufsuchen. Hierbei werden drei Aspekte hervorgehoben: Erwartungen, Nachfrage und Bedarf sowie der relationale Vorschlag.

Die andere Komponente ist der Sozialpädagoge. Die beste Intervention in diesem Kontext mobilisiert die maximale Kapazität des Klienten und seines Umfelds.

Zentrale psychische Konzepte im Interview

Das Interview ist eine Technik der Sozialwissenschaften. Wir beziehen uns hier auf eine Interviewart, die darauf abzielt, das soziale Bewusstsein des Nutzers zu fördern, um weitere Interventionen zu ermöglichen.

Wir definieren offen Konzepte, um im Interview so viele Informationen wie möglich zu identifizieren und zu interpretieren:

Fantasie und innere Welt

Die Fantasie oder die innere Welt bezeichnet den Inhalt unbewusster psychischer Prozesse. Die Anerkennung dieser Realität ermöglicht uns die Intervention.

Angst und psychische Reaktionen

Ein weiteres Konzept ist die Angst (oder Verfolgungsangst), definiert als ein Prozess, bei dem der Befragte Situationen projiziert, idealisiert oder direkt leugnet. Im Interview können Schuldgefühle, Depression und Melancholie auftreten.

Übertragung und Gegenübertragung

Ein weiterer Aspekt ist die Übertragung oder Gegenübertragung, bei der der Nutzer vergangene und gegenwärtige Gefühle erlebt und Reaktionen des Interviewers durch die Gefühle des Befragten ausgelöst werden.

Übertragung des Anstoßes (Impetus)

Schließlich die Übertragung des Anstoßes (Impetus), definiert als die betroffene Fähigkeit, Angst wahrzunehmen, aufzunehmen und in positive Energie umzuwandeln.

Struktur und Phasen des Interviews

Das Interview ist so strukturiert, dass der Nutzer von der Fachkraft begleitet wird. Es durchläuft folgende Phasen:

  1. Vertrauensbildung und Explorationsphase

    Zuerst muss ein Klima des Vertrauens geschaffen werden. Dann folgt die Explorationsphase, in der der Grund für die Beratung oder Dienstleistung (Spitzenbedarf oder Problematik) in der Form und den eigenen Bedingungen des Nutzers erfasst wird. Die Fachkraft muss erkennen können, ob Fortschritte in der Studie angemessen sind oder nicht, und sollte diesen Prozess nicht unnötig verlängern.

  2. Austausch und Bewertung (Rating)

    In dieser kontinuierlichen Phase des Austauschs oder der Bewertung wird eine Konkretisierung, ein Verständnis und eine Definition der Situation erreicht. Dies stellt eine Anfangsphase der Intervention dar.

  3. Überwachung (Monitoring)

    Hierbei handelt es sich um nachfolgende Interviews, in denen die Fachkraft Veränderungen und Fortschritte leitet und bewertet.

  4. Abschlussphase

    Dies ist die letzte Stufe, in der sich die Fachkraft vom Befragten verabschiedet, dem sie jederzeit ansprechbar bleiben muss.

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